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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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Nachthimmel zu betrachten, und streckte die Hand aus, als wollte er den Großen Wagen berühren. Wie hatte er je an Kathryn zweifeln können? Oder an ihrer Treue zu ihm?
    Aber er kannte den Grund, und seine Brust schmerzte, als er sich die Wahrheit vor Augen führte. Kathryn hatte die volle Wucht seines Misstrauens und Argwohns abbekommen, die von der Treulosigkeit seiner Mutter herrührten. Bilder von Misshandlungen durch die Hand seiner Mutter und durch die Hände ihrer unzähligen Liebhaber drängten sich in die Stille der Nacht. Eine bestimmte Erinnerung stach besonders heraus, und Larsons Magen zog sich zusammen, als er die Szene neu durchlebte …
    Seine Mutter saß in der Ecke eines schwach erhellten Schlafzimmers. Ihr Gesicht war wie eine Maske und ihre dunklen Augen waren glasig. Sie sah einfach nur zu, wie der fremde Mann ihren Sohn am Genick packte und ihn auf den Boden drückte. Larson konnte immer noch das Knacken seiner dürren Knie hören, als er auf dem nackten Holzboden aufschlug, und dann das Geräusch, als die Tür hinter ihm verriegelt wurde.
    „Zieh dein Hemd aus.“ Ein kranker Klang lag in der Stimme des Mannes. Er zündete sich eine Zigarre an und zog langsam daran. Das glühende Ende leuchtete bei jedem kräftigen Zug …
    Larson drehte sich unter dem sternenübersäten Nachthimmel zur Seite und konnte immer noch den beißenden Gestank der Zigarre riechen und sich an jede Einzelheit erinnern, die danach gefolgt war. Seine Augen brannten. Gott, lösche das aus meinen Erinnerungen. Genügte es nicht, dass er das einmal ertragen musste? Wie konnte eine Frau – seine eigene Mutter – so grausam und so gefühllos sein? Was hatte er getan, dass er ihre Liebe verloren hatte?
    Aber Kathryn war nicht wie seine Mutter. Das wusste er jetzt, und er hatte fest vor, ihr das für den Rest seines Lebens zu beweisen.

    Kathryn drückte sich näher an den Türrahmen der Pension, um dem Regen, der von dem abgeschrägten Blechdach lief, auszuweichen. Ein kalter Tropfen stahl sich irgendwie am Schutz ihres Mantels vorbei und lief über ihren Rücken. Sie erschauerte vor Kälte. Das karge Land brauchte den Regen, damit das braune Präriegras grün wurde und eine neue Ernte hervorbringen konnte, aber der schwere, wolkenverhangene Himmel verstärkte die Schwermut in ihrem Herzen noch mehr.
    Sie klopfte wieder und strich sich ihre nassen Haare aus dem Gesicht. Ihr Blick schoss in die Höhe, als die Tür knarrte, aber der Anblick, der sich ihr bot, war nicht ermutigend. „Könnte ich bitte mit der Vermieterin sprechen?“
    Eine große, knochige Frau blies sich eine graue Strähne ihrer dünnen Haare aus den Augen und verlagerte einen Berg Schmutzwäsche von einem Arm auf den anderen. „Ich bin die Vermieterin.“ Sie betrachtete Kathryn mit zusammengekniffenen Augen. „Wir sind im Moment völlig ausgebucht, falls Sie deshalb hier sind. Sie können im nächsten Monat noch einmal fragen.“
    Sie wollte schon die Tür schließen, aber Kathryn streckte die Hand aus. Der Gedanke, eine zweite Nacht im Bordell zu verbringen, weckte in ihr eine ungewohnte Kühnheit. Was sie gestern Nacht gehört hatte, hatte genügt, um sie heute den ganzen Tag durch den Regen und Matsch stapfen zu lassen. Sie würde sich nicht so leicht abwimmeln lassen.
    „Bitte, Madam. Ich brauche kein großes Zimmer, nichts Besonderes. Nur einen Platz zum Schlafen.“ Kathryn deutete auf die Schmutzwäsche in den Armen der Frau. „Und ich kann für Sie arbeiten. Ich kann waschen und putzen und kochen und …“
    „Ich habe gesagt, dass ich im Moment kein Zimmer frei habe. Und ich habe kein Geld dafür, dass meine Mieter ihre Rechnung durch Putzen und Kochen bezahlen. Diese Stadt macht eine schwere Zeit durch. Die Leute kämpfen ums Überleben …“
    „Ich erwarte dafür keine Bezahlung. Ich erledige die Arbeit und ich bezahle Sie für ein Zimmer.“ Solange es nicht mehr kostete als die magere Summe, die sie nach ihrem Besuch bei Mr Kohlman an diesem Morgen noch hatte.
    Die Frau musterte Kathryn vom Kopf bis zu den Füßen. „Stecken Sie in Schwierigkeiten, Mädchen?“
    Ja. Aber nicht in solchen, wie Sie meinen. Kathryn schüttelte den Kopf. „Ich brauche einfach einen Platz zum Schlafen.“
    „Dabei kann ich Ihnen leider nicht helfen.“ Sie wollte schon die Tür schließen, musste aber die Verzweiflung in Kathryns Gesicht gesehen haben, denn sie hielt inne. Sie schürzte die Lippen. „Sie könnten es auf der anderen Seite der Stadt beim

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