Die Rueckkehr der Templer - Roman
Papier vor sich liegen, offenbar Protokolle, die den gestrigen Unfall beschrieben. Hannah konnte das Mitleid in ihren graugrünen Augen erkennen, als sie von ihrem Schreibtisch zu ihr aufschaute.
»So setz dich doch«, sagte sie und bot ihr eine Tasse schwarzen Tee an, der in einer weißen Thermoskanne bereitstand.
»Ich benötige deine Hilfe.« Hannah nahm Platz und hielt ihren halb geöffneten Rucksack auf dem Schoß. Karen, die über ihrem dunkelblauen Kostüm wie üblich einen weißen Laborkittel trug, wirkte noch |404| bleicher als in den Tagen zuvor. Normalerweise konnte man ihr die sechsundvierzig Jahre nicht ansehen, aber die dunklen Schatten unter ihren Augen verrieten, dass auch an ihr die Geschehnisse der vergangenen achtundvierzig Stunden nicht spurlos vorübergegangen waren.
»Ich habe schon von Tom gehört, dass du schwanger bist. Hast du dir überlegt, einen Abbruch vornehmen zu lassen?« Ihr Blick schwankte zwischen Mitgefühl und Unsicherheit.
Hannah hatte nicht vermutet, dass Karen ihr vor Freude um den Hals fallen würde, aber dass sie die Taktlosigkeit besaß, von Abtreibung zu sprechen, ließ erneut Zorn in ihr aufsteigen und gab ihr gleichzeitig die Gewissheit, dass sie das Richtige tat.
»Nein«, sagte sie kühl. »An Abtreibung habe ich bestimmt nicht gedacht.« Plötzlich hatte sie die Beretta in der Hand, deren Diebstahl in Lafours Van überraschenderweise noch niemandem aufgefallen zu sein schien.
Karen öffnete den Mund, um zu schreien, doch Hannah entsicherte die Pistole so gekonnt, dass sie sofort verstummte.
Tanner hatte Gero vor Monaten die Funktionsweise dieser Pistole erklärt, und Hannah hatte zufällig danebengesessen.
»Sag nur, du willst uns aus Rache alle erschießen?«, flüsterte Karen und sah sie eindringlich an. »Ich meine, es ist nicht meine Schuld, dass …«
»Ich bin nicht hier, um mich für das Verhalten des Pentagon an dir oder Paul zu rächen. Ich will, dass ihr beide mir einen Gefallen tut.«
Karen sah sie aus schmalen Lidern an. »Was hast du vor?«
»Es scheint ziemlich aussichtslos zu sein, dass Gero und seine Kameraden jemals zu uns zurückkehren. Deshalb haben die Frauen und ich einen Entschluss gefasst. Wir wollen, dass Paul und du uns dorthin bringen, wo unsere Männer gestrandet sind. Das ist schon alles.«
»Hast du den Verstand verloren?« Karen sah sie entgeistert an. »Wenn Paul und Tom es nicht schaffen, Alternativen zu finden, die den Rückholmechanismus des Servers wieder in Gang setzen, werdet ihr keine Chance haben, jemals zurückzukehren. Ist euch das klar?«
»Und wenn wir es nicht wagen, unseren Männern zu folgen«, erwiderte Hannah entschlossen, »bleibt uns noch nicht einmal das.«
»Und was wird aus dem Kind? Es könnte Schaden nehmen, und was wird sein, wenn du es unter achthundert Jahre zurückliegenden Bedingungen zur Welt bringen musst? Ihr könntet beide sterben.«
|405| »Das ist es mit wert. Denn ohne den Mann, den ich liebe, bin ich schon so gut wie tot.«
»Warum könnt ihr nicht noch ein paar Tage verstreichen lassen. Vielleicht findet Tom schneller eine Lösung des Problems, als ihr denkt?« Karen versuchte, Zeit zu schinden.
»Weil wir ab morgen keine Chance mehr haben werden, an den Server heranzukommen, und wenn Tom erst wieder auf den Beinen ist, wird er mich wohl kaum in dieser Absicht unterstützen.« Hannah hielt die Pistole auf Karen gerichtet und verdrängte die Vorstellung, was geschehen würde, wenn das Ding plötzlich von alleine losging.
»Jesus!« Karen stand auf und ging langsam auf sie zu. »Du weißt nicht, was du da von uns verlangst. Ihr seid nicht vorbereitet, und wir wissen nicht, ob es funktioniert, ob der Server eure DNA akzeptiert oder ob ihr in jener Zeit ankommt, die ihr gewählt habt.« Karen machte einen weiteren Schritt auf sie zu.
Hannah reagierte sofort, indem sie die Pistole hochriss und auf Karens Kopf zielte. »Bleib stehen, oder ich schieße. Bei Gott, ich mache keine Scherze! Entweder du tust, was ich sage – oder es geschieht ein weiteres Unglück!«
Karen blieb stehen. Hannah konnte erkennen, dass die sonst so hartgesottene Ärztin es offenbar nun doch mit der Angst zu tun bekam.
»Ich bin schwanger«, stieß Hannah mit zusammengebissenen Zähnen hervor, »und in diesem Zustand ist man bekanntlich zu allem fähig. Ich will, dass mein Kind seinen Vater kennenlernt. Und wenn er nicht zu mir kommen kann, will ich zu ihm. So einfach ist das.«
Karen strich sich nervös die
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