Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
gegenüber dem Rinnsal aus Erdblut. Starr vor Schock tat Jeremiah das Gleiche. Keiner der beiden war ausgerutscht.
Linden schlug schwer hin, glitt an ihnen vorbei. Als sie aufprallte, begann sie zu rutschen und glitt immer weiter, als würde sie nie mehr zum Stillstand kommen. Sie spürte nur den Aufprall, aber keine Reibung, kein Schürfen, wirklich nichts, das sie hätte bremsen können. Genau das wollte sie. Darauf hatte sie gezählt. Sonst wären Covenant und Jeremiah ihr vielleicht wieder zuvorgekommen.
Aber ihr Gleiten brachte sie näher an das Rinnsal heran. Linden wusste nicht, was geschehen würde, wenn sie in das Erdblut stürzte, aber sie bezweifelte, dass sie ein Eintauchen überleben würde. Mehr aus Instinkt als aus Absicht ließ sie ein Ende des Stabs über den Fels scharren.
Der Eisenschuh schien keinen Widerstand zu finden. Trotzdem begann sie an Fahrt zu verlieren. Binnen fünf oder sechs Schritten – und nur eine Handbreit vor dem Rinnsal – kam sie zum Stillstand. Covenants Flüche folgten ihr den Tunnel entlang. Sie kamen rasch näher, als Jeremiah und er sich beeilten, sie einzuholen.
Während die Tränen ihr weiter unablässig über das Gesicht rannen, entlockte Linden dem Stab eine sonnengelbe Flamme: eine feurige Lohe, die auf seiner gesamten Länge austrat. Einen Augenblick lang flackerte sie wie von der Gegenwart des Erdbluts gedemütigt, doch dann loderte sie so stark wie noch nie. Und während der Feuerschein den Tunnel erhellte, nutzte sie diese Anwendung von Erdkraft, um wieder Fuß zu fassen, damit sie sicher stehen konnte. Dann warf sie sich herum und stellte sich ihren Gefährten entgegen, als seien sie zu Feinden geworden.
Covenant kam wenige Schritte vor ihr stampfend zum Stehen. Sein Feuer war ihm aus der Hand gefallen; als er jetzt dastand und sie anstarrte, wurde sein Gesicht nur mehr von ihrem Licht erhellt. Jeremiah kam zögernd einen Schritt näher, dann verharrte auch er. Auf seinem geliebten Gesicht leuchtete helle Verzweiflung.
»Höllenfeuer und Verdammnis, Linden!«, wütete Covenant. »Was zum Teufel soll dieser Scheiß?«
»Mama, was ist passiert?«, keuchte Jeremiah. »Bist du gestürzt? Hast du dir wehgetan? Versuchst du, uns zu bannen? «
Das Holz, das du für dich beanspruchst, muss sie besiegen ... Linden umklammerte grimmig ihren Stab und wankte nicht. Du musst die Erste sein, die von dem Erdblut trinkt. Sie versperrte ihren Gefährten den Weg zu ihrem Ziel.
Esmer hatte sie indirekt auf ihr Zusammentreffen mit den Gräuelingern vorbereitet. Hatte er sie auch verraten?
»Unsinn«, sagte sie schwer atmend und täuschte Ärger vor, um ihren Kummer und ihre Entschlossenheit zu tarnen. »Natürlich habe ich nicht vor, euch zu ›bannen‹. Ihr wart nie in Gefahr. Hier gibt es mehr Macht, als ich je hätte aufbieten können. Und als Berek Covenant angefasst hat ...«
Sie verstummte, vergeudete ihre schwachen Kräfte nicht für Beschuldigungen. Als Covenant wieder zu fluchen begann, machte sie einen Schritt rückwärts. Und noch einen.
»Du hast gesagt, dass zwischen uns Klarheit herrschen soll«, erinnerte sie ihn. »Das will ich auch. Ich ...« Sie verzog das Gesicht. »... traue dieser Situation nicht.«
»Linden.« Covenant wurde plötzlich ganz ruhig. Er vermied es, ihrem Blick zu begegnen, ließ sie seine Augen nicht sehen. Aber seine Stimme klang fast sanft. »Du brauchst wegen dieser Sache keinen Streit anzufangen. Sprich mit uns. Sag uns, was du willst. Wir finden gemeinsam eine Lösung.«
Sie ging weiter langsam rückwärts, konnte weder ihn noch Jeremiah deutlich sehen; ihre Augen tränten, und die Schleimhäute ihrer Nase brannten von Erdkraft.
»Das behauptest du.« Sogar jetzt log sie, ohne zu zögern. »Das Problem ist nur, dass ich nicht mehr mit dir diskutieren kann.« Machte Covenant wahr, was er angekündigt hatte – und gelang es Linden, ihren Sohn zu retten –, würde sie hier zurückgelassen werden: zehntausend Jahre vor der Zeit, in die sie gehörte. »Du hättest zu viele Argumente parat, und ich könnte nicht mehr klar denken.« Allein ihre Anwesenheit, ihre Macht konnte ausreichen, die Geschichte des Landes zu verändern und den Bogen der Zeit zu zerstören. Der Thomas Covenant, den sie gekannt hatte, hätte ihr das nicht zugemutet oder von ihr erwartet. »Deshalb werde ich einfach als Erste von dem Erdblut trinken. Ich werde Jeremiah mit intaktem Verstand aus Lord Fouls Klauen befreien. Ich werde dafür sorgen, dass er auch
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