Die Rückkehr Des Bösen
fehlt zwar, aber hier in West Haven gibt’s ein Tattoostudio. Als ich den Inhaber anrief, kannte er das Motiv anhand meiner Beschreibung und hat es mir gefaxt, vollständig. Das maile ich Ihnen dann ebenfalls. Es handelt sich um eine langstielige Rose, die sich um einen Dolch mit rosarotem Griff windet.“
„Sie hat sich einen Dolch auf den Nacken tätowieren lassen?“
„Auf die linke untere Seite, kurz über dem Rücken.“
„Könnte man recherchieren, welche Tattoostudios dieses Motiv anbieten?“
„Gute Frage. Ich werde mich erkundigen“, versprach Bonzado. „Übrigens hat mich der Inhaber noch auf etwas anderes hingewiesen. Nämlich dass das Motiv sehr populär bei Leuten sei, die er als ,D-&-D-Freaks’ bezeichnete.“
„DundD?“
„,Dungeons and Dragons’. Sagt Ihnen das noch was?“
„Schon, aber ich dachte, das sei längst megaout, das Spiel.“
„Offenbar haben einige Collegestudenten hier in der Gegend wieder damit angefangen, allerdings mit ‘ner Onlineversion. Ich habe selbst mitbekommen, wie sich einige meiner Studenten darüber unterhielten. Nur heißt es heute nicht mehr ,Dungeons and Dragons’. Es gibt alle möglichen Fassungen und Weiterentwicklungen, in denen dann Charaktere auftauchen, die dem Leben der Spieler entstammen. Menschen, denen man eins auswischen will, das aber in der Realität nicht kann. Einfach nur so, um Dampf abzulassen. Ich habe gehört, einer unserer Englischprofessoren etwa soll eine sehr beliebte Figur sein. Ich weiß zwar nicht, ob Sie das weiterbringt, wollte Sie aber auf alle Fälle gleich informieren.“
„Eins der Opfer studierte am Virginia Tech“, fiel Maggie ein. „Das könnte eventuell erklären, wie er sie kennen lernt. Vielleicht sogar, wieso die Frauen ihm so vertrauen, dass sie sich mit ihm treffen.“
„Glauben Sie, der Mörder könnte ebenfalls Student sein?“
„Ein Student käme mir zu jung vor für Morde von diesem Kaliber. Zwar mögen sich die Ursachen, die ihn zu seinen Taten treiben, seiner Kontrolle entziehen, aber die Komplexität seiner Verbrechen, die sorgfältige Planung, die Vorsicht, die er walten lässt und all das, das scheint mir doch auf eine gewisse Reife hinzudeuten.“
„Ich werde mal unter meinen Studenten herumfragen, wie man sich in so ein Spiel einklinkt. Ob man etwa eine Einladung braucht, oder ob da jeder mitmachen kann.“
„Gute Idee. Hoffentlich stellen Sie bei der Gelegenheit nicht fest, dass in dem Spiel auch ein Professor Adam Bonzado herumgeistert.“
„Ach was, ausgeschlossen! Meine Studenten sind begeistert von mir! Die habe ich allesamt mit einem uralten anthropologischen Zauber verhext. Der wirkt immer. Außer vielleicht bei einer bestimmten Profilerin des FBI.“
Ohne seinen letzten Satz zu kommentieren wünschte sie ihm eine gute Nacht. Vielleicht verstand er ja doch mehr vom Flirten als sie. Als sie ihr Handy abschaltete, bemerkte sie auf einmal, dass sie lächelte.
46. KAPITEL
Venezuela
Vater Michael Keller starrte auf den Laptop. Angesichts der beiden flackernden Öllampen kam ihm der helle Bildschirm wie ein Leuchtfeuer vor, das ihn zu Antworten führte, von denen er gar nicht wusste, ob er sie tatsächlich haben wollte. Mehrmals war seine Internetverbindung zusammengebrochen, doch wie ein Drogensüchtiger hatte er sich immer wieder eingewählt, obwohl ihm der langsame Aufbau der Verbindung gehörig auf die Nerven ging.
Er rieb sich die Augen, als könne er dadurch das Flimmern verscheuchen. Wieso, fragte er sich, hast du nicht eher daran gedacht? Warum war er nur so dumm gewesen, so naiv? Weshalb hatte er keinen Verdacht geschöpft? Nein, er hatte sich so dringend einen Freund gewünscht, einen Vertrauten, dass er die grell leuchtenden Warnsignale einfach nicht zur Kenntnis genommen hatte. Nicht mal die E-Mail-Adresse – „The SinEater“, der Sündenfresser – hatte ihn stutzig werden lassen. Er hatte das einfach nur originell gefunden, diesen geheimnisvollen Namen aus den alten katholischen Sagen, und nichts Bedrohliches gewittert. Dazu hatte ihm diese Person, die sich so heimtückisch seine Freundschaft erschlichen hatte, auch nie den geringsten Anlass gegeben. Bis jetzt!
Wieder und wieder hatte er die Artikel über die Morde an den beiden Priestern gelesen. Diesen Monsignore O’Sullivan, den hatte er mal flüchtig kennen gelernt, während seiner Amtszeit als Pfarrer zu „Saint Margaret“ in Platte City in Nebraska. Trotzdem hatte er keine Ahnung gehabt, warum ihm sein
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