Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
es so sehr, Larsons Lachen zu hören! Aber sie hatte ihn auch schon, bevor er an jenem Weihnachtsmorgen weggeritten war, lange nicht mehr lachen gehört.
Der Nachmittag ging in den Abend über, und Kathryn war froh, als alle anfingen, ihre Sachen zusammenzupacken und nach Hause aufzubrechen. Als sie Miss Maudies leeres Geschirr in den Wagen stellte, sah sie Gabe auf sich zukommen.
„Wo warst du die ganze Zeit, Gabe?“, schalt sie ihn verspielt und hatte die Hände in die Hüften gestemmt. „Ich habe dich den ganzen Nachmittag gesucht.“
Er schaute sie an, als wären ihr Hörner gewachsen. „Ich habe gearbeitet. Ich habe beim Bau des Schulhauses geholfen, und dann musste ich in die Stadt. Außerdem haben Sie mich das letzte Mal, als ich zu Ihnen hinüberschaute, nicht allzu sehr gesucht.“ Er bedachte sie mit einem Blick, der ihr ein Lächeln entlockte. „Ist Jacob noch da?“
Kathryn ließ sich von ihm auf den Wagensitz helfen. „Ja, er ist dort drüben und spricht mit dem Pfarrer.“
„Vielleicht will er mit uns zurückfahren. Ich frage ihn“, sagte er, bevor Kathryn etwas anderes vorschlagen konnte.
Jacob hatte an diesem Tag schwer gearbeitet. Er war im Laufe des Nachmittags ruhiger geworden, und Kathryn ahnte, dass er müde war und vielleicht lieber allein sein wollte. Aber zu ihrer Überraschung nickte Jacob und ging auf sie zu. Je länger der Tag dauerte, umso schlimmer war sein Hinken geworden. Sie beschloss, Miss Maudie nach einer Salbe zu fragen, die ihm helfen könnte.
Jacob band sein Pferd hinten an den Wagen und setzte sich auf die Ladefläche. Gabe sang auf dem Rückweg. Jacob stimmte in den Gesang nicht mit ein, und Kathryn zögerte, obwohl sie sich den Grund dafür selbst nicht erklären konnte.
Schließlich stieß Gabe sie verspielt mit seinem Ellenbogen an. „Kommen Sie, singen Sie dieses Lied noch einmal, das Sie heute Morgen gesungen haben, Miss Kathryn. Das war so schön.“
Widerstrebend sang Kathryn den ersten Vers. Ihr Blick wanderte nach Westen und sie genoss das orangerote Glühen des letzten Tageslichts, das hinter den hohen, schneebedeckten Gipfeln verschwand.
Sie fuhren einen Moment schweigend weiter. Man hörte nur das Klappern der Pferdehufe auf der harten Erde und das ständige Quietschen der Wagenräder.
„Würden Sie noch ein Lied singen?“
Kathryn konnte Jacobs Bitte kaum hören. Deshalb drehte sie sich zu ihm nach hinten, sah aber, dass er nach Westen schaute und den Sonnenuntergang betrachtete. Sie sang den Rest des Liedes und dann noch drei weitere Lieder. Eines davon war Larsons Lieblingslied. Sonderbarerweise brachte ihr dieses Lied Frieden statt Traurigkeit. Vielleicht war das ein gutes Zeichen. Vielleicht lernte sie doch zu akzeptieren, dass sie Larson und ihr gemeinsames Leben verloren hatte.
Aber wenn das stimmte, warum hatte sie dann trotzdem das Gefühl, er wäre auch jetzt bei ihr?
Kapitel 19
„G uten Abend, Mrs Jennings“, sagte Larson leise, als er auf sie zuging, da er sie auf dem Weg vom Haupthaus zu ihrem unbeleuchteten Häuschen nicht erschrecken wollte. Nach dem Abendessen hatte er vor dem Stall gesessen, den ungewöhnlich kühlen Juliwind genossen und gehofft, er würde sie sehen, bevor sie schlafen ging.
Er hatte seit dem Bau des Schulhauses am letzten Samstag zweimal mit ihr gesprochen, und Kathryn hatte geistesabwesend und ruhiger als sonst gewirkt. Er fragte sich, ob es ihr gut ging. Als er an jenem Abend ihre reine und klare Stimme gehört hatte, hatten ihre Lieder sich einen Weg durch seine Abwehrmauern gebahnt und seine Zweifel an ihr untergraben.
„Jacob.“ Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht, das ihm verriet, dass sie sich freute, ihn zu sehen. „Wie geht es Ihnen heute Abend?“
„Gut, Madam.“ Sie trug ein anderes schwarzes Kleid, das er bis jetzt noch nicht an ihr gesehen hatte. Larson war froh, dass seine Brille seine Augen verbarg und er ihre Schönheit bewundern konnte, ohne fürchten zu müssen, er würde sie durch seine Blicke beleidigen. „Ich dachte, es interessiert Sie vielleicht, dass heute Morgen wieder ein Kalb zur Welt kam. Ich sage Ihnen das nur für den Fall, dass Sie es irgendwann sehen wollen. Die Mutter will von dem Kleinen nichts wissen. Das Kalb ist deshalb hier im oberen Stall. Gabe hat gesagt, dass Sie das Tier vielleicht sehen möchten. Sie können kommen, wann immer Sie wollen. Ich werde dafür sorgen, dass Gabe da sein wird.“
Kathryn schaute ihn nachdenklich an. „Ja, das wäre schön.
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