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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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die Narbe auf der Brust ist auch fast schon verschwunden.«
    »Also, ich kann bei Dmitrij keinen Defekt feststellen«, sagte Io und steckte das Gerät in die Tasche. »Er ist vollkommen gesund und kann problemlos den Gürtel umschnallen.«
    Wolgin sah Lucius fragend an - er hatte los letzte Worte nicht verstanden. Er hatte schon gesehen, dass alle Menschen der Neuen Ära sehr breite Gürtel trugen, hielt sie aber nur für einen Teil der Kleidung. Seine eigenen Anzüge hatten auch Gürtel, die unbedingt dazu gehören zu schienen. Und jetzt sagte Io plötzlich, dass er »den Gürtel umschnallen« konnte. Wie sollte er das verstehen, wenn er doch schon längst einen trug?
    »Der Gürtel, den du trägst«, sagte Lucius, »ist aus einfachem Stoff, während die, die wir tragen, aus besonderem Gewebe hergestellt sind.«
    »Wie meinst du das?«
    »Hast du schon mal etwas von Antigravitation gehört?«
    »Etwas habe ich gehört, ist aber sehr lange her. Ungefähr neunzehnhundert Jahre«, lachte Wolgin.
    »Die Antigravitation«, sagte Lucius, »ist eigentlich dasselbe wie die negative Schwerkraft. Die heutige Technik benutzt dieses Prinzip überall — zum Beispiel bei den Arefs. Die Wissenschaft, die sich mit der Schwerkraft beschäftigt, nennt sich die Gravitologie - und sie ist nicht nur für die Technik nützlich, sondern auch für die Medizin. Du weißt bestimmt, dass ein Mensch sich am besten im Liegen ausruhen kann. Warum? Weil die Schwerkraft dann am schwächsten auf die Knochen einwirkt. Der schwerste Teil des menschlichen Körpers ist der Oberkörper, der Bereich oberhalb von der Gürtellinie. Selbstverständlich dachte man sofort an den Antigravgürtel. Die Brust, die Arme und der Kopf wiegen viel weniger, wenn jemand einen solchen Gürtel trägt. Das hat sich als sehr gut für die Gesundheit erwiesen. Man kann sogar sagen, dass mit der Einführung der Antigravgürtel die menschliche Lebensspanne deutlich verlängert wurde - und deswegen trägt jetzt jeder einen solchen Gürtel als obligatorischen Kleidungsteil.«
    »Ich dachte, es wäre einfach nur die Mode«, sagte Wolgin.
    »Diese Mode hält sich bereits seit sechshundert Jahren und wird wohl kaum irgendwann verschwinden. Vielleicht findet man irgendwann einen Weg, diese Gürtel schmaler zu machen.«
    »Und warum trägt Mary keinen?«
    »Doch, sie trägt ihn unter dem Kleid. Das machen viele Frauen so.«
    »Du kannst ihn auch unter der Kleidung tragen«, bemerkte Io, »wenn es dir so besser gefällt.«
    »Ich ziehe mich an wie alle anderen«, erwiderte Wolgin. »Aber warum habe ich bis jetzt einen einfachen Gürtel tragen müssen?«
    »Weil dein Organismus unter gewöhnlichen Bedingungen wieder zu Kräften kommen musste.«
    Seiner Entscheidung treu, fragte Wolgin nicht näher nach der Technik der Antigravitation. Man würde es ihm wohl kaum so erklären können, dass er es auch verstand. Das war eine weitere Tatsache, die für ihn unverständlich war, und so nahm er sie auch hin. Das war eben so - und Ende der Geschichte. In den Urzeiten nahmen die Menschen ihre Umgebung genauso hin wie Wolgin es jetzt tat. Diese Menschen konnten die Naturerscheinungen nicht verstehen und gewöhnten sich an sie wie an unumstößliche Tatsachen, ohne nach Erklärungen zu suchen. Ein solcher Vergleich war Wolgin schon öfters in den Sinn gekommen - sein Stolz litt darunter, aber es blieb nichts anderes übrig als es hinzunehmen, wenn es schon so viel gab, das er nicht verstehen konnte. »Also bin ich wieder gesund?«, fragte er.
    »Ja, so ist es.«, sagte Io.
    »Gut, dann gib den Gürtel her.«
    Lucius zeigte auf einen Stuhl neben dem Bett. Dort lag ein hellgrauer Anzug. Mary und Wladilen hatten gleiche Anzüge an, nur dass ihre dunkelblau waren.
    »Warum kriege ich denn eine andere Farbe?«
    »Du magst doch Grau«, sagte Lucius. »Ist es etwa nicht so?«
    Es war natürlich so. Die Menschen aus dem neununddreißigsten Jahrhundert bemerkten eben alles.
    Auf dem Hemd, den er anzog, glitzerte der Goldene Heldenstern. Als Wolgin ins Muncius’ Haus gekommen war, hatte er ihn abgenommen und in der Nachttischschublade versteckt - die Automaten, die für saubere Kleidung verantwortlich waren, waren mit solchen Gegenständen bestimmt nicht vertraut und konnten den Orden sowie sein Band beschädigen - und außerdem konnte Wolgin selbst durchaus vergessen, ihn vor dem nächsten Kleidungswechsel abzunehmen. Aber jetzt hatte jemand, offenbar Lucius, es für notwendig gehalten, ihn wieder an

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