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Die Ruinen von Gorlan

Die Ruinen von Gorlan

Titel: Die Ruinen von Gorlan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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Zunft zu besprechen. Von noch größerer Wichtigkeit für Will war, dass bei diesem Anlass auch die Lehrlinge bewertet wurden. Bei der Versammlung wurde entschieden, ob sie das erste Lehrjahr erfolgreich abgeschlossen hatten. Unglücklicherweise hatte Will bis dahin erst sieben Monate Unterricht hinter sich. Wenn er die Prüfungen nicht bestand, würde er ein ganzes Jahr warten müssen, bis sich die nächste Gelegenheit dazu ergab. Dementsprechend übte er jeden Tag vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang. Der Gedanke an einen freien Tag war längst vergessen. Pfeil um Pfeil schoss er auf Ziele unterschiedlicher Größe, in verschiedenen Positionen, aus dem Stand, kniend oder sitzend. Er schoss sogar aus Verstecken in den Bäumen.
    Außerdem übte er mit seinen Messern. Er warf im Stehen, kniend, sitzend, im Sprung nach links oder nach rechts. Er übte das Werfen des größeren Messers auch so, dass es mit dem Schaft zuerst das Ziel traf. Schließlich, so hatte Walt ihm erklärt, brauchte man seinen Gegner manchmal nur zu verblüffen und nicht zu verletzen.
    Er übte seine Fähigkeiten im Anschleichen und hatte gelernt, unbeweglich stehen zu bleiben, selbst wenn er glaubte, dass man ihn entdeckt hatte. Denn er hatte begriffen, dass die Leute ihn oft genug gar nicht bemerkten, bis er sich bewegte und sich erst dadurch verriet. Er lernte den Trick, den Späher benutzten, indem sie den Blick gleiten ließen und dann schnell wieder zurückschauten, um auch die allerkleinste Bewegung zu registrieren. Er lernte alles über die Kundschafter, die einer Gruppe lautlos folgten und erst dann aus der Deckung kamen, wenn die Gruppe bereits vorbeigezogen war.
    Er arbeitete mit Reißer und stärkte das Band zwischen ihnen, das bereits auf Anhieb bestanden hatte. Er lernte, den empfindlichen Geruchs- und Gehörsinn des Ponys zu nutzen, um sich vor Gefahren warnen zu lassen, und er lernte die besonderen Signale, die man das Pferd gelehrt hatte.
    So war es kein Wunder, dass Will am Ende des Tages nicht mehr die Kraft hatte, den Pfad hinauf zu laufen, der zu Burg Redmont führte, und Horace zu suchen, damit er alles mit ihm besprechen konnte. Er nahm an, dass die Gelegenheit sich früher oder später ergeben würde. In der Zwischenzeit konnte er nur hoffen, dass Horace für seine Taten von Sir Rodney und den anderen Mitgliedern der Heeresschule anerkannt wurde.

    Unglücklicherweise war das genaue Gegenteil der Fall.
    Sir Rodney wusste nicht mehr so recht, was er von Horace halten sollte. Er schien alle Qualitäten zu haben, die in der Heeresschule verlangt wurden. Er war tapfer. Er befolgte Anweisungen sofort und zeigte immer noch außergewöhnliche Geschicklichkeit bei der Ausbildung an der Waffe. Doch seine Schularbeit war unter dem Durchschnitt. Hausaufgaben wurden zu spät abgegeben oder schlampig gemacht. Es schien, als hätte er Mühe, dem Unterricht zu folgen – als wäre er die ganze Zeit abgelenkt. Darüber hinaus wurde vermutet, dass er eine Vorliebe für Raufereien hatte. Keiner der Lehrer hatte ihn jemals direkt dabei erwischt, doch man konnte oft blaue Flecken und kleinere Verletzungen an ihm sehen und er schien keine engen Freundschaften unter seinen Klassenkameraden geschlossen zu haben. Im Gegenteil, sie gaben sich große Mühe, ihm aus dem Weg zu gehen. Das alles schuf das Bild eines streitsüchtigen, faulen Rekruten, der lediglich ein gewisses Maß an Geschicklichkeit bei der Handhabung von Waffen aufwies.
    Wenn der Heeresmeister all dies in Erwägung zog, bekam er langsam das Gefühl, Horace von der Heeresschule verweisen zu müssen. Alles schien darauf hinzudeuten. Und dennoch sagte ihm sein Instinkt, dass er sich täuschte. Dass es da einen Grund gab, den er lediglich nicht kannte.
    Tatsächlich gab es drei Gründe: Alda, Bryn und Jerome. Jedes Mal wenn Horace es geschafft hatte, einen Ort zu finden, wo er ihnen entkam, spürten die drei älteren Schüler ihn dennoch auf. Diesmal hatten sie Horace hinter der Waffenkammer in die Enge getrieben, einem ruhigen Flecken, den er vor ein paar Tagen entdeckt hatte. Er stand mit dem Rücken zur Steinmauer und die drei Tyrannen standen im Halbkreis vor ihm. Jeder von ihnen trug einen dicken Stock und Alda hatte zudem noch einen schweren Sack über dem Arm.
    »Wir haben nach dir gesucht, Wickelkind«, sagte Alda. Horace erwiderte nichts. Sein Blick wanderte von einem zum anderen und er überlegte, wer von ihnen als Erster auf ihn losginge.
    »Wickelkind hat einen Narren

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