Die Runde der Rächer
neben dem Fahrer. Er selbst drückte sich auf den Rücksitz, setzte sich dort schräg hin und streckte die Beine aus. Keiner von uns machte den Eindruck, als wäre er auf der Jagd nach irgendwelchen Monstern. Wir sahen aus wie Fischer, die in den wenigen Bächen etwas angeln wollten.
Dem Flugfeld angegliedert war ein kleiner Ort, in dem wir auch das Wasser gekauft hatten. Am frühen Nachmittag ließen wir die letzten Häuser hinter uns und befanden uns wenig später schon in der tiefen Einsamkeit der Provinz Cumbria.
Es gab tatsächlich keine normalen Straßen. Nur Berge, Täler, Wald und lange Wiesenflächen. Das Gelände eignete sich perfekt für einen Naturpark. Als ich McGregor darauf ansprach, hob er nur die Schultern. »Davon gibt es zwei in der Nähe. Hier soll eine Verbindungsstraße gebaut werden. Angefangen haben wir ja. Wie es allerdings weitergeht, steht in den Sternen.«
Auf schmalen Wegen, die besser den Namen Pisten verdienten, fuhren wir in das menschenleere Gelände hinein. Das heißt, hin und wieder tauchte eine Schafherde auf, aber Rinder standen nicht auf den mit dichtem Gras bewachsenen Weiden.
Manche Berge waren von Bäumen bedeckt, andere wieder ragten kahl und leer in die Höhe. Hin und wieder kreuzte ein Bach mit klarem Wasser unseren Weg, und wir überfuhren die schmalen Gewässer auf alten Steinbrücken, in deren Nähe das Unterholz dicht wie im Dschungel wuchs.
Wilde Blumen zeigten mit einer wunderbaren Farbenpracht all das, was die Natur zu bieten hatte. Insekten fühlten sich hier wohl. Zwischendurch begrüßten uns die bunten Schmetterlinge mit taumeligen Flügen.
»Schön hier, nicht?«, fragte McGregor.
Ich stimmte ihm nur bedingt zu. »Bis auf manche Abschnitte der Strecke. Da komme ich mir immer vor wie in einer Schaukel.«
»Tja, man kann eben nicht alles haben.«
»Sie sagen es. Wie weit müssen wir noch?«
»Bei diesem Tempo eine Stunde. Gäbe es die Autobahn schon, wären wir durch.«
»Man kann sich auch an das langsame Fahren gewöhnen.«
»Stimmt.«
»Und was sagen Sie zu meinen Fotos?«, fragte Flint, als wir an einem steilen Hang an der linken Seite entlangfuhren. Aus dem Fels wuchs Gestrüpp so tief, dass es über das Dach des Autos kratzte.
»Ich bin auf die echte Szenerie gespannt.«
»Ich auch.«
McGregor wusste nichts von unseren Erlebnissen der vergangenen Nacht. Wir hatten bewusst nichts erzählt, weil wir ihn nicht beunruhigen wollten. Für ihn waren die Personen innerhalb des Berges oder Hügels eingeschlossen. Dass sie ihn auch verlassen konnten, war für ihn unvorstellbar, wie für jeden normal denkenden Menschen auch. Dass wir etwas anderes erlebten und sich das immer wiederholte, hing eben mit unserem Job zusammen.
Ich schaute zurück, weil ich von Suko lange nichts gehört hatte. Das Lachen verbiss ich mir, es wurde nur ein Schmunzeln, als ich ihn sah. Er nutzte mal wieder die Gunst der Stunde, hatte es sich bequem gemacht und war eingeschlafen.
»Ihr Kollege hat Nerven«, sagte der Fahrer.
»Die braucht man auch in unserem Job.«
»Kann ich mir denken. Sie scheinen ja so etwas wie Supermänner zu sein.«
»Wie bitte?«
»Nun ja. Andere hätten mich ausgelacht, wäre ich mit den Bildern zu ihnen gekommen. Aber Sie haben mich ernst genommen. Das finde ich schon überzeugend.«
»Danke.«
»Beschäftigen Sie sich immer mit Fällen, die etwas außerhalb des Rahmens liegen?«
»Das ist mein Job.«
»Dann glauben Sie auch an das?«, fragte er etwas unsicher.
»Nicht nur das. Ich weiß es.«
»Klar.« McGregor nickte. »Ich habe auch umdenken müssen, als ich das alles sah. Wahnsinn. Ich hätte nie gedacht, dass es so etwas überhaupt gibt.« Er schüttelte den Kopf und schwieg. Wahrscheinlich dachte er über Dinge nach, die nicht zum normalen Leben gehörten, wenigstens nicht nach außen hin. Wer jedoch tiefer forschte und sich beruflich damit beschäftigte, wie Suko und ich es taten, der kam irgendwann so weit, dass er kaum noch überrascht werden konnte, auch wenn die Vorgänge manchmal unglaublich erschienen.
Ich hatte McGregor wohl auf ein Thema gebracht, über das er nachdachte, denn er sprach mich in der nächsten Zeit nicht mehr an. Wir fuhren weiter. Er lenkte den Wagen sicher über die oft unebenen Strecken hinweg, und mir fiel auf, dass sich die kräftige und satte Vegetation allmählich verlor.
Der Wald wurde lichter. Der Boden brachte nur noch das hervor, was auch auf einem kargen Ufergrund wachsen konnte. Große Lücken
Weitere Kostenlose Bücher