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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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Knochen, Blut und Fleisch. In Raeds Hinterkopf flammte ein Licht auf und blendete ihn kurz. Seine größten Ängste wurden wahr, und doch brachte er aus seiner gequälten Kehle einen Seufzer hervor. »Flieht, Sorcha – flieht sofort.«
    Dann begrub der Fluch seinen Körper unter sich und saugte Logik und Beherrschung auf, doch Raed krallte sich verzweifelt an seinen Verstand, um die Verwandlung zumindest zu verlangsamen, damit die Diakonin fliehen konnte. Mit dem Rossin im Tunnel gefangen, würde sie keine Chance haben. Den Kopf zu drehen kam ihm vor wie eine gewaltige Aufgabe, und er stellte entsetzt fest, dass sie noch immer da war. Sie hatte die Laterne in eine Nische gestellt und schlüpfte in ihre Handschuhe. Der Orden hatte einst versucht, den Rossin zu zähmen, und die Toten von damals waren ihm noch immer tief ins Gewissen eingeschrieben. Da seine menschliche Stimme dahin war, klang sein Ruf wie ein Urschrei. Er schaffte es, seinen sich verwandelnden Körper zu drehen und ein Stück zu laufen. Dabei wusste er, dass er nicht weit kommen würde, und nach ein paar taumelnden Schritten brach er tatsächlich zusammen. Die Verwandlung hatte ihn nun vollständig erfasst.
    Das war das Schlimmste daran: Hellwach und bei Bewusstsein war er gefangen im Körper des wachsenden Tiers. Primitive Instinkte setzten ein, und er konnte nur angewidert zusehen, wie die Wandlung ihn zerstörte.
    Es hätte wehtun sollen: Muskeln und Sehnen nahmen neue Formen an, Haut kräuselte sich, während Fell von unten durchbrach. Doch seine Verwandlung fühlte sich sehr, sehr gut an, beschämend gut. Die Veränderungen seines Fleisches bereiteten ihm so großen Genuss wie das Liebesspiel mit einer Partnerin. Das Heulen aus dem Maul des Rossin war kein Schmerzensschrei.
    Die Kleidung auf seinem Rücken und die Schnürsenkel seiner Stiefel zerrissen, während Raed zu doppelter Größe wuchs. Sein Körper erlangte die Leibesfülle der Bestie, während Hände zu Pfoten wurden und er den Kopf mit jaguarhaftem Knurren drehte. Als kleiner Junge hatte er die irdische Gestalt des Rossin an seine Schlafzimmerdecke gemalt gesehen, die große Katze mit dem gemusterten Fell und der langen Mähne. Es war ein schönes Geschöpf. Und eines, das der Künstler nie gesehen, über das er nur gelesen hatte.
    Der Rossin war tatsächlich eine große, gemusterte Katze, aber was ein Maler nicht einfangen konnte und niemand verstand, war der Hunger. Das Feuer dieses Hungers brannte so tief in Raed, dass es alles verzehrte. Der Rossin musste sich nähren, musste vom Blut und der Furcht anderer leben.
    In dem schmalen Gang gab es nur einen Menschen, den die hungrige Bestie fressen konnte. Knurrend drehte der Rossin sich um und kroch dorthin, wo Sorcha weiterhin stand. Die Enge zwang ihn, die Schultern leicht einzuziehen, aber im breiteren Teil des Durchgangs konnte er immer noch über sie herfallen.
    Den goldenen Augen des Tiers erschien die Diakonin wie warme Glut, die gerade aufflammte. Es hätte vieler normaler Menschen bedurft, um sein Verlangen zu befriedigen, doch eine Diakonin würde seine Gier für eine Weile stillen. Der tief im Innern der großen Katze begrabene Raed wollte das Tier auf seinem Weg zu Sorcha aufhalten, aber das war so hoffnungslos wie der Versuch, sich mit bloßen Händen aus Treibsand zu befreien. Der Rossin hatte ihn, und gleich würde er auch sie haben. Raed konnte nur zusehen. In dieser Enge und gegen die Bestie wäre ihr Schwert nahezu nutzlos. Selbst ein Schuss hätte keine Wirkung auf die Kreatur. Sorcha musste das doch wissen.
    Der Rossin mochte Furcht – auch sie nährte ihn –, aber davon bot die Frau ihm nur wenig. Als Diakonin musste sie viele schreckliche Dinge gesehen haben, und die große Katze, die sich an sie heranpirschte, konnte nicht das Schlimmste gewesen sein. Anders als ein Geist war der verfluchte Rossin jedoch mehr als fähig, sie in Stücke zu reißen, um sich an dem Feuer in ihrem Innern gütlich zu tun.
    »Hallo, Kätzchen.« Sorcha neckte die Kreatur ein wenig, aber grünes Licht tanzte auf ihren Handschuhen und verzerrte ihr Gesicht gespenstisch.
    Der Rossin knurrte, und sein Zorn ließ den Tunnel erzittern. Er war es, der neckte, nicht eine törichte Sterbliche. Raed schrie in seinem Innern, aber die Bestie hatte vollständig die Kontrolle übernommen. Er spürte, wie sich die Muskeln seiner starken Beine spannten. Sorcha würde zerrissen werden, und er konnte nur entsetzt zuschauen. Das Fressen würde das

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