Die Rueckkehr der Templer - Roman
hatte.
»Ich muss Euch erst bei Meister André anmelden, bevor ich Euch zu ihm führen darf«, wisperte ein Diener in Pluderhosen, dessen Stimme vermuten ließ, dass er zur Kaste der Eunuchen gehörte.
Arnaud verkniff sich ein breites Grinsen. Mit seinen seidenen Pantöffelchen hastete der Diener mit kurzen Schritten die breiten Stufen ins Obergeschoss hinauf.
Dass sie bis zu seiner Rückkehr keine Erlaubnis hatten, sich von der Stelle zu rühren, verstand sich von selbst. Und dass sie sich daran hielten, dafür sorgten die martialisch aussehenden Wachen am Eingangstor, die ihnen ab und an prüfende Blicke zuwarfen. Ansonsten schien der Palast ziemlich ausgestorben. Bis auf eine kleine Reserve an Männern befanden sich sämtliche Soldaten vor der Festung Gaza, unweit von Askalon.
Hier und da huschte eine Kammerfrau vorbei oder ein Page.
»Was willst du Montbard zuerst fragen?«, flüsterte Arnaud. »Ob er das Geheimnis des Kelches kennt oder ob er vielmehr weiß, wo die Frauen stecken?«
Gero lächelte matt. »Denkst du ernsthaft, weil wir es sind, wird Montbard uns auf Anhieb seine tiefsten Geheimnisse offenbaren?« Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Arnaud. Trotz aller Hoffnung, die ich in diesen Mann setzte, bleibt uns auch bei ihm nichts anderes |369| übrig, als strategisch vorzugehen. Ich frage mich die ganze Zeit, wie er reagieren wird, wenn wir ihm sagen, wo wir herkommen und wer wir sind. Wir müssen in jedem Fall besonnen vorgehen und dürfen ihn nicht verschrecken.«
Montbard war längst nicht mehr das, was er in den Köpfen zahlloser zukünftiger Templer verkörpert hatte, die ihn nur vom Hörensagen kannten und als strahlenden Helden verehrt hatten. Er wirkte zwar immer noch stolz und erhaben, aber längst nicht so jung und dynamisch wie erwartet. Und auch die Klause, in denen der ehemalige Templerseneschall seine Gäste empfing, erschien Gero zwar geräumig, war aber ansonsten recht spartanisch.
Montbards Haar war graumeliert, ebenso wie der dichte Bart, und ein wenig erinnerte seine hagere Gestalt an Henri d’Our.
»Was verschafft mir die Ehre?« Montbard streckte sich, um größer zu wirken, und Gero glaubte Misstrauen in seinem Blick zu erkennen.
»Gott sei mit Euch, Beau Seigneur!« Der deutsche Ordensritter verbeugte sich ehrerbietig und küsste Montbard den Siegelring an der rechten Hand. Dann sah er auf und blickte ihm direkt in die wachsamen Augen.
»Gero von Breydenbach«, stellte er sich vor und trat zurück, um Arnaud Platz zu machen, der nun auch den vorgeschriebenen Kniefall vollführte, bevor er ebenfalls die Hand des Mannes ergriff und den Ring mit zitternden Lippen berührte.
Als Älterer übernahm Gero die Vorstellung. »Das ist mein provenzalischer Bruder, Arnaud de Mirepaux.«
»Gott sei mit Euch, Beau Seigneur!« Arnauds Stimme bebte ein wenig. Schließlich stand man nicht tagtäglich einer lebenden Templer-Legende gegenüber.
Schlagartig wurde Gero bewusst, wie bedeutungsvoll das alles war. Es übertraf sogar seine Erlebnisse in der Zukunft. Nun lag es alleine in seiner Hand, dieser einzigartigen Begegnung einen tieferen Sinn zu verleihen.
Vielleicht war es tatsächlich möglich, den Orden zu retten und darüber hinaus sein eigenes Schicksal und das jener, die ihm anvertraut waren, in erlösende Bahnen zu lenken.
»Habt Ihr einen Moment Zeit für uns?« Gero schaute Montbard immer noch an.
|370| »Selbstverständlich, ich habe immer Zeit, wenn es um Angelegenheiten des Ordens geht«, erwiderte der ehemalige Seneschall mit angespannt freundlicher Miene und deutete auf einen Tisch an dem mehrere Scherenstühle standen. Durch die hohen, verglasten Spitzbogenfenster fielen die letzten Strahlen der Abendsonne. Montbard setzte sich und wies ihnen einen Platz zu.
»Seid Ihr eben erst angekommen?« Montbards Blick huschte über Geros leicht verstaubte Chlamys. »Schickt Euch Bernard von Tramelay?«
»Nein«, begann Gero zögernd. »Ich weiß nicht, wo ich beginnen soll. Wir kommen von weit her und sind auf der Suche nach zwei Frauen, die sich in Eurer Obhut befinden sollen. Ihre Namen lauten Rona und Lyn. Könnt Ihr uns sagen, wo sie sich zurzeit aufhalten?«
Montbard sah ihn mit undurchsichtiger Miene an. »Warum wollt Ihr das wissen?«, murmelte er.
»Wir müssen dringend mit ihnen sprechen und dachten, Ihr könnt uns vielleicht zu ihnen bringen.«
Montbard lächelte spöttisch und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, da seid Ihr bei mir an den Falschen geraten.
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