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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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mich von den Toten zurück.
    – Du solltest bei dieser Kälte nicht einschlafen, sagte er.
    Sein Atem streifte mein Gesicht.
    – Du solltest in deinem Bett liegen.
    – Ich habe nicht geschlafen.
    – Schon gut, sagte er und trat einen Schritt zurück. – Ich mache jetzt Licht.
    – In Ordnung.
    Er lächelte, als das Licht in alle Ecken fuhr. Gut sah er aus mit seinem grauen Schal und einem Mantel, der noch nie einen Graben gesehen hatte.
    – Wo ist meine Tochter?
    – In Sicherheit.
    – Wo ist sie?
    Er lächelte immer noch. – An einem Ort ihrer Wahl.
    – Ich will sie sehen.
    – Aye.
    Unentwegt lächelnd.
    – Wirst du auch.
    – Wann?
    – Herrgott, Henry, du hast jetzt Zentralheizung und alles. Warum stellst du sie nicht an?
    – Wann?
    Er wartete, bis er wusste, dass ich hinhörte.
    – Es ist alles vorbereitet.
    Er ging zur Spüle.
    – Ich mach mal Tee, sagte er, – und dann hab ich dir einiges zu erzählen.
    Er drehte den Wasserhahn ab und stöpselte den Kessel ein. Leicht vorgebeugt wartete er, bis der Kessel anfing zu summen. Dann drehte er sich um und sah mich an.
    – Wir sind startklar.
    – Wo ist sie?
    – Ich sag’s nur einmal. In Sicherheit.
    – Wo ist sie?
    – Himmelnochmal, Henry, du kennst dich doch aus. Wenn ich sage, dass sie in Sicherheit ist, ist sie in Sicherheit. Tee?
    – Nein.
    – Okay. Ich mach mal eben welchen für die Jungs, dann können wir reden.
    Er war nicht allein. Draußen waren vermutlich ein Fahrer und noch ein Mann. Zwei zuverlässige Typen, die auch ihr Leben gegeben hätten. Er bewegte sich jetzt wie jemand, der sich in Sicherheit befand. Die Steifheit war weg. Der geborene Anführer: Er wusste sogar, wie viel Zucker seine Leute nahmen.
    – Hast du ein Tablett?
    – Nein, sagte ich.
    – Wetten, dass du eins hast? Aber lass gut sein.
    Er machte die Haustür auf, kam noch mal zurück und nahm zwei Becher von der Arbeitsfläche.
    Sehr schnell war er wieder da und stieß die Tür zu.
    – Das hätten wir.
    Er holte sich seinen Becher, kam wieder zu mir und zog sich einen Stuhl heran.
    – Bist du einsatzbereit?
    Ich wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen – aber nur eine Sekunde lang.
    – Für welchen Einsatz?
    Er hatte die Heizung angestellt, aber ich war noch so steif, dass ich das Gefühl hatte, schon beim Reden könnte ich in Stücke brechen.
    – Folgendes: Wir müssen dich auferstehen lassen.
    – Wieder eine Gedenkfeier?
    – Aye.
    – Nein.
    – Aye.
    Er sah mich groß an.
    – Der Krieg ist vorbei, Henry.
    Ich hatte morgens keine Nachrichten gehört, aber ich wusste, dass er log.
    – Das Land ist wiedervereinigt?
    – Aye.
    – Du redest Scheiße.
    Er griff nach seinem Becher. Den zieht er dir jetzt über den Schädel, dachte ich.
    – Ist schon verständlich, wenn du das sagst.
    Er nahm einen Schluck und stellte den Becher wieder hin.
    – Die meisten Leute würden es nicht so sehen, sagte er.
    Er hatte den Becher noch in der Hand.
    – Es wird eine Weile dauern, bis sich die Nachricht verbreitet hat, sagte er. – Besonders, weil es erst mal eine ganze Weile keine Meldungen darüber geben wird.
    Er hob den Becher, aber er trank nicht.
    – Der bewaffnete Kampf wird weitergehen, sagte er. – Aber der eigentliche Kampf ist vorbei.
    – Den Mist hör ich nicht zum ersten Mal.
    – Auch das kann ich verstehen, sagte er. – Aber du liegst falsch. Er schüttete den restlichen Tee herunter.
    – Jetzt hör mal zu, sagte er. – Worum ging es in dem Krieg?
    Damit hatte er mich erwischt: Ich wusste es nicht. Ich wusste es, aber ich konnte nicht denken.
    – Ich sag’s dir. Es geht um die Frage, was Irischsein bedeutet.
    – Kapier ich nicht.
    – Bei dem bewaffneten Kampf ging es um die Definition des Irischseins. Nie um Gebiete. Die Republikaner wollen die Unionisten nicht nach Schottland zurückschicken. Einige von uns glauben das zwar, aber ich sage dir hier und jetzt, dass das nicht stimmt. Verstehst du das?
    – Yeah.
    – Aye. Es ist eine kleine Insel, aber sie hat Platz für uns alle.
    Er hatte feuchte Augen.
    – Platz für uns alle. Jetzt.
    – Und warum dann der Krieg?
    – Hab ich doch gerade gesagt, Henry. Es geht ums Copyright. Die Marke. Wem gehört das irische Wesen, das Irischsein?
    Er wartete auf eine Antwort.
    – Uns allen.
    – Falsch, sagte er. – Uns.
    – Uns?
    – Aye. Der Sinn Féin.
    Er lächelte. – Alle anderen Definitionen haben wir niedergeknüppelt.
    Dann war das Lächeln weg.
    – Es wird Gespräche geben, sagte er. –

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