Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)
Herzschlägen, dass es nicht so war.
Raed wusste nicht, was die Bestie meinen könnte, und sie äußerte sich nicht näher.
Isseriah redete weiter, und seine Worte überschlugen sich, als sei es ihm peinlich, seinem Herrn eine so schlimme Nachricht bringen zu müssen. »Ihr könnt heute Nacht in meinem Lagerhaus unterkommen; es ist durchaus sicher. Ich sage meinen Männern, dass Ihr mein Cousin seid und ich Euch das Geschäft erkläre. Ich habe genug Verwandtschaft, um dies glaubwürdig erscheinen zu lassen.«
Raed betrachtete den jungen Mann und sah, was einst in seinen eigenen Augen gestanden hatte – Hoffnung. Er hatte Angst davor, sie sich anmerken zu lassen, aber da war sie. Also schlug der Junge Prätendent ihm auf die Schulter. »Euer Großvater wäre stolz auf Euch, Isseriah. Ihr geht für meine Familie und mich große Risiken ein.«
»Wir alle hoffen, Euch wieder auf dem Thron zu sehen.« Der hochgewachsene junge Mann neigte den Kopf. »Daher ist mir alles, was ich für Euch tun kann, eine Freude und eine Pflicht.«
Es war lange her, dass sie dicht an der Küste des Reichs entlanggefahren waren, daher hatte Raed vergessen, dass das Feuer der Rebellion unter dem niederen und enteigneten Adel noch immer brannte. Obwohl er all diese Hoffnungen für vergeblich hielt, würde er dennoch die Treue dieses jungen Mannes nicht zerstören.
»Trotzdem vielen Dank«, murmelte er. Dann erlaubte Raed Isseriah mit einiger Verlegenheit, sich auf ein Knie niederzulassen und die Stirn gegen die Hand des Jungen Prätendenten zu drücken – dorthin, wo der Siegelring hätte sein sollen. Es war viele Jahre her, seit er dies jemandem gestattet hatte, und es war ihm mehr als peinlich – es kam ihm unehrlich vor. Je eher sie Fraine fanden und er zurück auf die
Herrschaft
kam, desto besser.
Die Großherzogin kämpfte im Langen Flur des Palasts in Vermillion, aber sie war mit den Gedanken woanders. Ihr dicker, dunkler Zopf war zurückgebunden, doch einige Strähnen hatten sich gelöst und klebten ihr am Mundwinkel. Schweiß rann ihr über das Gesicht. Zofiya war sich all dieser kleinen Ärgernisse bewusst, schenkte ihnen jedoch keine Beachtung – selbst beim Kampf war sie nicht bei der Sache.
Denn heute hatte sie mehrere beunruhigende Hinweise darauf erhalten, dass das Leben ihres Bruders in Gefahr war. Das war nichts Neues. In Arkaym hatte sie die Verantwortung für sein Wohlergehen übernommen, und in all den Jahren hatte es zahlreiche Mordanschläge gegeben. Sie wusste das, weil sie darüber sorgfältig Buch führte.
Im vergangenen Jahr waren Unzufriedene allmählich dahintergekommen, dass sie dafür drakonische Strafen verhängte, und die Zahl der Anschläge war gesunken. Zofiya hatte Burgdächer abgedeckt, Mitglieder alter Adelshäuser zu Bauern gemacht und allgemein so viel Furcht verbreitet, wie ihr Bruder ihr nur durchgehen ließ.
Ihr Vater hatte immer gesagt: »Der vorstehende Nagel wird am kräftigsten eingehämmert.« Obwohl die Großherzogin in vieler Hinsicht anderer Meinung war als der König von Delmaire, waren sie sich in diesem Punkt vollkommen einig.
Doch trotz allem hatte sie aus zuverlässiger Quelle gehört, dass ihrem Bruder »zwischen den Rosen« etwas zustoßen könnte. Es war wahrscheinlich nur wieder unüberlegtes Gerede von Adligen, die nicht genug mit dem Hammer bearbeitet worden waren. Sie ignorierte dennoch keine Drohung. Nur als Vorsichtsmaßnahme hatte sie seine persönliche Garde informiert, dass der Kaiser sich heute nicht in die Gärten begeben dürfe.
Draußen brach die Sonne durch die jagenden Wolken, und das Licht im Saal hellte sich auf. Diese Veränderung lenkte ihren Gegner kurz ab, und da Zofiya fand, die Übung habe lange genug gedauert, machte sie einen Ausfallschritt nach vorn. Das Trainingsflorett in ihrer Hand blitzte auf, und der unglückliche Kaisergardist, der ihre Zielscheibe war, trat nicht rasch genug zurück und bekam seine Waffe nicht schnell genug hoch, sodass Zofiya ihm hart auf die Fechtmaske schlug.
Der Knall des Schlags hallte durch den Marmorgang und wurde von den Reihen der Gemälde und Skulpturen zurückgeworfen.
»Liebste Schwester.« Die Stimme schreckte sie auf, und als sie herumwirbelte, sah sie den Kaiser von Arkaym im Schatten des Türbogens stehen. Kaleva, ihr älterer Bruder, beobachtete sie mit dunklen Augen und einem Lächeln.
Für einen Kaiser lächelte er viel zu oft, aber wie immer blieben seine Gedanken verborgen. Zofiya nahm die Maske ab,
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