Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08

Titel: Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Linden stehen. Hier, sagte sie sich. Jetzt.
    Sie hatte die Ranyhyn noch nie gerufen; das hatte immer Stave für sie getan. Und sie konnte nicht pfeifen wie er: gellend laut und trotzdem ergreifend wie eine Totenklage. Leise fragte sie Stave: »Bist du so freundlich?«
    Der Haruchai gehorchte sofort. Er steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen gellenden Pfiff wie einen hoch in die Luft geschossenen Tonbolzen aus. Der Klang hallte von dem glatten Granit von Schwelgenstein wider, wurde von den Zinnen der Feste zurückgeworfen, erklang als dumpfes Echo aus dem Tunnel unter dem Wachtturm ... und hob Lindens Herz mit sich empor. Stave hatte sich um ihretwillen selbst übertroffen. Liand und Mahrtiir hatten ihr mehr gegeben, als sie von ihnen hätte verlangen dürfen. Sogar der arme Anele ... Die Ranyhyn würden nicht weniger tun.
    Dann pfiff Stave nochmals, und die Echos vervielfältigten sich, bis sie wie auf Fittichen durch den Innenhof zu flattern schienen. Als er zum dritten Mal pfiff, glaubte Linden, die Schwungfedern eines anfliegenden bedrohlichen Vogels zu hören – vielleicht eines großen Raben, gerade noch hinter dem Wachtturm außer Sicht und zu Prophezeiungen bereit.
    Die Echos verhallten langsam, ließen den Himmel leer zurück. Die massiven Steintore beeinträchtigten Lindens Wahrnehmungsgabe, aber sie hatte keine Angst. In diesem Augenblick fürchtete sie nur, ihre Feinde könnten sie daran hindern, nach Andelain zu gelangen. Statt den Atem anzuhalten oder von einem Fuß auf den anderen zu treten, zählte sie ihre Herzschläge, bis sie die Stimme der Meister ihren Namen sagen hörte. Dann erwiderte sie seinen ausdruckslosen Blick wie eine Frau, die bereits davongeritten war und ihre Zweifel und sogar ihre Fähigkeit, Unsicherheit zu empfinden, bei ihm zurückgelassen hatte.
    »Was der Mähnenhüter vorhergesagt hat, ist eingetreten«, verkündete Handir. »Auch diese Wahrheitsprobe ist bestanden. Die Ranyhyn sind deinem Ruf gefolgt. Sie warten vor dem Tor auf deine Befehle.« Er schien einen Augenblick lang zu zögern. Dann gestand er ein: »Es sind zehn an der Zahl.«
    Zehn. O Gott, zehn. Sieben für Linden und ihre Gefährten; drei für die Meister.
    »Auf diese Weise«, fuhr Handir fort, »erkennen die großen Pferde deine Absicht und deine Fähigkeit zur Schändung des Landes an.«
    Im Prinzip hatte er damit seine Erlaubnis erteilt, und Linden wollte ihm zum Abschied eine weitere Verbeugung machen. Sie hätte ihm vielleicht sogar gedankt. Die Meister waren Haruchai und hatten so viel Respekt verdient. Aber sie konnte sich nicht länger beherrschen: Sie rannte bereits zu dem Tunnel unter dem Wachtturm, als könne die bloße Kraft ihrer Sehnsucht die Tore am Ende dieser lichtlosen Passage dazu bewegen, sie freizulassen.

6

Söhne
     
     
    Bei aufgehender Sonne hießen die Ramen und die Haruchai – die Gedemütigten und ihre versammelten Stammesgefährten ebenso wie Stave – die Ranyhyn ehrfürchtig willkommen, während Linden Hyn freudig begrüßte. Obwohl sie es kaum noch erwarten konnte, endlich loszureiten, ließ sie keine Ungeduld erkennen, während Mähnenhüter Mahrtiir den Meistern jedes der großen Pferde benannte: die sieben, die Linden und ihre Gefährten getragen hatten, dazu Mhornym, Bhanoryl und Naybahn, die die Gedemütigten tragen würden. Sie war auch nicht überrascht, dass Handir Galt, Clyme und Branl zu ihren Begleitern bestimmt hatte. Zweifellos hatten die Gedemütigten darauf bestanden, diesen Auftrag zu übernehmen. Vermutlich sahen sie darin eine weitere Chance, sich zu bewähren.
    Trotzdem bestieg Linden Hyn rasch, nachdem die Ramen und die Haruchai den Pferden ihren Respekt erwiesen hatten. Sobald Stave und Mahrtiir ihr signalisierten, ihre Gefährten seien bereit, kehrte sie Schwelgenstein den Rücken zu und ritt davon, als drohten auf ihrem Weg nach Andelain weniger Gefahren als in der gut verteidigten Feste. Und vielleicht stimmte das auch, denn Feinde wie Kasteness und Roger, der Egger und Lord Foul wollten sie nur gefügig machen, damit sie sich ergab oder ihre Macht missbrauchte. Die Meister aber glaubten, ihr sei nicht zu trauen.
    Mahrtiir schickte seine Seilträger als Späher voraus, und der Mähnenhüter und Stave nahmen Linden zwischen sich. Hinter ihnen folgten Liand und Anele. Die Gedemütigten begleiteten die Gruppe in wechselnden Positionen. In dieser Ordnung waren die Ranyhyn, die in der noch tief stehenden Sonne lange Schatten warfen, in leichtem

Weitere Kostenlose Bücher