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Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Die Rückkehr des Fremden (German Edition)

Titel: Die Rückkehr des Fremden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Alexander
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dass sie ihm nachschaute, drehte sich aber nicht um. Nach ein paar Schritten gab sein rechtes Bein nach. Er stolperte und stürzte fast. Ihm wurde bei dem Gedanken, dass sie das gesehen haben könnte, ganz heiß. Ohne sich umzudrehen, nahm er sein rechtes Hosenbein in die Hand, biss die Zähne zusammen und zog sein Bein bei jedem Schritt vor.
    Als er zurück im Stall war, nahm er seine dunkle Brille ab, warf eine Decke aufs Stroh und legte sich darauf. Er sehnte sich nach Abbys warmen Mineralbädern. Er zog seine Hose und sein Hemd aus und goss den letzten Rest der braunen Tinktur auf seine Hände. Er rieb sie auf die schmerzenden Muskeln in seinen Beinen und seinen Schultern und legte sich dann zurück. Sein Körper war dankbar für die Entspannung, aber sein Verstand war zu aufgedreht, um schlafen zu können.
    Nach einer Weile nahm er seine Bibel und humpelte wieder hinaus, an mehreren Schlafbaracken vorbei zu einer Stelle, wo noch Licht aus einem der Fenster fiel. Stimmen drangen nach außen. Er setzte sich unter das Fenster, lehnte sich an die Holzwand der Baracke und hielt die Bibel ein wenig nach oben ins Licht. Er begann, dort weiterzulesen, wo er gestern Abend aufgehört hatte, im ersten Petrusbrief.
    Noch eine Woche, und er hätte zum ersten Mal die ganze Bibel durchgelesen. Mit einem Seufzen dachte er daran, wie stolz Isaiah und Abby auf ihn wären. Eine Minute lang wünschte er sich, er wäre wieder bei ihnen in ihrer Hütte, beschützt, geliebt und umsorgt. Kathryn wäre auch stolz auf ihn, aber sie würde es nie erfahren.
    Larsons Blick blieb an einer bestimmten Formulierung hängen, und er merkte plötzlich, dass er mit seinen Gedanken woanders gewesen war. Er richtete sich auf und las die Verse noch einmal. Seine Kehle zog sich zusammen, als er die Worte leise aussprach.
    Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird …
    Durch Feuer geläutert.
    Er fuhr mit dem Finger die Worte nach, obwohl er das glatte Papier unter seiner vernarbten Haut gar nicht richtig fühlen konnte. Er hatte diesen Satz schon früher gehört. Wahrscheinlich hatte Kathryn ihn eines Abends vorgelesen, als er nur mit halbem Ohr zugehört hatte. Sein Herz verschlang diese Worte, während seine Augen weiter über die Seite wanderten.
    Denn alles Fleisch ist wie Gras und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen; aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit.
    Er verstand nicht alles, was er las, aber einige der Verse klangen, als hätte Gott sie nur für ihn bestimmt.
    So legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch … Er las weiter bis zum Ende der Seite. Da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand … der unsre Sünde selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz … Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.
    Der Anfang des dritten Kapitels hinterließ einen bitteren Nachgeschmack in seinem Mund, und Larson wusste, dass er in seiner Ehe Kathryn nicht wie eine Miterbin an der Gnade des Lebens behandelt hatte. Und das hatte seine Gebete behindert. Und ihre zweifellos auch. Er las weiter bis zum fünften Kapitel.
    So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit. Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
    Als das Lampenlicht im Fenster über ihm einige Zeit später erlosch, stand Larson leise auf und ging zum Stall zurück. Er legte sich hin und zum ersten Mal seit Monaten schlief er die Nacht durch, ohne aufzuwachen.

Kapitel 17
    A ls sie am nächsten Morgen die Wäsche aufhängte, sah Kathryn ihn wieder aus der Ferne. Den Mann, der ihr die Truhe gebracht hatte. Sie erkannte ihn sofort – die Strickmütze, die er eng auf dem Kopf sitzen hatte, den Stoppelbart. Obwohl seine Narben im Halbschatten nicht richtig zu sehen gewesen waren, konnte sie sie nicht vergessen.
    Während er ein Pferd aus dem Stall zur umzäunten Koppel führte, beobachtete Kathryn den Mann, der ihr in der letzten Nacht den Schlaf geraubt hatte. Wie konnte ein Mann so viel mitteilen, obwohl er so wenig

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