Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)
zusammen. Während sie den Hügel hinunterstolperten, rollten und sprangen Trümmer an ihnen vorbei. Merrick riss Nynnia zurück, als ein reich verziertes Säulenfragment vorbeiflog. Bruchstücke prasselten in einer Staubwolke auf sie ein, aber sie rannten weiter.
Plötzlich schlang sie sich um ihn und rollte mit ihm unter einen Felsvorsprung, als ein Kiesregen auf den Hang niederging.
Ohrenbetäubend grollte die Erde unter ihren Füßen, doch alles, was Merrick wahrnahm, war Nynnias warmer Körper, der sich fest an ihn drückte. Er spürte ihren keuchenden Atem an der Wange, und trotz ihrer Lage musste er einen eisernen Willen aufbringen, um sie nicht zu küssen. Es war nicht das Rumoren der Erde, das ihn daran hinderte – es war das Wissen, dass dies zwar Nynnia sein mochte, aber nicht die Nynnia, die sich in ihn verliebt hatte.
»Wir sind fast da«, sagte sie und wandte den Blick von ihm ab. Trotzdem ergriff sie seine Hand, und einmal mehr rannten sie. Merrick konnte kein Ziel entdecken, weil die Ausläufer des Berges ganz so wie zu seiner Zeit aussahen, kahl und mit Steinen übersät.
Hinter ihnen knackte etwas, und es gelang ihm, sich rasch umzusehen. Der Berg war zur Hälfte weggesackt, und eine Gerölllawine donnerte auf sie zu. Es war Nynnia, die ihn rettete.
Ohne sich auch nur umzuschauen, wich sie einem fallenden Stein mit einer Genauigkeit aus, die einem normalen Menschen nicht gegeben war. Merrick, der an ihrer Hand hing, folgte ihr.
Es war eine unmögliche Leistung, und Merrick fragte sich, ob Nynnia eine Version seiner Sicht benutzte, um sie zu vollbringen. Wenn er versucht hätte, die Rune Masa zu verwenden, hätte es ihn so viel Konzentration gekostet, dass er dabei wie ein Käfer zerquetscht worden wäre. Gerade als er über dieses Rätsel nachdachte, blieb Nynnia wie angewurzelt stehen.
»Hier ist es«, keuchte sie, und für einen Moment hatte er keine Ahnung, wovon sie sprach. Dann glitt ein großer Felsbrocken zur Seite und brachte eine abwärtsführende Treppe zum Vorschein. Merrick brauchte keine Einladung, um Nynnia zu folgen.
Kaum hatten sie die Stufen betreten, schloss sich die Öffnung hinter ihnen. Es war plötzlich sehr still. In dem seltsamen, grünen Licht konnte Merrick erkennen, dass sie sich in einer kleinen Kammer befanden, und als er eine Wand berührte, spürte er glattes Metall.
Seine Stirn legte sich in tiefe Falten – er konnte das Metall nicht identifizieren.
Zu Nynnia gewandt, fragte er: »Seid Ihr eine Art Mechaniki?«
Ein sanftes Lächeln huschte über ihre Lippen. »Wenn Ihr meint, ob wir Dinge herstellen und bauen, dann ja, so haben wir angefangen. Unsere Vorfahren waren neugierige Menschen, und schon bald wurden wir unser eigener Stamm von Suchern. Das Wissen, das wir gesammelt haben, wurde von Generation zu Generation weitergegeben.«
»Bis ihr in der Lage wart, das hier zu erschaffen«, flüsterte Merrick. Er dachte an dieses verlorene Wissen, das seine Leute gerade erst wiederentdeckten, und schluckte vernehmlich. »Sind wir hier unten sicher?« Er deutete etwas sinnlos nach oben.
»Vorläufig.« Nynnia stieß einen langen Seufzer aus, neigte den Kopf zur Seite und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wir müssen mit Mestari reden – er wird wissen, was mit dir zu geschehen hat.«
Das Licht in der Kammer war freundlich, ließ ihre Züge weicher erscheinen und vertrieb die graue, müde Blässe, die er im Tempel gesehen hatte, von ihrem Gesicht. Unter diesen Bedingungen fiel es Merrick leicht, sich vorzustellen, dass dies seine Nynnia war. Die Möglichkeit, dass er sie wieder verlieren könnte, trieb den Diakon fast bis zur Verwegenheit. Er fasste sie an den Armen. »Was immer Euer Plan ist, wir müssen uns beeilen.«
Sie hielt inne und berührte sein Gesicht. »Ich sehe, dass Ihr ein guter Mann seid, Merrick, und wenn Ihr sagt, ich würde mich in der Zukunft in Euch verlieben, glaube ich Euch – aber es lässt sich nicht ändern.«
Die Resignation in ihrer Stimme brach ihm das Herz. Also küsste er sie wieder.
Sie drückte die Hand gegen die Brust des Diakons. »Ich weiß nicht, welche Art von religiösen Orden es in der Zukunft geben wird.« Sie kicherte. »Aber ich glaube, ich mag sie.«
Merrick wollte ihr erzählen, wie der Orden sich nach dem Erscheinen der Anderwelt von einer religiösen Gemeinschaft zu etwas anderem gewandelt hatte, aber er bremste sich. Es war ziemlich verwirrend, mit jemandem aus seiner Vergangenheit zu reden.
Nynnia sah
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