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Die Rueckkehr des Henry Smart

Die Rueckkehr des Henry Smart

Titel: Die Rueckkehr des Henry Smart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roddy Doyle
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Ich hab in zwei Kriegen gekämpft, ich hab ein paar der besten Filme gedreht, die es je gegeben hat. Ich habe im Alleingang den Wilden Westen erobert. Ich habe ihnen John Wayne geschenkt und eine Story. Ich habe meine politische Meinung geändert, verdammt noch mal. Aber ein richtiger Amerikaner bin ich nicht.
    – Doch.
    – Nein, sagte er. – Ich bin Ire. Aber du würdest das wohl bestreiten.
    Ich zuckte die Schultern, und der Schmerz schoss an meinem Arm hoch.
    – Das ist das Problem mit Amerika, sagte er. – Und ich schätze, es wird noch schlimmer kommen.
    – Was?
    – Das Land ist voll von Menschen, die nie Amerikaner sein werden. Sie versuchen’s nach Kräften, aber das Klassenziel werden sie nicht erreichen. Sie werden in allen Teilen der Welt sterben. Sie werden ihr Haar färben und ihre Haut bleichen, aber es wird nicht klappen. Sie werden sich an neue Religionen ranschmeißen oder versuchen, sich den Eintritt zu erkaufen, aber es wird nie reichen. Das ist das Geheimnis, Henry, und das gedenke ich für mich zu behalten.
    – Das Geheimnis?
    – Allemal. Ich behalte es für mich, damit niemand merkt, dass es eins gibt. Ich hab ihnen Duke geschenkt und Jimmy Stewart und den ganzen Humbug des American Way of Life, dafür haben sie mich zum Ehrenmitglied gemacht.
    Das konnte ich verstehen, aber Amerika war groß genug für jede Form der Sinnsuche. Ich hatte es genauso gemacht, hatte Amerika erfunden, nachdem ich auf Ellis Island gelandet war. Jeden Tag neu.
    – Aber ich habe mein Irland, sagte er.
    Er tippte sich an die Schläfe.
    – Hier drin, sagte er. – Wenn du mir das nimmst, bin ich tot.
    Ich hörte, wie er auf dem Kissen den Kopf bewegte. Er sah zu mir hin.
    – Ich hab’s versucht, sagte er.
    Ich guckte ihn an, aber nicht lange.
    Ich wusste noch nicht, was er meinte, und wusste nicht, ob ich es wissen wollte. Ich war wieder reif für eine Runde Schlaf. Es war schön dort auf dem Bett. Noch nie war ich so locker gewesen. Ich überlegte, ob ich die Augen zumachen oder ob ich versuchen sollte, sie offen zu halten.
    Er knuffte leicht meine Schulter.
    – Was ist?
    – Wach auf.
    – Ich schlafe nicht.
    – Du bist extra hergekommen, um mich anzuhören, sagte er. – Ich hab mir den Tag freigenommen. Zum ersten Mal im Leben.
    – Schön. Also dann weiter im Text.
    – Ich wollte diesen Film machen. Unbedingt. Als wir uns kennenlernten, im Monument Valley, habe ich mich in die Story verliebt. Schon vorher, noch ehe wir uns begegnet sind. Für mich war sie schon im Kasten. Du erinnerst dich?
    – Yeah, sagte ich.
    – Eben.
    – Ich erinnere mich.
    – Na großartig, sagte er. – Aber ich konnte es nicht. Die Morde.
    – Blödsinn, sagte ich. – Sie haben in Ihren Filmen Hunderte von Leuten umgebracht. Tausende, verflucht noch mal.
    – Das war was anderes.
    – Wieso?
    – Soldaten und Indianer. Meist Indianer. Die zählen nicht. Die Indianer lieben mich, aber sie zählen nicht. Traurig, aber wahr. Keiner interessiert sich für sie. Nicht mal die Indianer selber. Ist wohl eine Frage der Propaganda. Eroberung des Westens und so weiter. Indianer, Japse, Kommunisten. Ich hab meine Rolle gespielt. Und wie gesagt – ich bin Ehrenmitglied geworden. Hab genau gewusst, was ich tat. Habe einen Ort erfunden, der mich aufnehmen würde. Verstehst du mich?
    – Ich denke schon.
    – Aber hier konnte ich das nicht machen, sagte er. – Ich will nicht, dass hier überall tote Apachen und Navajos rumliegen.
    – Was soll der Scheiß?
    – Bis zu einem gewissen Punkt könnte ich es zeigen, sagte er. Den Kampf und deine Rolle darin. Die Briten wären die Apachen, nur schlimmer. Böse Bleichgesichter. An der Stelle komme ich ein bisschen durcheinander, vielleicht wären auch wir – die Iren – die Apachen.
    Er war den Provos – den Leuten der Provisional Irish Republican Army – um Jahre voraus.
    – Die Rebellen, sagte er. – Du wärst Geronimo. Und wir würden gewinnen. Aber ich brauche ein Happyend.
    – Warum?
    – Ich bin der Ire aus den Comics. Wie alle Iren und Irinnen in Amerika. Hör zu.
    Ich sah durch die schwarze Brille in die Augen dahinter. Ein, zwei Sekunden waren die Brillengläser nicht da, Ford versteckte sich nicht
    – Ohne unsere Nostalgie würden wir sterben, sagte er, – wären wir Nullen. Menschen ohne Land. Den Ort mag es nicht geben, Henry, aber wir brauchen ihn. Und die Italiener und Schweden, die Russen und alle anderen brauchen die Heimat in ihren Köpfen. Du auch.
    – Nein.
    –

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