Die Ruinen von Gorlan
wir vor der Dunkelheit eintreffen wollen.« Er drängte sein Schlachtross vorwärts.
Will dachte über die Befehle nach, die Arald gegeben hatte, als sie in Redmont in den Sattel gestiegen waren. Wenn sie die Kruls in den Ruinen von Gorlan fänden, sollte Will sich zurückhalten, während der Baron und Sir Rodney die beiden Bestien angriffen. Es gab keine besonders ausgeklügelte Taktik – sie wollten einen Blitzangriff führen, um die beiden Mörderbestien zu überraschen.
»Wenn Walt dort ist, wird er sicher ebenfalls eingreifen. Aber ich möchte, dass du dich weit zurückhältst, Will. Dein Bogen wird auf einen Krul keinerlei Eindruck machen.«
»Ja, Sir«, hatte Will geantwortet. Er hatte nicht vor, sich einem Krul zu nähern. Er überließ dies nur allzu gern den beiden Rittern, die von ihrem Schild, Helm, Kettenhemd und der Halbrüstung geschützt waren. Baron Aralds nächste Worte hatten allerdings schnell jegliche übermäßige Zuversicht gedämpft.
»Wenn die verdammten Ungeheuer uns jedoch erwischen, dann möchte ich, dass du losreitest und Hilfe holst. Karel und die anderen werden irgendwo hinter uns sein. Du musst sie finden und sie zu den Kruls führen. Ihr müsst diese Bestien jagen und töten!«
Will hatte nichts darauf geantwortet. Die Tatsache, dass Lord Arald ein Versagen überhaupt in Erwägung zog, obwohl er und Sir Rodney im weiten Umkreis die besten Ritter waren, zeigte deutlich, wie er die Kruls einschätzte. Will wurde wieder einmal klar, dass die Chancen für sie nicht gerade gut standen.
Die Sonne ging langsam unter, doch sie hatten immer noch ein gutes Wegstück zurückzulegen. Baron Arald hob die Hand, um anzuhalten. Er blickte zu Sir Rodney und deutete mit einem Daumen auf das Bündel mit Fackeln, das sie beide hinter ihren Sätteln mitführten.
»Fackeln, Rodney«, sagte er kurz.
Der Heeresmeister zögerte einen Moment. »Seid Ihr sicher, Mylord? Sie werden unsere Position verraten, wenn die Kruls Ausschau halten.«
Sir Arald zuckte mit den Schultern. »Sie hören uns sowieso. Und unter den Bäumen kommen wir ohne Licht zu langsam voran. Das Risiko müssen wir eingehen.«
Er schlug bereits seinen Feuerstein und Stahl zusammen und Sir Rodney hielt ihm rasch eine Fackel hin. Sie fing Feuer und flackerte kurz darauf hell auf. Rodney beugte sich mit einer weiteren Fackel zu ihm und entzündete sie ebenfalls. Mit hoch erhobenen Fackeln – die Lanzen hatten sie mit Lederstreifen an ihre rechten Handgelenke gebunden – trieben sie die Pferde zum Galopp an. Sie verließen die breite Straße, der sie seit der Mittagszeit gefolgt waren, und donnerten in den dunklen Wald.
Nach etwa zehn Minuten hörten sie den Schrei.
Es war ein unmenschlicher Klang, bei dem einem das Blut in den Adern gefror. Unwillkürlich zügelten die beiden Ritter die Pferde. Der Schrei kam von einem Ort geradewegs vor ihnen und wurde immer lauter, bis die Nachtluft mit Entsetzen gefüllt war.
»Du lieber Gott!«, rief der Baron aus. »Was ist das?« Sein Gesicht wurde bleich, als der Schrei gleich darauf von einem anderen Schrei beantwortet wurde.
Will merkte, wie ihm das Herz fast stehen blieb. »Es sind die Kruls«, sagte er. »Sie sind auf der Jagd.«
Und er wusste, dass es nur einen einzigen Menschen dort draußen gab, hinter dem sie her sein konnten – Walt.
»Seht, Mylord!«, rief Sir Rodney und deutete auf den sich schnell verdunkelnden Himmel. Durch eine Lichtung sahen sie es – ein plötzliches Aufflackern, Beweis eines Feuers in nächster Nähe.
»Das ist Walt!«, stellte der Baron fest. »Das muss er sein. Und er braucht Hilfe.«
Er stieß dem müden Schlachtross die Sporen in die Seiten und drängte es zum Galopp. Die Fackel in seiner Hand flammte auf und spie Funken, während Sir Rodney und Will ihm folgten.
Als sie den Wald endlich hinter sich ließen, bot sich ihnen ein albtraumhafter Anblick.
Da war eine Lichtung und dahinter war der Boden übersät mit umgestürzten Mauern und Felsblöcken. Riesige Mauerstücke lagen verstreut, manchmal halb in der weichen, grasbedeckten Erde vergraben. Die Ruinen von Burg Gorlan ragten auf drei Seiten in die Höhe, aber nirgends höher als etwa fünfzehn Fuß. Die Burg war im Auftrag des Königs niedergerissen worden, nachdem Morgarath nach Süden in die Berge von Regen und Nacht getrieben worden war. Die Ruinenstätte sah aus wie der Spielplatz eines Riesenkindes – Bauklötze, die in alle Richtungen verteilt waren, manche achtlos
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