Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
Vom Netzwerk:
Schleier, die zu den Zinnen schwebten, aber Sorcha sah, dass sie Form und Gestalt besaßen. Die überlangen, schreienden Erscheinungen mochten aussehen wie auf einer Kinderzeichnung, aber ihre Wirkung auf die Aktiven wäre alles andere als kindlich, wenn sie sie erreichten. Sorcha fragte sich, ob die Strafe für Diakone, die Geister in die Welt riefen, auch dann galt, wenn sie jemand anderen anwiesen, dies zu tun.
    »Ob dieser Nebel sie aufhalten kann?«, fragte Raed zweifelnd.
    Sorcha spürte ein grausames Grinsen im Gesicht. »Ohne Sensible? Oh ja, die sind für eine Weile beschäftigt.« Einige schrien auf und schlugen nach den kreiselnden Geistern. Es war höchst befriedigend. Was sie ihren Partnern angetan hatten, rechtfertigte diese Strafe allemal.
    Der Erste Maat hatte den Zeitpunkt perfekt gewählt. Aachon drehte sich um und lief zur Menge zurück, warf aber einen Blick in ihre Richtung. Sorcha verstand. Raed salutierte in einer kleinen, beruhigenden Geste zur Mannschaft, während Sorcha tief Luft holte – bereit, gegen alles zu verstoßen, was sie in ihrer Ausbildung gelernt hatte.
    Sie tat das Richtige. Raed würde nie erfahren, was, und sobald es vorüber wäre, würde sie die Verbindung brechen. Der Prätendent runzelte die Stirn, als sie seine Hände ergriff, wandte den Blick aber nicht ab, als sie ihm in die Augen sah. Es war jetzt zu spät zur Umkehr, doch als sie die Verbindung ins Leben rief, bereute Sorcha ihre Entscheidung bereits. Raed Rossin, der Junge Prätendent des Kaiserthrons, war als Verbindungspartner eine sehr schlechte Wahl.
    Merrick hatte ihr von dem silbernen Feuer erzählt, das er um den Kapitän wahrgenommen hatte. Sie hatte es selbst gesehen, aber es war etwas ganz anderes, wenn es in ihr war. Natürlich konnte Raed die Verbindung nicht spüren, da er untrainiert war – es war eine einseitige Angelegenheit. Sorcha unterdrückte einen Fluch.
    »Gehen wir«, flüsterte sie, als Lichter auf den Zinnen zu blitzen und zu brennen begannen. Es konnte lange dauern, bis diese ketzerischen Diakone die richtige Rune gefunden hatten, um gegen die Schatten zu kämpfen, andererseits konnten sie auch jeden Moment zufällig darauf stoßen. Geduckt rannten die beiden zur Rückseite des Klosters, wo es nur Mauern und Felsbrocken gab. Die Anlage war so uneinnehmbar wie jede Kaiserliche Festung.
    »Seid Ihr so weit?«, fragte Sorcha. In der Dunkelheit konnte sie gerade eben seine Gestalt ausmachen. Es wäre gut gewesen, seine Augen zu sehen, in seine Gedanken zu schauen.
    »Sagt es noch einmal.« Die Stimme des Kapitäns klang ruhig, aber bestimmt. »Sagt mir, dass Ihr Euch sicher seid.«
    »Ich kann den Rossin bezähmen.« In der Abtei wurden Kurse im Lügen gegeben – dies zu beherrschen war für einen Diakon manchmal sehr nützlich. Dennoch kam ihre Lüge ihr falsch vor. »Ich kann Euch gebieten.«
    »Ich weiß nicht, warum« – der Prätendent atmete tief aus, als würde er gleich tauchen –, »aber ich vertraue Euch.«
    Sie hätte erleichtert sein sollen, doch stattdessen zog sich ihr langsam der Magen zusammen. Bevor man ihr die Ängste ansah, konzentrierte sie sich auf ihren Plan, einen Plan, der an vielen Stellen schiefgehen konnte. Sorcha griff tief in sich hinein und beschwor ihr Aktives Zentrum, jede Tür zu öffnen.
    Die beiden abtrünnigen Diakone hätten keinen besseren Augenblick für den Angriff wählen können. Die Welt brannte weiß in Sorchas Augen, als die Macht sie durchflutete und erschauern ließ. Das Tor flackerte auf, und für einen Augenblick zeichneten sich die beiden Gestalten vor den wabernden Nebeln der Anderwelt ab. Sorcha hatte keine Zeit, schockiert zu sein.
Heilige Knochen,
dachte sie nur. Sie reisten
durch
dieses Reich – was das bedeutete, müsste sie ein andermal überlegen.
    Der Prätendent stand mit dem Rücken zur Mauer, wandte ihr das Gesicht zu und bemerkte die beiden lautlosen Kapuzenmänner nicht. Mit ihren verstärkten Sinnen nahm Sorcha wahr, dass die dunklen Augen der anderen Diakone nicht auf sie gerichtet waren – sie konzentrierten sich auf Raed. Einer hielt etwas Schwarzes, Aufgerolltes in Händen, das verdächtig nach einem Hundehalsband aussah.
    Der Rossin. Plötzlich begriff sie: Aulis mochte die Absicht gehabt haben, sie zu töten, aber Raed und die Bestie in ihm waren nie in Gefahr gewesen. Sie wollten den Kapitän mitsamt dem Fluch, nein,
wegen
des Fluchs. Warum das so war, konnte Sorcha nicht sagen, doch ihr war klar, dass sie sie

Weitere Kostenlose Bücher