Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
ihr stand und ihre Gesichter sich so nahe waren und er sah, wie sie zitterte, hob er die Hand, um seine Brille abzunehmen.
„Nein, Jacob.“ Sie wandte sich ab und legte die Hand auf ihre Lippen.
Larson fühlte, wie die Luft aus seiner Lunge wich. Sie hatte gedacht, er wolle sie küssen? Er trat verblüfft einen Schritt zurück.
„Es tut mir leid, Jacob. Ich … ich dachte, ich könnte das, aber ich kann einfach nicht“, flüsterte sie und sah ihn endlich an.
Ihre Augen verrieten Larson, was sie fühlte. Sie fand seine Berührung abstoßend. Wenigstens versteckte seine Brille den tiefen Schmerz, den ihre Ablehnung ihm zufügte. Die Wahrheit war die ganze Zeit unübersehbar gewesen. Er hatte sich nur mehr erhofft. Er könnte zwar Kathryns Freund sein, aber er würde nie wieder ihr Mann, ihr Liebhaber sein.
Die Klinke quietschte, als Kathryn die Tür hinter sich schloss.
Einige Minuten später ging Larson zum Stall und zog sich in die hinterste Ecke zurück, wo er in der Dunkelheit auf die Knie fiel und weinte.
Am nächsten Morgen stand Kathryn vor der Willow Springs Bank. Ein kühler Wind wehte durch die Straße. Während sie das Gebäude in seiner ganzen Länge und Höhe betrachtete, hatte sie das Gefühl, eine Situation aus der Vergangenheit neu zu durchleben. Der März schien eine Ewigkeit her zu sein.
„Ich fahre ein Stück weiter, Miss Kathryn“, rief Gabe aus dem Wagen. „Wenn Sie herauskommen, warten Sie hier bitte auf mich.“
Kathryn schaute sich um und nickte dankbar. Aber während Gabe den Wagen durch den Verkehr lenkte, stellte sie fest, dass sie noch nicht bereit war, Harold Kohlman gegenüberzutreten. Sie setzte sich in der Nähe auf eine Bank und schaute zu, wie die vielen Leute an ihr vorbeigingen, ohne Notiz von ihr zu nehmen.
Nach dem, was gestern Abend zwischen ihnen passiert war, hatte sie es nicht gewagt, Jacob zu bitten, sie in die Stadt zu fahren. Sie hatte ihn heute Morgen vor dem Stall gesehen. Er hatte sie gesehen, aber kein Wort gesagt. Sie hatte ihn eindeutig verletzt, obwohl das nie ihre Absicht gewesen war. Als er ihr so nahe gekommen war, um sie zu küssen, hatte sie das Gefühl gehabt, Larson zu betrügen. Kathryn fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Lippen. Trotzdem … fragte sie sich, wie es wäre, Jacobs Kuss auf ihren Lippen zu schmecken.
Sie schloss die Augen, als die herzzerreißenden Bilder von seiner vernarbten Haut vor ihrem geistigen Auge auftauchten. Tiefe, weiße Narben, die über seinen Brustkorb und Bauch verliefen, als hätte das Feuer ihm die Haut abgezogen. Mitgefühl stieg in ihr auf, und Tränen brannten in ihren Augen. Sie konnte sich nicht ausmalen, welche schrecklichen Schmerzen er hatte aushalten müssen. Kein Wunder, dass Jacob Angst vor Flammen hatte. Das würde jedem an seiner Stelle so gehen.
Herr, heile Jacob bitte weiter, innerlich und äußerlich. Ich fühle mich zu ihm auf eine Weise hingezogen, die ich selbst nicht begreifen kann. Das machte ihr Angst, denn in gewisser Weise überstieg das, was sie für Jacob empfand, sogar das, was sie für Larson gefühlt hatte. Aber es war anders. Bei Larson hatte sie sich zuerst nach seiner Berührung gesehnt und danach sein Herz kennenlernen wollen. Bei Jacob freute sie sich zu entdecken, wer er war. Aber sie wollte mehr, das war ihr klar.
Kathryn stand auf und zwang ihre Gedanken, sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, die vor ihr lag. Sie betrat das Bankgebäude und ging durch die vielen Menschen in der Eingangshalle zu dem Schreibtisch, hinter dem Mr Kohlmans persönliche Sekretärin saß. Kathryn wusste, dass ihr Besuch wahrscheinlich unerwünscht war, aber seit sie gestern Abend mit MacGregor gesprochen hatte, konnte sie ihre hartnäckigen Zweifel nicht mehr von sich abschütteln.
Mit der verzweifelten Hoffnung, dass die Antwort auf ihre Frage Nein lauten würde, sprach sie die Frau an. „Guten Morgen, Miss Stacey. Ist Mr Kohlman in seinem Büro? Ich muss mit ihm über meinen Kredit sprechen.“
Die attraktive brünette Frau schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, Mrs Jennings, aber er ist heute geschäftlich in Denver. Er ist morgen früh wieder da.“ Ihr Blick wanderte an Kathryn hinab. „Dauert es noch lang, bis das Baby kommen soll?“
Kathryn strich mit der Hand über die volle Rundung unter ihrem Kleid und war sicher, dass ihre Aufregung ihr deutlich anzusehen war. „Der Arzt sagt, dass ich wahrscheinlich noch mindestens zwei Wochen habe. Er hat gesagt, ich soll mit
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