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Die Ruhelosen

Die Ruhelosen

Titel: Die Ruhelosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minelli Michele
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angekommen, hätte die endgültige Ratifizierung ihres einstmaligen Beschlusses erreicht. Mit Siegel verbrieft.
    Über der gesamten Sopronpuszta lag ein Flimmern und ein Sirren wie von tausendundeinem Engel, die sangen.
     
    All das hätte Ferenc’ Auge erblicken können, wenn es denn zurückgeschaut hätte. Aber heute war kein Tag, um zurückzuschauen, heute war ein Tag, der in eine neue Zukunft wies! Auch diesmal sollten seine Eltern zugegen sein, inzwischen deutlich angegraut, und Ferenc konnte in der Frisur der Mutter die seltsamen Bemühungen seines Vaters wiedererkennen, ewige Jugend aufleben zu lassen, ein bisschen gewagt vielleicht, ein bisschen exaltiert, genauso unkonventionell wie das Duftöl, das sich seine Mutter neuerdings hinter die Ohrläppchen und in die Ellenbogenbeuge tröpfelte, Patchouli oder so, ganz seine Eltern eben, en vogue, komme, was wolle.
    Und auch Annas Eltern waren da, einfache Leute, der Vater ein Holzbildhauer, der Sakralplastiken auf Bestellung anfertigte, die Mutter eine typische Frau vom Lande halt. Für die Anreise seiner Schwiegereltern hatte Ferenc Schön extra bezahlt, und er hatte sich dabei nicht lumpen lassen. Dass sie blaublütigen Geschlechts waren, uradeliger Abstammung, wie sie jedermann gegenüber behaupteten, der es eigentlich gar nicht wissen wollte, Aristokraten, die des Lebens Unbill irgendwann und irgendwie nach Rechnitzverschlagen und ihrer Ehre beraubt hatte, konnte heute leider niemand mehr beweisen, und wen hätte das auch interessiert, es gab Adelige genug, und vielleicht wollte der Vater, Sebastian Leopold Maltzahn auch nur wichtigtun mit diesen märchenhaften Chroniken, sich bei ihm, dem Hoffriseur, einschmeicheln und beliebt machen seiner Tochter zuliebe. Dabei hatte die das gar nicht nötig gehabt. Als Ferenc von ihrer Schwangerschaft erfuhr, war er natürlich sofort dazu bereit, die Entehrte zu ehelichen.
    Etwas anderes hätten seine Eltern, die im Stillen noch immer den Tod Krisztinas beklagten – und deren Mutter grollten –, auch gar nicht geduldet.
    Krisztinas Mutter. Eine vom Ehrgeiz zerfressene Empordrängende, Hochstrebende. Keine Woche nach Krisztinas Tod fand Alžbeta bei den Räumarbeiten, um die sie ihr Sohn gebeten hatte, in deren Zimmer Briefe, Briefe über Briefe, in denen die Mutter ihrer Tochter lauter überflüssigen Benimm eintrichterte und die wohl auch zu deren Tod geführt hatten. Ganz bestimmt zu deren Tod geführt hatten. Nie wieder würde Alžbeta dieser vermaledeiten Frau die Türe öffnen. Sie hatte ihren eigenen Augen nicht getraut und František herbeirufen lassen, dann hatte sie ihm die schändlichsten Stellen vorgelesen, dazwischen kleine Pausen eingelegt und mit den Händen ins Leere gegriffen, so perplex, so erschüttert war sie. Wenn sie das nur vorher gewusst hätte. Wenn sie doch nur eine Ahnung davon gehabt hätte, sie hätte Krisztina retten können, vor ihrem schlimmen Schicksal bewahren können, ganz bestimmt, das arme Kind.
     
    Meine liebe Tochter!
    Sei munter gegrüßt nach Ödenburg, in das hübsche beschauliche Städtchen Deines Ehegatten. Nun bist Du also eine Ehefrau an der Seite eines strebsamen Mannes. Den Weg,
den wir für Dich vorgesehen haben, beschreitest Du mit erhobenem Haupte, das erfüllt mich, Deine Mutter, mit Stolz. Die Hochzeitsfeierlichkeiten sind mir noch in bester Erinnerung, das Ganze war ein mustergültiger Anlass, dem Du durchaus gerecht geworden bist.
    Nun aber, liebe Tochter, lass mich Dich mahnen: Eine neue Bestimmung kommt auf Dich zu, gesellschaftliche Anlässe und vielerlei Erwartungen, die Du bitte alle sittsam erfüllen willst. Mach uns keine Schande, nur weil Du dem Wirkkreis meines Auges entschwunden bist. Wien ist nicht allzu weit von Ödenburg entfernt und glaube mir, ich höre davon, solltest Du Dir einen Fehltritt leisten. Also bleibe nur schön streng gegen Dich, dann wird sich alles geben. Bei uns, in Deinem Elternhause, hat es Dir gewiss nie an Gelegenheit gefehlt, Dich auf ein erlesenes Leben vorzubereiten. Du kennst die Regeln, und wenn Du Dein Haus auf die Pfeiler Anstand, Zurückhaltung und Fügsamkeit baust, kannst Du Dich auch in großen Gesellschaften fehlerfrei bewegen.
    Dein Gemahl hat mir selber noch versichert, wie gut man deine Wohlerzogenheit, die Etikette!, in Deinem Gebaren ausmachen kann, halte also auch in Zukunft unbedingt daran fest! Ja, halte die seelische Ordnung streng, und lockere Dich nicht, dann machst Du auch Deinem Manne alle Ehre. Klage

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