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Die Ruhelosen

Die Ruhelosen

Titel: Die Ruhelosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minelli Michele
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tauchte hier und dort aus dem Wasser empor, vollbrachte seine Kunststücke nur für ihn, den einzigen Betrachter, den verwegenen Seefahrer, Elia, den Unerschrockenen, aber schon wurden seine Sprünge nachlässiger, wie abgelenkt. Noch grinste er, und er grinste auch noch, als sich eine heiße schwere Hand auf Elias Schulter niederließ, die ihn zum Umdrehen zwang … dieses letzte verschwörerische Grinsen hatte sich in Elias Hirn eingebrannt und würde als Sehnsuchtsbild durch nichts mehr auszulöschen sein: das Konterfei eines jubelnden Tümmlers, wie eine Gravur, da wo der Mensch am weichsten und empfänglichsten ist.
    Der erste Schiffsingenieur war ein alter Seebär. Ihm brauchte man nichts vorzumachen. Man konnte es gar nicht. Mit einem einzigen Blick hatte er an der Haltung dieser Halbmastfigur abgelesen, dass es sich um einen Verlorenen handelte. Um einen, der dem Ruf des Meeres folgen musste, sein Leben lang. Er war selbst einmal als junger Bursche von zu Hause ausgezogen, um diesem Ruf zu folgen, er kannte die Macht des Magnets, der aus den Tiefen des Ozeans nach oben und bis in die Herzen einzelner Auserwählter wirkte, ob die dieses Sehnen und Ziehen nun wollten oder nicht. Einmal davon befallen, kamen sie nie mehr davon los.Der Schiffsingenieur sprach nichts, er begnügte sich damit, den Jungen von der Reling fortzuführen und ihn zu sich in die Kabine zu nehmen, wo er ihm erst mal einen Grog aus seiner Isolierkanne zu trinken gab. Während Elia verwirrt und wie benebelt trank, kramte der alte Mann einen Pullover und pluderige Weißware aus seinem Spind und reichte sie dem Jungen, der, so überlegte er einen Augenblick, sein Enkel hätte sein können. Dann machte er mit der Hand frottierende Bewegungen in der Luft, und Elia begriff, dass er sich mit dem Tuch die Haare trockenrubbeln sollte. Endlich hob der Mann zu sprechen an und fragte: »Ausgerissen?«
    »Nein, auf Reisen. Ich will bis nach Amerika.«
    »Soso, Amerika also. Und was willst du dort, wenn ich fragen darf?«
    »Vielleicht«, improvisierte Elia geschwind, »Piano spielen? Auf einem Schiff?«
    Da lachte der Ingenieur ein bärbeißiges Lachen und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass der Blechbecher mit dem Heißgetränk über die Platte hüpfte. Elia griff ihn sich schnell und tat einen weiteren hastigen Schluck. Das war ein komischer alter Mann, dieser hier, mit seinem struppigen Bart, dem schieferfarbenen Haar, der Pfeife im Mund. Seine Nase nahm den größten Teil des Gesichtes ein, rot und blau geädert und hubbelig wie ein Blumenkohl, und die Art, wie er sprach, klang nicht nach einem Fiumeser, und er sprach auch nicht wie einer aus Triest.
    »Mein Name ist Gunnar Larsson. Erster Schiffsingenieur.«
    Höflich streckte ihm Elia seine Hand entgegen. Gunnar warf einen kurzen prüfenden Blick auf die manikürten Fingernägel, da wusste er alles.
    »Hier, trink, Kind.«
    Schiffsgrog war zwar nicht das bevorzugte Getränk für blinde Passagiere, aber dieser kleine Seemann hier sollte nur lieber gleich wissen, worauf er sich einließ.
    In Elias Brust wölbte sich die Wärme und füllte ihm jede noch so kleine Nische aus, dass ihm vor lauter Wohlsein richtig schwindlig wurde.
    »Hm.« Der Ingenieur betrachtete sich seinen Fund einmal von oben bis unten mit undurchdringbarem Blick, Elia hielt stand, aber in Larssons Augen lag nichts Verstecktes, nichts Lauerndes.
    »Ganz schön mutig, Sohn. Wie alt bist du denn?«
    »Was ist schon das Alter!«, entgegnete dieser versuchsweise, mal sehen, wie weit man mit diesem Opa gehen konnte.
    »Ein wahres Wort. Alter vermag wenig, wenn das Gehirn nicht richtig dreht. Und deines dreht wohl ganz im Takt einer Schiffsschraube, was!«
    Elia wusste nicht, ob er lachen durfte, also blieb er ernst und leerte die Tasse ganz. Dann schüttelte ihn ein großer, tiefer Seufzer, der aus dem hintersten Winkel seines Körpers hervorgekrochen war und nun dieser alles durchdringenden Wärme Platz machte.
    Der Ingenieur war mittlerweile aufgestanden und kümmerte sich um eine behelfsmäßige Schlafgelegenheit. Zu oft hatte er in seiner Karriere schon mit blinden Passagieren zu tun gehabt, als dass er die Torheit begangen hätte, diesen vorwitzigen Jungen allein in einer Kabine zu lassen. Nein, dieses Kind, das ihn auf eine berührende Weise an sich selber erinnerte, sollte heute Nacht hier bei ihm schlafen.
    Morgen wäre auch noch Zeit, den kleinen Strolch dem Kapitän vorzuführen, und wenn sie in Palermo einen

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