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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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Schicksal angenommen. Und der Kampf ging weiter – Bataan, Normandie, 38. Breitengrad. Fords Geschichten waren im Grunde alle eine einzige Geschichte: Amerika war im Recht.
    Er ließ sich Zeit mit dem verdammten Essen. Ich war schon halb verhungert.
    Und genauso lief es auch hier, in Cong. Es gab kein Dublin, keine Slums. Irland – das war ein Dorf namens Innisfree. Das Maschinengewehr war nicht mehr auf dem Lenker, und das Fahrrad hatte jetzt zwei Sättel mit einem Abstand von anderthalb Fuß. Der
Quiet Man
würde der Traum der Auswanderer sein, sanft und grün, und Irland würde mitmachen. Die Welt würde den Film sehen, und Irland würde der Welt geben, was sie gesehen hatte. Vor den Fenstern des Schlosses lag das Dorf Cong, ich hatte seine hungrigen Gesichter gesehen, die sich seit 1922 nicht geändert hatten. Aber sie würden es nicht in den Film schaffen. Die Statisten würden rote Backen haben und strahlen. Das würde Fords Irland sein.
    Aber er hatte recht, er hatte mich von Anfang an eingebunden. Ford konnte nichts dafür, und Frank Nugent konnte nichts dafür. Ich hatte lange vor Frank Nugent den Lügengeschichten Tür und Tor geöffnet.
    Ich hörte Schritte. Mehr als eine Person.
    Schuld war ich allein.
    Silberne Tabletts erschienen und zwei Männer in weißen Jacken. Sie sahen mich in Fords Bett sitzen und taten, als ob sie sich nicht wunderten.
    Niemand hatte Schuld. Meine Tochter hatte mir die Stirn geküsst. Ich hatte einen Ort erfunden, an dem das passieren konnte. Ford hatte einen Ort erfunden, an dem die Iren zur Ruhe kommen konnten. Wo Fäuste nicht weh taten. Eine dicke fette Lüge, aber eine liebenswerte.
    Es gab das übliche Hin und Her. Das Zimmer wurde zum Set, und Ford führte Regie. Die Speiseglocken wurden von den Tellern gehoben. Er zeigte den Butlern, wie man den Kaffee einschenkte. Sie guckten und lernten was dazu.
    Ich stieg aus dem Bett, ohne dass sie hinsahen, und ging die Treppe runter. Ich hatte in Stiefeln und mit dem Holzbein geschlafen. Ich schnappte mir eine volle Tasse.
    – Danke, Jungs.
    Ich hörte mich reden, Darsteller in diesem albernen Film – und zufrieden mit meiner Rolle. Ich ging die Treppe wieder hoch.
    Die Jungs machten die große Tür sehr leise zu, und Ford brachte mir mein Tablett ans Bett. Er nahm die Stufen vorsichtig, ich hörte, wie er sich konzentrierte. Ich zog die Stiefel aus, behielt aber das Bein an. Er setzte mir das Tablett auf den Schoß.
    – Gut gemacht.
    – Reicht das?
    – Scheint okay zu sein.
    Er ging wieder nach unten und holte sein Tablett.
    Ein riesengroßer weißer Teller. Würstchen, gebratener Speck, Blutwurst, zwei Eier, Röstbrot – selbst das Essen war aus dem
Quiet Man
. Ich liebte mein Land.
    Ford stieg aufs Bett und schob dabei sein Tablett vor sich her wie einen Rettungsring.
    – Ist das recht so?
    – Annehmbar.
    Ich aß mit einer Hand. Unsere Gabeln, sein Messer klapperten auf den Tellern, und die alten Männer schluckten so geräuschlos, wie sie konnten. Als mein erster Hunger weg war, stellte ich ihm eine Frage.
    – Warum ich?
    – Was?
    – Warum haben Sie sich so abgemüht, um die Geschichte aus mir rauszuholen?
    – Gehört zum Ablauf.
    Er spielte an dem fetten Speckrand rum und schnitt ihn weg. Ich angelte mir den Streifen mit der Gabel und schwenkte ihn vor seiner Nase.
    – Sie sind kein Ire, Mann.
    Einen Augenblick wirkte er wie ertappt und sah aus, als ob er mir den Speck von der Gabel nehmen wollte.
    – Das hab ich kommen sehen, sagte er.
    – Von wegen.
    – Ich wollte ihn mir noch aufheben.
    – Gehört zum Ablauf, haben Sie gesagt.
    – Okay, sagte er. – Ich will mich eigentlich nicht wiederholen, aber gut: Angefangen haben wir mit deiner Geschichte. Wir schreiben sie auf, arbeiten sie in die Geschichte von Walsh ein, und dann könnte es eigentlich losgehen. Aber dann stellt sich die Frage, die große Frage ... Wart mal einen Augenblick.
    Er griff nach seinem Kaffee, schüttete sich den größten Teil in den Mund, schlürfte und schluckte.
    – Die Frage nämlich: Wofür kämpft eigentlich Henry? Oder Seán. Wir müssen diesen Ort sehen, für den es sich zu sterben lohnt. Das ist das Großartige an Monument Valley. Der trostloseste Ort der Welt, für den es sich trotzdem zu kämpfen lohnt. Die schiere Größe, das Gefühl, dass es der übelste Ort der Welt ist, so dass das Land hinter den Apachen und hinter dem Horizont das Beste sein muss. Das ist Amerika. Richtig?
    Ich nickte.
    – Also, sagte er. Ist es

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