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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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kommen dran, wenn ich die für Al fertig habe.
    Zwei Wochen später hatte ich sie. Der Schuster holte sie unter einer Bank hervor, nahm ein Tuch aus seiner Gesäßtasche, schnippte und rieb den Staub vom Leder. Er stellte die Stiefel nebeneinander auf die Bank.
    Ich schob meinen Holzfuß in Alligatorleder und spürte eine neue Anschmiegsamkeit. Ich stellte mich gerade hin, rief meinen Rücken zur Ordnung und sah nach unten, wo meine Hosenbeine über die neue Haut fielen. Ich zählte das Geld ab, faltete die Scheine einmal und gab sie ihm.
    – Ich hab einen speziellen Aufbau gemacht, an der Stelle, wo der Holzfuß hinkommt, sagte er. – Der Stiefel wird länger halten als das Holz.
    – Ist die Frau noch bei Ihnen?
    – Immer noch, sagte er.
    – Das ist gut.
    – Können Sie laut sagen.
    Und damit zog ich ab.
    Der neue Mann, der alte Mann. Der neue und der alte Mann. Ich war Henry Smart. Ich war kein Gespenst oder Schatten, kein löchriger Sack voller Erinnerungen und Bitterkeit. Ich lebte. Ich atmete ein und genüsslich wieder aus.
    Ich sah auf die Stiefel herunter. Und alle anderen machten es genauso. Sie guckten nach unten und wieder hoch, und da war ein Mann, den kennenzulernen sich lohnen würde. Das konnte ich stundenlang durchhalten, ohne mich zu verkriechen.
    – Gute Stiefel, sagte Ford.
    – Die Stiefel sind nur die halbe Wahrheit, sagte ich.
    Ich sah die Unruhe unter den Brillengläsern: So langsam wurde ich zu dem Mann, den er aus mir hatte rauslocken wollen. Ich war mehr, als er verkraften konnte.
    Ford lächelte.
    Er hatte Mist gebaut.
The Quiet Man
würde nicht sein nächster Film sein. Sie hatten einen Deal gemacht. Die Einzelheiten kannte ich nicht, war auch nicht nötig, ich hätte sie doch nicht kapiert. Egal – sie hatten einen Deal mit einer der Filmgesellschafen gemacht, mit RKO Radio oder so. Die Namen änderten sich, die Gesichter änderten sich. Niemand wollte unseren Film machen, weil niemand bereit war, dafür zu zahlen. Aber irgendwann würde es klappen, Ford würde die Finanzierung hinkriegen – schönes Wort:
Finanzierung
. Wenn ich es hörte, sah ich immer eine Frau die Hüften schwingen. Er würde die Finanzierung für
The Quiet Man
hinkriegen, aber nur, wenn er vorher einen anderen Film drehte, der schnell in die Gewinnzone kam. Kein Kunststück, schließlich machte er das ja schon seit Beginn des Jahrhunderts. Ein Film noch – dann konnten wir loslegen.
    Er drehte den Film.
The Fugitive
. Ich hab ihn nicht gesehen. (Obwohl ich mich damals immer mal wieder in ein Kino schummelte.) Henry Fonda spielte mit und eine Frau mit einem Namen, der mich aufhorchen ließ. Dolores del Rio. Ich hatte sie nie gesehen, aber ich wusste, dass sie umwerfend war. Ford, Fonda, del Rio – Titten und Pferde. Konnte nicht schiefgehen. Ging es aber doch. Der Deal platzte. Kein Geld für Irland.
    Er hatte es mir noch nicht erzählt. Niemand hatte es mir erzählt. Aber ich wusste Bescheid.
    – Komm mit, sagte er.
    Er stand auf und ging in sein Büro. Auf dem Fußboden standen Pappkartons, und die Fotos, die an den Wänden gehangen hatten, die Schauspieler und Pferde, waren weg. Die leeren Stellen an der Wand sagten genug: Das Studio hatte ihn rausgeschmissen.
    Dann sah ich den Klappstuhl – und die Rückseite.
    H. SMART. AUTOR
    Weiße Buchstaben auf schwarzem Segeltuch. Ich setzte mich. Es war derselbe Stuhl, er fühlte sich an wie immer, wenn ich mich reinsetzte. Nur die Buchstaben waren neu.
    Und das war in Ordnung. Ich war H. Smart, ein Autor auf der Gehaltsliste. Wir drehten einen Film. Er sagte nichts zu den neuen Buchstaben. Ich hörte Meta Sterne hinter mir. Sie sagte auch nichts.
    Aber ich konnte sie in meinem Rücken spüren.
    – Die IRA, sagte Ford.
    – Ja?
    – Kannst du vergessen, sagte er.
    Das Verhör ging wieder los. Erst würde er mich zusammenschlagen, dann würde er mir aufhelfen und mich abklopfen. Ich hielt den Mund.
    – Ich hab denen Geld gegeben, sagte er. – Denen von der IRA. Ich hab gespendet. Manche kenne ich persönlich.
    Er beugte sich vor.
    – Der Kampf ist noch nicht vorbei, stimmt’s?
    Die harten kleinen Augen hinter den Brillengläsern schienen auf mich einzustechen.
    – Was wollen Sie? fragte ich.
    – Ich will, dass du vergisst, was du denkst, sagte er. – Du hast viel durchgemacht. Würdest du es gegebenenfalls noch mal machen? Wahrscheinlich würdest du Nein sagen. Hab ich recht?
    – Weiß nicht, sagte ich.
    Er nickte. Zweimal.
    – Gut, sagte er. – Das

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