Die Rueckkehr der Templer - Roman
Folter und der Tod. Aber das ging den Franken nichts an. Er würde ihm helfen, die Heilige Stadt zu erreichen. Nicht mehr und nicht weniger.
Kapitel 18
Vertrauenssache
Juli 1153 – Jerusalem
Anselm wusste nicht, wie Khaled es angestellt hatte, dass ihnen auf dem ganzen langen Weg nach Jerusalem zwischen all den Hügeln und Felsen kein einziger Kreuzritter und kein räuberischer Angreifer begegnet waren.
Außer ein paar Ziegenhirten und einer Truppe von drei Kaufleuten auf ihren Kamelen, die zwei Maulesel mit Teppichen mit sich führten, hatten sie niemanden gesehen.
Vielleicht lag es daran, dass Khaled darauf bestanden hatte, bei Nacht zu reiten, und er sich in den Kopf gesetzt hatte, sie so rasch wie möglich in die Heilige Stadt zu bringen. In der ersten Dämmerung erreichten sie ein verschlafenes Dorf mit mehreren weiß getünchten Flachbauten, die hinter einer gut zwei Meter hohen Mauer verborgen lagen. Südlich davon erhob sich in der Morgenröte die schwarze Silhouette der Festung Bayt Jibrin, die Königin Melisendes verstorbener Mann Fulko vor mehr als zwanzig Jahren den Hospitalitern geschenkt hatte, wie Khaled ihnen erklärte. Bis nach Jerusalem waren es noch |488| ungefähr vier Meilen, was in der Neuzeit knapp fünfzig Kilometer bedeutete.
Ein Hund schlug an, als Khaled unvermittelt innehielt und vom Pferd sprang. Im Schutz eines riesigen Feigenbaumes befahl er ihnen zu warten.
»Es dauert nicht lange«, sagte er und nahm etwas aus seiner Satteltasche. Dann rannte er in geduckter Haltung zu einem Hinterhof. Das Bellen verstummte sofort, als er dem angeketteten Hund einen Lammknochen hinwarf. Khaled verschwand hinter ein paar Büschen und kehrte wenig später äußerlich verändert zurück.
Statt der Uniform eines Fatimidenkriegers trug er nun einen weißen Kaftan und eine verwaschene schwarze Hose, deren Oberschenkel noch die Spuren der Wäscheleine zeigten, auf der sie zum Trocknen gehangen hatte. Von der abgelegten Uniform hatte er nur den Gürtel behalten, um Schwert und Dolch dahinterstecken zu können.
»Na?«, fragte er. »Wie sehe ich aus?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Anselm verwundert. »Wie willst du denn aussehen?«
»So, dass mich in Jerusalem niemand auf Anhieb erkennt.« Sein Haar hatte er unter einem weißen Turban verborgen. »Als ich die Stadt vor fünf Jahren verließ, hatte ich weder einen struppigen Bart, noch hätte man mich für einen verhungerten Bettler halten können.«
»Denkst du, Balduins Truppen jagen dich immer noch?« Anselm beobachtete, wie der Assassine sich in den Sattel schwang.
»Sicher ist sicher«, erwiderte er und schnalzte kurz mit der Zunge, worauf sich sein Pferd gehorsam in Bewegung setzte.
Anselm und Matthäus blieb nichts weiter übrig, als ihren störrischen Gaul anzutreiben, um ihm folgen zu können.
»Also willst du uns doch bis in die Stadt begleiten?«, fragte Anselm hoffnungsvoll, als er sich Khaled näherte. In dessen Gesellschaft fühlte er sich auf eigentümliche Weise geborgen, auch wenn dieser wild aussehende Kerl durchaus skrupellose Seiten an den Tag legen konnte. Glücklicherweise tötete er nach eigenen Angaben nur, wenn es keinen anderen Ausweg gab oder er einen entsprechenden Auftrag von seinem höchsten Meister erhielt.
»Was bleibt mir anderes übrig?«, erwiderte Khaled grinsend, »Ohne mich scheint ihr ja vollkommen aufgeschmissen zu sein.«
|489| Mit einem Schenkeldruck lenkte er seine Stute an Anselms Pferd heran. Wie aus dem Nichts übergab er Matthäus, der sich hinter Anselm an dessen Rücken klammerte, einen halben Weizenfladen, den der Junge dankbar entgegennahm, sowie die Hälfte eines Leinentuches, das er in zwei Stücke gerissen hatte.
»Binde dir das um den Kopf«, riet er Matthäus, »spätestens, wenn die Sonne brennt, weißt du warum.«
Den Rest des Brotes und die andere Hälfte des Tuches übergab er Anselm, der dankend nickte. »Du denkst wirklich an alles.«
Ein Sonnenstich war im Moment das Geringste, wovor Anselm sich fürchtete, trotzdem band er das Tuch um den Kopf.
Khaled bediente sich unterdessen mit spitzen Fingern aus einem Leinensäckchen, das er sich an den Gürtel gebunden hatte.
»Datteln«, erklärte er kauend, als er sah, dass Anselm ihn neugierig beobachtete. »Willst du auch eine?«
Als Anselm abermals nickte, fischte er zwei Datteln heraus, eine für Anselm und eine für Matthäus. »Ohne mich würdet ihr euch verirren, verdursten und verhungern.« Khaled spuckte den Kern in den
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