Die Rueckkehr der Templer - Roman
Mitte des Kirchenschiffs und steuerte auf den Altar zu, wo ihre beiden Söhne mit sämtlichen Würdenträgern des Königreiches Platz genommen hatten. Sie ergatterte den letzten noch freien Stuhl neben Aimery, ihrem jüngsten Sohn, der wie Balduin und die übrigen Adligen zwar aufgestanden war, aber keine Anstalten machte, ihr seinen Platz zu überlassen. Beide Söhne neigten vorschriftsmäßig ihr Haupt und küssten der Mutter eher zögernd die Hand, die sie ihnen demonstrativ entgegenhielt.
Erst als Melisende ein kurzes, herrisches Zeichen gab, erhoben sich |632| die übrigen Adligen und Ritter wieder aus ihrer unterwürfigen Erstarrung. Die meisten von ihnen hielten jedoch nach wie vor ehrerbietig den Kopf gesenkt.
Gero spürte eine Hand an seiner Schulter, und als er sich umdrehte, war er überrascht, in Montbards graubraune Augen zu schauen. Nicht weit entfernt entdeckte er ein anderes Augenpaar, das einem Falken glich, der auf seine Beute lauert. Berengar von Beiruts teuflisch anmutender Blick sollte ihn wohl ängstigen, doch Gero schaute unbeeindruckt an ihm vorbei. Als er sicher sein konnte, dass er den Komtur von Jerusalem mit seiner Gleichmütigkeit verärgert hatte, wandte er sich wieder Montbard zu, wobei er allerdings die weiteren Geschehnisse am Altar nicht aus den Augen ließ.
»Wo habt ihr den Alten und meinen Knappen gelassen?«, flüsterte Gero Montbard von der Seite her zu. Nach wie vor war er beunruhigt, dass das Schicksal des Jungen nicht in seiner Hand lag.
»Ich habe Eure beiden Angehörigen in die Obhut meines treuen Bruders Godefroy Bisol gegeben«, raunte Montbard ihm zu. »Falls die Sache hier wider Erwarten schiefgehen sollte und Ihr zu Tode kommt, wird er sich um das Wohlergehen der beiden kümmern.«
»Wie beruhigend«, zischte Gero verärgert. »Ihr wollt mich also mit dem Leben der beiden unter Druck setzen?«
»Wo denkt Ihr hin, Bruder!«, beschwichtigte Montbard. »Ich habe sie nur vor Bruder Berengars Gier und Melisendes Rachegelüsten in Sicherheit bringen wollen, damit ihnen so lange nichts geschieht, bis ich dauerhaft für ihre Sicherheit garantieren kann.«
»Und was wird aus ihnen und uns, wenn Euer Plan nicht funktioniert und wir trotzdem am Leben bleiben?« Gero hatte Mühe, seine Gereiztheit zu unterdrücken. »Bruder Arnaud und Euer Assassine sind mir nach einem Zwischenfall, bei dem de la Trenta getötet wurde, in den Bergen begegnet. Durch Zufall habe ich von Arnaud erfahren, dass Ihr ihn und seine Begleiter, als Sarazenen verkleidet, im Auftrag der Königin zur Festung von Askalon entsandt habt, um das Geheimnis von dieser Seite zu lüften. Was geschieht, wenn sie zum Zeitpunkt unseres Angriffs noch auf der Festung sind? Und warum müssen meine anderen Brüder und ich unser Leben aufs Spiel setzen, wenn es Eurem Assassinen gelingen sollte, den Kelch schon vor Erstürmung der Festung für Euch in seine Obhut zu bringen?« Gero setzte eine unduldsame |633| Miene auf, bevor er fortfuhr. »In meinen Kreisen würde man sagen, Ihr spielt ein doppeltes Spiel, in dem am Ende alle die Verlierer sind – nur Ihr nicht.«
Montbard legte einen Finger auf die Lippen, während der Patriarch den feierlichen Choral anstimmte. »Euch geht es doch sowieso in erster Linie um die Rettung Eurer Frauen. Denkt Ihr, ich wüsste das nicht?«
Gero schwieg für einen Moment. Der Alte hatte ins Schwarze getroffen.
»Daher solltet ihr kein Risiko eingehen«, flüsterte Montbard mit einem lächerlich treuen Blick. »Vertraut mir einfach und fügt Euch Gottes Willen!«
Ohne das von Montbard empfohlene Gottvertrauen ging Gero zurück ins Dormitorium und verteilte seine Befehle.
»Anselm, du gehst in die Stallungen und sattelst unsere Pferde. Danach kontrollierst du unser Gepäck und unsere Wasserrationen. Auch das Verbandzeug muss überprüft werden. Unser Marschall besteht übrigens darauf, dass die Waffenknechte mit in den Kampf ziehen. Ihr werdet dem Haupttrupp in sicherem Abstand folgen, um bei Waffenverlusten oder wenn ein Tier zu Schaden kommt, für Ersatz zu sorgen.«
Gero sah dem deutschen Kameraden aus der Zukunft an, dass ihm seine Aufgaben nicht behagten. Rasch ging er dazu über, den übrigen Rittern die weitere Vorgehensweise zu erläutern.
Zur Mittagszeit wollte man den Belagerungsturm so nahe an die Festung herangebracht haben, dass eine einzige Sprengung die volle Wirkung entfalten konnte, um die Mauern zum Einsturz zu bringen. Dafür mussten zuvor syrische Turkopolen mit
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