Die Rueckkehr der Templer - Roman
hier.« Als ihre Schwester an das Lager des Alten trat, nickte Rona ihr wissend zu. »Ich benötige deine Kapsel.«
»Warum?«
»Weil er sonst stirbt.«
»Denkst du, er kann uns helfen?«
»Wenn wir Arnaud Glauben schenken, stammt er aus jener Zukunft, in der unser Timeserver durch Zufall wiederentdeckt wurde. Er ist der Einzige, der uns über das aufklären kann, was man dort mit uns vorhat und welche politischen Überlegungen dahinterstecken. Wenn er stirbt, erfahren wir nichts über die wahren Hintergründe des Projektes in dieser Zeit. Er ist mit Sicherheit ein intelligenter Mann, der uns die Situation seiner Zeit umfassender darstellen kann als Arnaud und seine Leute. Ich will, dass er mit Montbard spricht und ihm aufzeigt, wie wichtig unsere Mission ist und dass wir nicht aufgeben dürfen.«
Lyn warf einen Blick auf den Sterbenden. »Auch schon egal«, erwiderte sie resigniert und übergab Rona die Nanokapsel. »Schließlich ist er so gut wie jeder andere.«
»Ich gebe Ihnen jetzt eine Medizin, die Sie umgehend heilen wird«, erklärte Rona in modernem Hebräisch, weil er diese Sprache gesprochen hatte. »Sie dürfen sie nicht unzerkaut schlucken. Am besten beißt man die Kapsel auf und lässt sie einen Moment unter der Zunge zergehen, dann gelangen die Wirkstoffe schneller ins Blut. Haben Sie verstanden?«
|494| Der Alte nickte und öffnete die ausgetrockneten Lippen. Rona schob ihm die Kapsel unter die Zunge. Sie wartete einen Augenblick, dann gab sie ihm noch etwas zu trinken. Wenig später blühte er regelrecht auf. Seine Wangen füllten sich mit Blut, und seine zuvor schleppende Atmung stabilisierte sich. Kein Röcheln mehr, kein Stöhnen, und auf seinem Mund zeigte sich ein Lächeln. »Oh«, sagte er überrascht. »Ich fühle mich wunderbar!« Unsicher stützte er sich auf seinen Ellbogen und setzte sich auf. »Zur Hölle«, rief er mit aufgerissenen Augen. »Ist das jetzt ein biblisches Wunder oder eher die Vision eines Verdammten?«
»Die Firma, die das herstellt, heißt NanoRepair«, erklärte Rona. »Schon mal davon gehört?«
»Nein … nein«, stammelte er immer noch ungläubig. »O mein Gott, ihr beiden seid Rona und Lyn, nicht wahr?« Sein Blick wanderte zu Rona, dann zu Lyn. »Moshe Hertzberg, wenn ich mich vorstellen darf. Wir haben eure Botschaft gefunden. Ich gehöre jener Mission an, die euch ins Jahr 2005 evakuieren soll.« Mit Skepsis im Blick bewegte er Arme und Beine. »Wie kann das sein?«, frohlockte er mit ehrlicher Begeisterung. »Das letzte Mal, dass ich mich so gut gefühlt habe, war an meinem fünfzehnten Geburtstag – und das ist schon eine ganze Weile her.«
»Wir müssen gehen.« Rona packte Hertzberg an der Schulter und half ihm auf die Füße.
Lyn klärte ihn kurz darüber auf, dass es neben seiner Heilung keinen weiteren Grund zur Freude gab, weil Arnaud der einzige seiner Begleiter war, der draußen auf ihn wartete, während alle anderen Mitstreiter zum Tode verurteilt im Kerker der Templer saßen. Rona empfand es als Vorteil, dass der Wirkstoff auch vor einem Herzinfarkt schützte, denn diese Nachricht schien Hertzberg ziemlich zuzusetzen.
Hastig führte Rona den kleinen Mann durch die geschäftige Menge und stieß prompt mit Nesha zusammen. »Hey, wo wollt Ihr mit dem Kranken hin? Er ist noch nicht so weit, dass er als geheilt gelten könnte!«
Rona antwortete nicht, sondern schob Nesha entschieden zur Seite. Lyn hielt ihren Gesichtsschleier bis fast vor die Augen, damit ihr Gegenüber die seltene Farbe ihrer Iris nicht sah.
»Wartet!«, rief Nesha und sah sich bereits nach tatkräftiger Hilfe |495| um. »Ich kenne euch doch? Seid ihr nicht …?« Ihre Frage verhallte im Gewirr der zahllosen Stimmen. Hastig drängte Lyn sich an Melisendes ehemaliger Dienerin vorbei. Doch so einfach ließ Nesha sich nicht abwimmeln. Im Nu hatte sie die halbe Hospitalbesatzung auf den fliehenden Alten aufmerksam gemacht. Ein griechischer Medikus verfolgte sie mit hochgerissenen Armen, ihm eilten ein paar rasch herbeigerufene Ordensritter des heiligen Johann nach.
Arnaud beobachtete von seinem Versteck aus, wie Rona und Lyn mit einem äußerst agil wirkenden Hertzberg auf ihn zustürmten, verfolgt von einer Truppe bewaffneter Hospitaliter.
»Nimm ihn und bring ihn zur Herberge«, zischte Rona und stieß den leicht verstörten Hertzberg in Arnauds Richtung. Sie und Lyn setzten ihre Flucht in Richtung Zionsstraße fort, wo sie im bunten Gemenge der Pilger verschwanden.
»Sie
Weitere Kostenlose Bücher