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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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nicht.
    Er schloss die Augen und zwang sein rechtes Bein, sich wieder zu bewegen. Seine Muskeln beschwerten sich und er keuchte schwer. Müde von der Anstrengung beugte sich Larson vor, bis seine Unterarme auf der Gehhilfe lagen.
    „Dass du keine Kraft hast, liegt nicht an deinem Körper.“
    Mit neuer Entschlossenheit konzentrierte Larson seine ganze Energie auf sein rechtes Bein … und endlich bewegte es sich! Er zog es zwar halb vorwärts, aber dennoch – es bewegte sich! Als er es zur Tür geschafft hatte, schnaufte er vor Anstrengung und seine Arme fühlten sich wie Wachs an. Er lehnte sich gegen den Türrahmen, um sich abzustützen. Er konnte schon die Tischkante erkennen, aber sonst nichts.
    Er ging den nächsten Schritt und noch einen. Jeder mühsame Schritt war ein hart erkämpftes Zeugnis für die Entschlossenheit, von der er gedacht hatte, er hätte sie schon lange verloren.
    Sein Blick fiel zuerst auf Abby, die am Tisch saß. Ihre Blicke begegneten sich, und ein hoffnungsvolles Leuchten trat in ihre Augen. Als sie lächelte, schaffte er es, ihr Lächeln zu erwidern. Aber Isaiah war nirgends zu sehen. Egal. Fest entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen, kämpfte sich Larson weiter. Er hob sein linkes Bein und war mitten in seiner Bewegung, als sein rechtes Knie unter ihm nachgab. Er konnte sich nicht mehr festhalten. Er stellte sich auf einen schmerzhaften Sturz ein, aber er kam nicht.
    Starke schwarze Arme wie aus gehärtetem Stahl kamen aus dem Nirgendwo und hielten ihn fest. Nach einem Moment wagte es Larson, in Isaiahs Gesicht zu schauen.
    „Du hast es geschafft“, flüsterte Isaiah strahlend.
    „Oh, Larson“, sagte Abby von der anderen Seite des Raumes mit Freudentränen in den Augen. Sie schmunzelte.
    Isaiah drückte kräftig seine Schulter, und Larson zehrte von seiner Kraft. „Ich wusste, dass du es schaffen kannst. Du und der Herr im Himmel.“
    Zu seiner eigenen Überraschung lachte Larson erleichtert und fragte sich wieder, wie der Mann, der ihn festhielt, so unerschütterlich auf einen Gott vertrauen konnte, der so viel Schmerz in seinem Leben zugelassen hatte. Und auch in Abbys Leben. Isaiah hatte ihm neulich am Abend erzählt, dass Jesus ihn und Abby sicher in seiner Hand hielt, und Larson stellte fest, dass er das glauben wollte.
    Aber wie konnte er an jemanden glauben, der versprach, ihn in seiner Hand sicher zu beschützen, wenn er ihn trotzdem manchmal fallen ließ?

    Am nächsten Morgen frühstückten sie zu dritt am Tisch. Larson bemerkte die kurzen Blicke, die sich Isaiah und Abby zuwarfen, und ihr geheimnisvolles Lächeln. Als er die beiden schließlich danach fragte, holte Isaiah etwas unter seinem Sitz hervor und legte es neben Larsons Teller.
    Larson warf einen Blick auf das Buch und konzentrierte seine Aufmerksamkeit dann wieder auf sein Essen. Er war sich deutlich bewusst, dass sie ihn beobachteten und auf seine Reaktion warteten. Sein erster Gedanke galt Kathryn und wie sehr sie die Worte liebte, die unter dem ähnlich abgegriffenen Einband ihrer Bibel standen. Sein zweiter Gedanke, der von einer sonderbaren Gefühlsregung begleitet war, erinnerte ihn daran, dass er nie viel Sinn darin gesehen hatte, die Bibel zu lesen. Er sah immer noch nicht viel Sinn darin.
    Aber er wollte seine Gastgeber auch nicht beleidigen. Sie lasen jeden Morgen zusammen in der Bibel. Er hörte sie. Wie sollte ihm das in einer so kleinen Hütte auch entgehen? Trotzdem war er nicht der Typ, der etwas vorgab, das er nicht fühlte.
    „Abby und ich dachten, du hättest vielleicht Lust, heute Morgen mit uns zu lesen.“
    Larson zuckte die Achseln und versuchte, sich eine Möglichkeit einfallen zu lassen, wie er diese Einladung freundlich ablehnen könnte.
    „Du hast keine Angst davor, ein Buch zu lesen, das vor vielen hundert Jahren geschrieben wurde, oder?“ Isaiah schob ihm das Buch näher hin und straffte seine breiten Schultern in dem vergeblichen Versuch, ernst zu wirken, aber seine neckende Stimme verriet ihn. „Es sind nur Worte, die auf Papier getrocknet sind“, flüsterte er und wiederholte damit das, was Larson zu ihm gesagt hatte. Ein Lächeln spielte um Isaiahs Mund, und Abby kicherte leise neben ihm.
    Larson schaute von einem zum anderen und wusste, dass sie ihn ködern wollten. Aber er verdankte diesen beiden sein Leben. „Wo soll ich anfangen?“
    Isaiahs Augen strahlten mit einer neuen Wärme. „Am Anfang wäre nicht schlecht.“ Er überblätterte die ersten paar Seiten

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