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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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eilte los. Erst als sie den Hof überquert und das wuchtige Hauptgebäude der Burg betreten hatten, blieb er wieder stehen und wandte sich zu ihr um. Der Blick, mit dem er sie bedachte, war alles andere als freundlich. »Ich hoffe, dir ist klar, dass der Mann Meldung machen wird«, sagte er. »Besser, du denkst dir schon einmal eine gute Geschichte aus, wenn Bruder Horace dich fragt, was du in diesem Turm gesucht hast.«
    Eigentlich hatte Robin sich bei ihm bedanken wollen. Sie wagte es nicht einmal, sich auszumalen, was geschehen wäre, wäre Rother nicht im letzten Moment aufgetaucht und hätte den Posten einfach überrumpelt. Aber sein tadelnder Ton machte sie zornig. »Vielleicht wird Bruder Horace dich ja fragen, warum du für mich gelogen hast«, sagte sie anstelle der Worte, die sie sich eigentlich zurechtgelegt hatte. »Oder was du dort oben gesucht hast.« Sie legte den Kopf auf die Seite, und ihre Augen wurden schmal. »Spionierst du mir nach?«
    Sie bedauerte die Worte, noch bevor sie sie ganz ausgesprochen hatte, denn Rother wurde keineswegs wütend - womit sie gerechnet hätte -, sondern wirkte einen Moment lang vollkommen hilflos, und dann zutiefst verletzt. Im nächsten Moment breitete sich auch schon ein Ausdruck von Trotz auf seinem Gesicht aus.
    »Und wenn es so wäre?«, fragte er patzig.
    »Dann würde ich mich fragen, warum«, gab Robin zurück. Sie versuchte sich selbst in Gedanken zur Ordnung zu rufen. Ganz egal, warum - Rother hatte sie aus einer zumindest unangenehmen Situation gerettet, und sie dankte es ihm, indem sie ihn attackierte! Was sie tat, war zumindest unfair. Und trotzdem hörte sie sich beinahe zu ihrem eigenen Entsetzen fortfahren:
    »Bruder Dariusz scheint eine sichere Hand in der Wahl seiner Spione zu haben. Berichte ihm ruhig, was du gesehen hast. Aber vergiss dabei nicht zu erzählen, dass ich dir das Leben gerettet habe.«
    Rother blickte sie jetzt nicht mehr mit einem Ausdruck von Verletztheit an. Es war viel schlimmer. Einen kurzen Moment lang sah er entsetzt aus, und für einen noch kürzeren Augenblick hatte Robin das sichere Gefühl, dass er nur noch mit allerletzter Anstrengung die Tränen zurückhielt. Dann verhärteten sich seine Züge. Er ballte die Hände zu Fäusten, fuhr auf dem Absatz herum und stürmte mit wehendem Mantel davon.
    Robin blickte ihm hilflos nach. Sie streckte den Arm aus, wie um ihn zurückzuhalten, und alles in ihr schrie danach, ihm zuzurufen, dass sie es nicht so gemeint hatte, dass es ihr Leid täte, aber ihre Kehle war zugleich auch wie zugeschnürt. Vollkommen reglos stand sie da und sah ihm nach, während er durch die Halle lief und schließlich wieder auf dem Hof verschwand, und sie blieb auch dann noch eine geraume Weile in unveränderter Haltung stehen und fragte sich vergebens, warum sie das gesagt hatte. Es war nicht das erste Mal, seit dieser Irrsinn begonnen hatte, dass sie etwas sagte oder auch tat, was sie nicht wollte; als wäre da plötzlich ein Teil in ihr erwacht, der mit aller Macht an ihrer eigenen Zerstörung arbeitete.
    Aber vielleicht war auch das nur eine billige Ausrede, um sich nicht selbst eingestehen zu müssen, dass sie sich wie eine hysterische Närrin verhalten hatte.
    Niedergeschlagen und den Tränen nahe, wandte sie sich um und kehrte in ihr Quartier zurück. Unterwegs begegnete ihr niemand, auch wenn sie das bedrückende Gefühl, beobachtet zu werden, nicht für einen Moment abschütteln konnte.
    Die Tür zu dem winzigen Zimmer, das ihr Horace zugewiesen hatte, stand offen. Seltsam - sie war fast sicher, sie vorhin trotz der Eile, in der sie gewesen war, hinter sich geschlossen zu haben. Aber wahrscheinlich war sie nicht mehr in der Verfassung, ihren eigenen Erinnerungen trauen zu können.
    Robin trat gebückt ein. Die Kerze, die auf dem dreibeinigen Schemel neben dem Bett stand, war nahezu heruntergebrannt, und die Flamme flackerte bedrohlich in dem Luftzug, den sie mit ihrer eigenen Bewegung verursachte. Ohne hinzusehen, griff sie nach dem schlichten Holzregal neben der Tür, auf dem Horace ihr eine Anzahl weiterer Kerzen zurückgelassen hatte, entzündete den Docht an der fast heruntergebrannten Flamme und beschützte das noch winzige Flämmchen mit der hohlen Hand, während sie das Ende der frischen Kerze in das geschmolzene Wachs drückte.
    Erst als sie sich wieder aufrichtete, sah sie den Stoffstreifen, der auf ihrem Bett lag.
    Robin erstarrte mitten in der Bewegung.
    Sie hatte sich nicht getäuscht.

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