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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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wurde.
    Kein vernünftiger Mensch würde diese neue Richtung einschlagen. Er wusste es. Die Wachen wussten es. Es spielte kaum eine Rolle; sie mussten trotzdem weitergehen. Nachdem er so tief Luft geholt hatte wie ein Taucher vor dem Sprung in die Tiefe, führte Merrick sie in den neuen Tunnel.
    Sofort wusste er, dass der Tunnel mehr war, als er zu sein schien. Das geöffnete Zentrum des Diakons verzerrte sich, und für einen beängstigenden Moment wurde alles schwarz. Panik schlug über Merrick zusammen, er wurde erstickt, kämpfte um sein Leben und fiel ins Nichts.
    Genauso schnell war es wieder vorbei. Der Diakon fuhr herum, aber alle Wachen waren noch hinter ihm; ihre Augen waren im Lampenlicht so groß und verängstigt wie die von Merrick.
    Die Öffnung zum Hauptrohr lag direkt hinter ihnen, doch Merricks Zentrum kam nicht weiter als bis zum Durchgang. Sie waren nun sehr, sehr weit vom Tunnel unter dem Palast entfernt.
    Dael leckte sich die Lippen, bevor er es wagte, seine Stimme zu benutzen. »Geehrter Diakon, was ist da geschehen?«
    Merrick schloss kurz die Augen, orientierte sich neu in der Welt und erfühlte seinen Platz darin. Was er fand, ergab keinen Sinn; sie waren nicht nur Hunderte von Meilen weiter, sondern es war auch Stunden später und tiefe Nacht. So etwas könnte mit Zaubern und Wehrsteinen erreicht werden, aber er hatte am Eingang zu diesem Tunnel keine gesehen.
    Es würde seinen Wachleuten nichts nutzen, wenn er sie wissen ließ, wie sehr ihn dies überraschte. »Wir sind nicht mehr in Chioma – wir haben uns bewegt.« Die Männer traten von einem Fuß auf den anderen, aber es war ein Zeugnis ihres Charakters und ihrer Ausbildung, dass sie nicht zum Ausgang rannten, der nur wenige Meter entfernt zu sein schien. »Das hat nichts zu bedeuten – wir folgen nach wie vor Prinzessin Japhne.«
    »Ja, Sir!«, ergriff Dael das Wort, und der Diakon war so dankbar, dass er dem Mann die Hand hätte schütteln mögen.
    Stattdessen nickte Merrick nur und ging voran in die Dunkelheit. Was sich in Chioma noch wie warme Luft angefühlt hatte, war jetzt eiskalt. Die Veränderung musste ein Ergebnis der Macht sein, die den Durchgang erschaffen hatte.
    Noch beunruhigender war, wie wenig ihm sein Zentrum brachte. Merrick erwähnte es nicht, aber die Dunkelheit um seine Sinne war genauso tief wie um seine Männer.
    Als die Leere plötzlich zum Leben erwachte, war Merrick so schockiert wie sie, konnte aber nicht erkennen, was sich da regte, denn die ersten Männer, die zu Boden gingen, waren die drei mit den Laternen. Ringsum hörte er, wie sich etwas bewegte; für seine verwirrten Ohren klang es nach nasser Wäsche, die an der Leine flatterte. Die Wachen schrien nur wenige Schritte entfernt; das Geräusch hallte im Rohr wider, bevor es mit einem erstickten Gurgeln verstummte. Sein erster Gedanke war, das Schwert zu ziehen, aber er wagte nicht zuzuschlagen, ohne zu wissen, wo der Angreifer war. In der Verwirrung konnten sie sich alle gegenseitig töten.
    Anscheinend hatten die Wachen dies nicht bedacht. Sie hoben ihre Gewehre und schossen wild um sich, und das Mündungsfeuer blendete Merricks ans Halbdunkel gewöhnte Augen. Er lauschte angestrengt, um trotz des Krachs etwas zu hören. Dann fuhr er herum und nahm wahr, dass andere Wachen ihr Schwert gezogen hatten und im Stockdunkeln um sich schlugen. Der eiskalte Tunnel roch jetzt nach Blut, Schießpulver und Panik.
    Er musste sich mehrmals auf den von Steinen übersäten Boden werfen, um nicht von seinen verängstigten Gefährten in Stücke gehauen zu werden. Dann rollte er sich aus dem Weg, rappelte sich auf und zog seine Waffe. Im Geiste aber zog er noch etwas viel Nützlicheres, die vierte Rune der Sicht, Kebenar, um die Wahrheit dessen zu sehen, was um ihn herum geschah.
    Es half nichts. Ein weiterer Wachmann ging heulend zu Boden, und Blut spritzte aus seiner zerrissenen Kehle, während seine Gefährten in der Hoffnung, etwas zu treffen, um sich schlugen. Aber was auch immer sich in der Dunkelheit bewegte, war entweder zu schnell oder hatte keinen stofflichen Körper.
    Merrick rief ihnen zu: »Dael, ihr anderen, kommt hierher! Bei den Knochen, bleibt ruhig!«
    Doch er bat sie, gegen die primitivste menschliche Angst anzukämpfen: gegen die Furcht vor dem Ding in der Dunkelheit, das auf Blut aus ist. Einer der beiden letzten Wachposten schlug durch schieres Versehen seinem Gefährten in den Hals, und der stürzte wie ein gefällter Baum zu Boden. Dann nahm

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