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Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Titel: Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Arm und versuchte, Stave von den Beinen zu holen. Aber Stave ging rasch in die Hocke und nutzte Clymes Griff dazu, den Gedemütigten zu Boden zu stoßen.
    Clyme kam hart auf. Vielleicht brach er sich sogar die Schulterblätter. Jedenfalls hätte der Aufprall ihm die Luft aus der Lunge drücken müssen. Aber er war ein Haruchai und reagierte deshalb kaum. Er ließ nur Staves Arm los, um zu signalisieren, er akzeptiere seine Niederlage.
    Stave stand wieder auf. Während Clyme sich aufrappelte und zu den anderen Meistern zurückging, wartete Stave auf den letzten Gedemütigten.
    »Mein Gott!«, flüsterte Linden Liand und Mahrtiir zu. »Sie können seine Gedanken nicht lesen, aber er noch immer die ihrigen. Er weiß genau, was sie vorhaben.«
    So hätte er sich vermutlich sogar als Blinder gegen seine eigenen Leute verteidigen können. Im Lauf der Jahrtausende waren die Haruchai von ihrer Telepathie abhängig geworden. Da sie miteinander vernetzt waren, konnten sie ihre Taktik nicht umstellen, um dieser ungewohnten Mischung aus Isolation und Wachsamkeit zu begegnen.
    Branl schien jedoch zu ahnen, worauf Staves Erfolge beruhten. Das Tempo – vielleicht auch nur der Charakter – seiner Annäherung sprach von Vorsicht. Und Handir beobachtete den letzten Gedemütigten auf eine Weise, die vermuten ließ, er berate ihn unhörbar. Vielleicht erinnerten auch die übrigen Meister Branl daran, er müsse kämpfen, als sei Stave kein Haruchai.
    Statt gleich zuzuschlagen, umkreiste Branl Stave wachsam. Vielleicht wartete er darauf, dass Stave den ersten Schlag führte und sich damit exponierte. Trotzdem war Stave entschieden im Vorteil. Er hatte Handirs Ratschläge mitgehört – und Branls Reaktion darauf. Er wusste, worauf Branl sich vorbereitete. Als Staves Faust jetzt nach vorn schnellte, um Branls Kopf zu treffen, war das eine Finte. Der Gedemütigte reagierte mit einer Abwehrbewegung, die nahtlos in einen schwungvollen Tritt überleitete, der Stave hätte zusammenbrechen lassen. Aber Stave war schon zu dicht heran, um von einem Tritt getroffen zu werden, und schlug ihm die Hände herunter. Während Branl noch Mühe hatte, auf den Beinen zu bleiben, traf Stave mit einem Ellbogen seine Stirn. Lindens langsamerer Auffassungsgabe erschien diese Berührung harmlos: ein seitlich abgelenkter Stoß, nicht mehr. Der Aufprall von Knochen auf Knochen klang zu leise, um irgendeine Wirkung haben zu können. Trotzdem taumelte der Gedemütigte rückwärts und schlug hin. In den Bruchteilen einer Sekunde, die ihm noch blieben, versuchte Branl sich herumzuwerfen, um auf den Füßen zu landen, aber dafür reichte die Zeit nicht mehr. Er landete auf allen vieren. Nachdem er sich aufgerappelt hatte, machte er Stave eine kleine Verbeugung und trat in die Reihen der Meister zurück.
    Einige Augenblicke lang füllte tiefes Schweigen wie nach einem Schock die Torhalle. Linden bildete sich ein, die Vorurteile von Staves Stammesgefährten zerfallen zu hören. Dann krähte Liand: »Stave!« und riss triumphierend die Arme hoch. »Himmel und Erde, Stave!«
    Mahrtiir reihte sich ein: »Gut gemacht, Haruchai. Wahrlich gut gemacht. Dies ist eine Geschichte, die das Herz der Ramen erfreuen wird. Endlich sind Schläge geführt worden, die die Schlaflosen demütigen werden. Und wir sind Zeugen dafür: ein Mähnenhüter und seine Seilträger. Jetzt können diese Meister nicht mehr so tun, als seien sie mehr wert als du.«
    Linden fühlte sich plötzlich schwach, von Erleichterung ausgelaugt. Stave hatte um ihretwillen schon zu viel durchlitten. Jetzt war er sicher – zumindest vorläufig. Sie klammerte sich an ihre Entschlossenheit, verbarg ihre Schwäche und schenkte Stave einen Blick voller Dankbarkeit.
    Stave wandte sich gleichmütig an Mahrtiir. »Mähnenhüter, das sollte keine Demonstration meiner Kampfkraft sein. An ihrer Stelle würde ich nicht anders handeln als die Meister. Vielmehr habe ich im Dienst der Auserwählten gehandelt – und um meinen Leuten zu zeigen, dass auch sie sich übertreffen können, wenn sie meinem Beispiel folgen.«
    Mahrtiir antwortete mit einer tiefen Verbeugung nach Art der Ramen, als akzeptiere er eine Zurechtweisung, aber sein breites Grinsen blieb: »Sieh nur!«
    Er nickte zu dem Tor hinüber, dessen gewaltige Steinflügel sich zu öffnen begannen, sich lautlos auf ihren von Riesen konstruierten Zapfen drehten. Die hereinkommende frische, fast kalte Luft mit ihren Frühlingsdüften sagte Linden, dass die Sonne aufging.

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