Die Rückkehr der Templerin
verschwunden war, und drehte sich, wie gegen einen unsichtbaren Widerstand ankämpfend, zu ihr um. Saila sah sie aus aufgerissenen Augen an, die dunkel vor Furcht waren. »Ist alles … in Ordnung?«, erkundigte sie sich.
Die Frage erschien Robin so grotesk, dass sie beinahe laut aufgelacht hätte. »Nein«, antwortete sie mit flacher, tonloser Stimme. »Es ist … nichts in Ordnung. Dariusz …«
»Ich habe alles gehört«, unterbrach sie Saila. »Verzeiht, dass ich Euch belauscht habe, aber …«
»Das macht nichts«, unterbrach sie Robin. Nervös fuhr sie sich mit dem Handrücken über das Kinn. Ihre Gedanken jagten sich noch immer. Sie hatte Mühe, sich darauf zu konzentrieren, Saila zu antworten. »Dariusz war ja auch laut genug.«
»Was werden wir jetzt tun?«, fragte Saila.
»Wir?« Robin schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, es gibt nicht viel, was wir tun können«, murmelte sie. Ein Teil von ihr weigerte sich immer noch zu glauben, was gerade geschehen war. Es konnte nur ein Albtraum sein. Mühsam stand sie auf.
Ihre Bewegungen mussten unsicherer sein, als ihr selbst klar war, denn Saila steckte plötzlich die Hände aus, wie um sie aufzufangen, sollte sie stürzen, dann fuhr sie fast unmerklich zusammen, wich einen halben Schritt zurück und sah gleichermaßen betroffen wie erschrocken aus. »Ihr müsst fliehen, Herrin. Ich habe Nemeth schon losgeschickt, um Euer Pferd …«
»Ich fürchte, das geht nicht«, unterbrach sie Robin. Sie schluckte, um den bitteren Geschmack loszuwerden, der plötzlich in ihrem Mund war. Ein Teil von ihr lauschte mit einer Art hysterischen Entsetzens ihren eigenen Worten, aber da war noch ein anderer Teil, der sich der Ausweglosigkeit ihrer Situation vollkommen klar war und sie fast schon unnatürlich ruhig weitersprechen ließ. »Du hast Dariusz gehört. Er ist auf Befehl des Königs und unseres Großmeisters hier. Er wird nicht ohne mich abziehen.«
»Aber Ihr könnt doch nicht wirklich mit ihm reiten!«, antwortete Saila ungläubig. »Nicht in Eurem …«
»Ich muss«, unterbrach sie Robin. Sie schüttelte ein paar Mal hintereinander den Kopf und versuchte, Saila beruhigend zuzulächeln, spürte aber selbst, wie kläglich es misslang. »Ich kenne diesen Mann von früher, Saila. Er wartet nur auf einen Vorwand, mich in Ketten von hier wegzubringen.«
»Aber Salim wird bald zurück sein«, sagte Saila. Sie klang plötzlich hilflos. Fast so hilflos und verstört, wie Robin selbst sich fühlte. »Er wird niemals zulassen, dass dieser schreckliche Mann Euch mitnimmt.«
»Und ganz genau darum muss ich mit ihm gehen«, antwortete Robin. »Ich kann nur hoffen, dass Salim und seine Männer nicht zurückkommen, bevor wir aufgebrochen sind. Dariusz würde ihn töten.«
»Ein Grund mehr, zu fliehen«, beharrte Saila. Ihre Stimme klang jetzt fast panisch. »Das Pferd steht hinter dem Haus bereit. Und es ist schnell. Auf der Burg unseres Herrn seid Ihr in Sicherheit.«
Aber nicht einmal dessen war sich Robin wirklich sicher. Sheik Sinan würde niemals zulassen, dass Dariusz sie gegen ihren Willen zwang, ihn und seine Männer zu begleiten, aber sie vermochte einfach nicht zu beurteilen, wie Dariusz’ Reaktion darauf ausfallen würde. Sie traute diesem Fanatiker durchaus zu, seinen Willen mit Gewalt durchzusetzen - oder es wenigstens zu versuchen. Dariusz hatte nie zu denen gehört, die das Bündnis zwischen den Tempelrittern und den Assassinen billigten, und er hatte niemals einen Hehl daraus gemacht.
»Nein«, sagte sie noch einmal, und jetzt mit ruhiger, fester Stimme. »Ich muss sie begleiten.«
»Dann komme ich mit«, sagte Saila bestimmt.
Robin lächelte. »Ich wusste, dass du das sagen würdest. Aber es geht nicht. So gerne ich dich bei mir hätte, eine Frau bei den Tempelrittern ist … undenkbar.«
»So?«, fragte Saila. Ihr Blick blieb ernst, aber der Tonfall, in dem sie dieses eine Wort ausgesprochen hatte, war beredt genug.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte Robin. »Ich bin diese Rolle gewohnt. Ich habe sie jahrelang mit Erfolg gespielt, es wird mir auch noch für einige wenige weitere Tage gelingen.« Sie schüttelte rasch den Kopf, als sie sah, dass Saila abermals widersprechen wollte, und machte eine zusätzliche, fast befehlende Geste.
»Ich brauche dich hier, Saila.«
»Wozu?«, erkundigte sich Saila verwirrt.
»Du musst auf Salim warten«, antwortete Robin. »Erzähle ihm, was geschehen ist. Und ich flehe dich an, Saila - sorg dafür, dass er keine
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