Die Rückkehr Des Bösen
offenbar Schmerzen. Sie versuchte, sich zu entsinnen, welche Symptome eine Eisenhutvergiftung hervorrief, konnte sich jedoch nur noch daran erinnern, dass das Zeug vor allem im Mittelalter recht beliebt gewesen war.
Auch Pakula erhob sich, wobei er Maggie erwartungsvoll ansah, als wolle er ihr die Möglichkeit einräumen, die von ihr eingeleitete Begegnung auch zu Ende zu bringen.
Sie blieb sitzen. „Wieso glauben Sie eigentlich, Sie könnten uns vertrauen?“ fragte sie Keller. „Ich habe doch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich Sie für einen kaltblütigen Mörder halte.“
Obgleich es ihm offenkundig nicht gut ging – Maggie entging nicht, wie er sich mit der Linken am Tischrand festhielt –, schwankte seine Stimme kein bisschen. „Weil Sie mir Ihr Wort gegeben haben, Agent O’Dell. Und ich weiß, dass Sie damit nicht leichtfertig umgehen.“
76. KAPITEL
Hotel „Embassy“, Omaha
Pakula hatte Chief Ramsey über den Ablauf ihrer Begegnung mit Keller informiert und sichtete jetzt die auf seinem Handy eingegangenen Nachrichten. Kasab hatte den Priester währenddessen zurück auf sein Zimmer gebracht. Nach wie vor machte Maggie auf Pakula den Eindruck, als wäre sie Keller am liebsten an die Gurgel gegangen. Nach Pakulas Meinung deutete dessen Zustand zwar mehr auf Malaria hin als auf eine Vergiftung, aber der Bursche schien ja genau zu wissen, was ihm fehlte.
„Chief Ramseys Frau ist Internistin, drüben im Medical Center. Er wird sie bitten, zu beschaffen, was Keller haben will.“ Er fragte sich, ob Maggie ihm überhaupt zuhörte. Sie hatte wieder angefangen, in dem Besprechungszimmer unruhig hin und her zu laufen.
„Dieser Junge“, bemerkte sie. „Dieser Arturo ... Keller hat ihn umgebracht, bevor er abflog, da bin ich mir ganz sicher. Er hat nicht damit aufgehört.“
Pakula stieß einen langen Seufzer aus, aber sie reagierte nicht darauf. Anscheinend war es ihr egal, ob er ihr glaubte oder nicht. Er ahnte, was ihr vermutlich durch den Kopf ging. Dass er Keller eben nicht so gut kenne wie sie. Er war ihm heute zum ersten Mal begegnet und kannte ihn nur so, wie er eben aufgetreten war, krank und von Schweißausbrüchen geplagt. Pakula erinnerte sich zwar an den Fall vor vier Jahren, doch hatte er nicht mit eigenen Augen gesehen, was der Killer den kleinen Jungen angetan hatte, die schartigen Symbole, die er ihnen in die Brust geschnitten hatte. Dennoch konnte er Maggies Zustand verstehen, vor allem, wenn sie tatsächlich glaubte, dass er mit seinen Taten nicht aufgehört hatte.
„Passen Sie auf, O’Dell“, sagte er. „Vielleicht haben Sie Recht mit Ihrer Annahme und Keller hat diese Jungs aus Platte City tatsächlich auf dem Gewissen. Mag ja auch sein, dass Sie bezüglich dieses Arturo richtig liegen. Aber wir haben keine Handhabe gegen Keller. Damit müssen Sie sich abfinden. Wenn Sie das nicht schaffen, nützen Sie mir bei der Aufklärung nicht viel.“
Wortlos stapfte sie weiter auf und ab. Plötzlich prustete sie ganz unvermittelt los. „Mönchshut!“ Sie lachte laut auf.
„Wie bitte?“
„Auf jeden Fall hat der Killer Humor.“
„Das hört sich ja fast so an, als würden Sie den Kerl bewundern.“ Er musste sie irgendwie dazu bringen, sich mehr mit dem Mörder und weniger mit Keller zu beschäftigen.
„Sind Sie nicht auch der Meinung, dass es das abscheulichste aller Verbrechen ist, kleinen, wehrlosen Kindern etwas antun?“ Ihre Frage klang wie eine Herausforderung.
„Gar keine Frage“, gab er zurück.
„Und wie steht’s mit denen, die sich immer und immer wieder an ihnen vergehen? Indem sie das kindliche Zutrauen gegenüber Respektspersonen ausnutzen, etwa zu einem Priester? Na los, Detective Pakula! Sie wissen doch ebenso gut wie ich ich, dass Erlebnisse, wie sie etwa Mark Donovan mit Monsignore O’Sullivan hatte, keine Einzelfälle sind.“
„Natürlich.“ Er verschränkte die Arme über der Brust, da er annahm, dass sie auf etwas hinauswollte, mit dem er weniger einverstanden sein würde.
„Von wie vielen Kinderschändern haben Sie gehört, die tatsächlich geheilt werden konnten?“
„Ist mir schon klar, worauf Sie hinauswollen.“
„Ich weiß ich von keinem, aber ich kann Ihnen von einem kleinen Mädchen erzählen, das sexuell missbraucht und lebendig begraben wurde, und zwar von einem Mann, den man gerade entlassen hatte. Ich könnte Ihnen Dutzende solcher Fälle schildern.“
Er musterte sie, wie sie sich mit den Fingern durch die Haare fuhr.
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