Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
bedauerte, seine leibliche Existenz – oder Linden – zu verlieren, ließ er sich das nicht anmerken. »Er wird nicht mehr leiden, aber trotzdem noch dort gefangen sein, wo Foul ihn eingesperrt hat. Und er wird so wenig wissen, wo er sich befindet, wie er es jetzt weiß. Er wird noch immer gerettet werden müssen.«
Noch ehe Linden Einwände erheben konnte, fuhr er fort: »Das ist einer der Gründe, weshalb du hier bist. Tatsächlich habe ich nie daran gedacht, dies ohne dich zu versuchen. Wenn Jeremiah und ich verschwunden sind, bist du an der Reihe. Sobald wir fort sind, kannst du Erdblut trinken. Du kannst die Macht des Gebots anwenden ...« Sein Tonfall blieb sanft. »Höllenfeuer, Linden, dann steht dir alles zu Gebot. Du brauchst es nur zu wollen, dann bist du wieder mit deinem Sohn vereinigt. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt. An jedem beliebigen Ort. Macht dich das glücklich, könnt ihr beide bis ans Ende eurer Tage in Andelain leben.«
Vor Kälte und Erleichterung zitternd – von jäher Hoffnung erfüllt, die sie bis ins Mark erbeben ließ – fragte Linden: »Ist das wahr? War das dein Ernst? Als du gesagt hast, ohne mich könntest du es nicht schaffen?«
Covenant reagierte augenblicklich gekränkt. »Was, hast du geglaubt, das sei mir egal? Hast du geglaubt, ich sei nicht bemüht, mein Bestes für Jeremiah und dich, aber auch für das Land und den Rest der Erde zu tun? Ich bin Thomas Covenant, verdammt noch mal. Ich habe das Land schon zweimal gerettet. Und ich habe mich bestimmt nicht ermorden lassen, weil ich gern tot bin.
Ja«, fuhr er nachdrücklich fort, »du bist der Grund dafür, dass die Elohim sich nicht einmischen werden. Deshalb habe ich dich mitgenommen. Du bist die Weißgoldträgerin. Solange du hier bist, glauben sie, keinen Grund zur Sorge zu haben. Aber ich will auch deinen Sohn retten.«
Der Theomach begann plötzlich zu lachen.
»Was findest du so witzig?«, erkundigte Covenant sich.
Der Vermummte verstummte, doch dann sagte er: »Deine Rechfertigungsversuche amüsieren mich.« Es klang keineswegs belustigt.
Wie zuvor, als Covenant sie gewärmt hatte, schien Linden wieder ein Nachglühen von Energie zu spüren. Der Theomach verschwand von dem Hügel.
Erschaudernd wandte sie sich von den Schönheiten ab, die Schnee, Wind und Sonne geschaffen hatten. »Warum hast du uns dann nicht direkt zum Melenkurion Himmelswehr transportiert? Wieso mussten wir hierher kommen? In die Vergangenheit?«
Und weshalb so weit in die Vergangenheit zurück?
Aber Covenant hatte ihr den Rücken zugekehrt. Statt sich ihrer Frage zu stellen, starrte er wieder ins Tal hinunter.
Jeremiah kam ein, zwei Schritte näher. Dann erwiderte er an Covenants Stelle ihren Blick. »Weil das Erdblut in der Zeit, in die wir gehören, nicht zugänglich ist, Mama.« Die Augen ihres Sohns erinnerten sie jetzt an Esmers: Sie schienen zu verschwimmen, dann zu verlaufen, wobei ihre Farbe von dunklem, schlammigem Lehmbraun zu blassem Sandbeige wechselte. »Es hat immer nur wenige Möglichkeiten gegeben, es zu erreichen, und seit Elenas Kampf gegen Kevin sind diese Passagen verschüttet.« Das Zucken in seinem Augenwinkel zeigte, wie unbehaglich ihm zumute war. »Aber auch vor diesem Kampf war es nicht zugänglich. Nachdem Damelon das Erdblut entdeckt hatte, hat er als Erstes Wärter aufgestellt. Er fand, die Macht des Gebots sei zu gefährlich, um gebraucht werden zu dürfen. Er hat etliche Barrieren hinterlassen. Wir würden uns zum Erdblut durchkämpfen müssen, und du bist hier die Einzige, die das könnte. So müssten Covenant und ich zurückbleiben, ehe wir irgendetwas bewirken könnten. Wir müssen zusehen, dass wir in den Berg kommen, ehe Damelon ihn abriegelt.«
»Aber ...« Linden konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, solche Sorgen machte ihr Jeremiahs Beunruhigung. »... wenn es Covenant gelingt, Lord Foul auszuschalten ...« Und das Tausende von Jahren vor ihrer ersten Begegnung mit dem Verächter. »... zerstört er dann nicht den Bogen der Zeit?«
Solcher Gebrauch der Macht des Gebots musste Lord Foul doch bestimmt für zehntausend Jahre lähmen?
»Das könnte er«, antwortete Jeremiah ohne Zögern. »Aber er wird es nicht tun. Was wäre damit gewonnen? Er versucht das Land zu retten, statt es zu zerstören. Er setzt Foul zu einem Zeitpunkt außer Gefecht, der unmittelbar nach unserer Versetzung hierher liegt. Also in fast zehntausend Jahren, in der Zeit, in die du und ich gehören. So ist der Bogen nie
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