Die Rückkehr des Fremden (German Edition)
Pfarrer probieren. Manchmal nehmen er und seine Frau Leute auf, denen es schlecht geht.“
Kathryn nickte und fühlte, wie ihr eine Träne über die Wange lief, aber sie bezweifelte, dass die Frau das bemerkte. Sie war ohnehin nass bis auf die Knochen, und außerdem hatte die Frau schon die Tür zugemacht.
Kathryn trat wieder auf den Gehweg. Ihre Schritte waren genauso erschöpft wie ihre Hoffnung. Das war die letzte Pension in der Stadt gewesen, und beim Pfarrer war sie heute Morgen schon als Erstes gewesen. Ein Nachbar hatte ihr gesagt, dass der Pfarrer und seine Familie Verwandte besuchten, und hatte ihr den Weg zu den Pensionen in der Stadt beschrieben. Es war Spätnachmittag und das schwache Tageslicht wurde von den schweren, grauen Wolken am Himmel verschlungen. Obwohl alles in ihr sich gegen diesen Gedanken wehrte, kehrte Kathryn in die Richtung zurück, aus der sie an diesem Morgen gekommen war.
Sie wartete, bis ein Wagen vorbeifuhr, dann überquerte sie die matschige Straße und wich dabei den tieferen Pfützen und Schmutzhaufen so gut sie konnte, aus. Sobald sie wieder auf den Holzbrettern des Gehwegs war, schüttelte sie den Matsch von ihren Stiefeln. Sie beschleunigte ihre Schritte, als sie am Saloon vorbeiging. Kathryn vermied den Augenkontakt zu den zwei Männern, die im Türrahmen lungerten. Einer von ihnen stieß einen leisen Pfiff aus, auf den sie nicht reagierte, aber seine unanständige Bemerkung, die er ihr nachrief, trieb ihr die Röte ins Gesicht.
Wenige Minuten später kam sie an der Bank vorbei und erinnerte sich an ihr Gespräch mit Mr Kohlman an diesem Morgen. Er hatte gelacht – er hatte wirklich gelacht –, als sie ihm vorgeschlagen hatte, ihm den Kredit zurückzuzahlen. Sie verzog finster das Gesicht, während sie sich daran erinnerte, dass er ihre Bitte, ihr eine Ratenzahlung anzubieten, schlichtweg abgelehnt hatte. Seine Laune hatte sich jedoch etwas gebessert, als er feststellte, dass sie genug Geld mitgebracht hatte, um eine Monatsrate zu begleichen. Mr Hochstetler aus dem Kolonialwarenladen hatte ihr für ihre Möbel eine anständige Summe gezahlt, und Jake Sampson vom Mietstall war beim Rückkauf ihres Geschirrs großzügig gewesen. Aber Kohlman hatte das Geld nur widerwillig angenommen.
Sie hatte fast den Eindruck, als wäre es Kohlman lieber, dass sie nicht zahlte und ihr Land verlor. Aber warum?
Ein Schild in einem Ladenfenster erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie verlangsamte ihre Schritte.
Sie hielt sich schützend die Hand über die Stirn und sah nach oben. Hudsons Herrenschneiderei. Mit dem Gefühl, dass das ihre letzte Chance sein könnte, blickte sie auf ihren regendurchnässten Rock und den schlammverschmierten Saum hinab und hoffte, dieser Mr Hudson wäre großzügig und ließe sich vom ersten Eindruck, den sie in dieser Aufmachung abgab, nicht beirren.
Am Abend schlich Kathryn durch die Hintertür des Bordells in das kleine Zimmer hinter der Küche, das Annabelle ihr am Morgen gezeigt hatte. Es war nicht viel größer als ein Schrank. Sie zündete einen Kerzenstumpen an und schloss die Tür hinter sich. Dabei stolperte sie beinahe über ihre Truhe. Gabe musste sie irgendwann im Laufe des Tages gebracht haben. Sie freute sich darauf, ihn zu sehen, wenn auch nur, um ihn zu fragen, was in aller Welt er sich dabei gedacht hatte, sie an einen solchen Ort zu bringen.
Nachdem sie eine Weile nach einem Schloss getastet hatte, stellte sie fest, dass es an der Tür kein Schloss gab. Aber sie könnte hier sowieso nicht gut schlafen. Sie zog ihr feuchtes Kleid aus und hängte es an einen schiefen Nagel. Obwohl das Fehlen jeglicher Privatsphäre sie störte, konnte sie schlecht in ihren nassen Sachen schlafen.
Sie blies das kleine Flämmchen aus und kroch unter die Decke, die leicht nach Staub und Mottenkugeln roch. Sie nahm sich fest vor, nicht zu weinen. Aber ihre Gefühle waren stärker als ihr Wille und überwältigten sie. Noch eine Nacht, und sie könnte diesen furchtbaren Ort verlassen.
Mr Hudson war wirklich ein Gentleman gewesen, und nachdem er mit ihrer Nähkunst an einer Hose zufrieden gewesen war, hatte er eingewilligt, ihr eine Chance zu geben. Er war sogar bereit, ihr einen Schlafplatz im hinteren Teil des Ladens, wo die Wäsche gepresst wurde, zur Verfügung zu stellen. Ab morgen könnte sie bei ihm anfangen und in seinem Laden schlafen. Sie hatte dort nicht wirklich ein eigenes Zimmer, aber es genügte vorerst. Diese Lösung war weitaus besser als die
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