Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)
könnte sich darauf auswirken, wie wir uns in diesen letzten Tagen verhalten.«
Nynnia drückte Merrick die Fingerspitzen, und ihm wurde sofort warm. »Wie soll das gehen? Wir haben so wenige Entscheidungen zu treffen … nur eine, um genau zu sein. Und die haben wir schon vor langer Zeit gefällt.«
Im Diakon krampfte sich alles zusammen. Er wusste, dass die Ehtia in der Anderwelt endeten, aber er war sich immer noch nicht sicher, ob sie starben oder es irgendwie schafften, lebend dorthin zu gelangen. Ungebeten tauchten Gedanken an seine und Sorchas Erfahrung dort auf.
Die meisten Ehtia im Raum wandten den Blick ab, aber eine Frau mit exakt geschnittenem Bob knallte die Hand auf den Tisch. »Nynnia, darf ich dich daran erinnern, dass dies allein unsere Angelegenheit ist. Selbst unsere Verbündeten« – sie deutete mit dem Kopf auf Onika – »dürfen nicht all unsere Geheimnisse kennen. Geschweige denn jemand, den du gerade erst kennengelernt hast.«
Der Prinz erhob sich geschmeidig von seinem Platz. »Dann lasst mich den jungen Mann beiseitenehmen – ich bin mir sicher, dass er Fragen hat.« Er machte eine kleine Verbeugung vor den anderen. »Wir werden Euch verlassen, damit Ihr Eure Vorkehrungen treffen könnt.«
Merrick gab Nynnia einen flüchtigen Kuss, ohne darüber nachzudenken, wie dies den anderen erscheinen musste, und folgte der eleganten Gestalt Onikas aus dem Raum. Als ein Mann, der in beiden Zeiten lebte, hatte der Diakon irgendwie das Gefühl, dem Prinzen vertrauen zu können – auch wenn er begriff, wie lächerlich das war. Der Prinz würde ihn erst in tausend Jahren kennenlernen – und er war auch nicht ganz menschlich.
Sie betraten den pulsierenden, vibrierenden Metallraum, und jetzt, da Merrick seine Fassung wiedergefunden hatte, sah er, wie viele Ehtia umhereilten. Der Prinz stand reglos da und beobachtete das Geschehen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und der Diakon hatte den Eindruck, er runzelte hinter der Maske die Stirn.
»Sagt mir, was hier vorgeht.« Der Diakon richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
»Ihr wisst das nicht?«
»Vieles ist in der Zukunft verloren – ich kannte nicht einmal den Namen von Nynnias Volk. Wir nannten sie einfach die Alten.«
»Wie überaus einfallsreich.« Onika lachte in sich hinein, aber es war ein Anflug von Bitterkeit darin. Er ging zu einer anderen Tür und neigte den Kopf. »Lasst mich Euch ein wenig unterrichten.« Die scharfe Geste ließ die Kristalle schwingen, und für eine Sekunde erhaschte Merrick einen Blick auf Onikas faszinierende, entsetzliche Augen.
Der Diakon musste Antworten auf all das bekommen, und zwar nicht nur, weil seine Natur das verlangte: Es war seine Ausbildung als Mitglied des Ordens, die auf Befriedigung seiner Neugier drängte.
Der Prinz drehte an einem schmalen Eisenrad in der Tür, dann zog er sie auf. Sie schwang lautlos in den Angeln – oder zumindest nahm Merrick an, dass es lautlos geschah, da er über dem plötzlichen Hämmern und Klappern, das aus dem Raum drang, nichts hören konnte. Es war die Art von Lärm, die den Körper erschütterte und Denken unmöglich machte. Das einzige vergleichbare Geräusch war das Stampfen der Pochwerke in den Minen seines Vaters gewesen. Er hatte sie nur ein einziges Mal besucht. Dieser Krach hatte ebenfalls einen ziemlichen Eindruck bei ihm hinterlassen.
Onika ging ihm voran, und selbst er musste sich die Ohren zuhalten. Was er auch war: Ein hämmernder Kopfschmerz oder ein gerissenes Trommelfell waren offenbar auch für ihn ein Risiko. Bei klingenden Ohren fiel es Merrick nicht leicht, sich auf das zu konzentrieren, was er sah. Der Ölgeruch, der ihm in die Nase stach und ihm das Atmen schwer machte, steigerte die beglückende Erfahrung noch.
Es war eine Maschine, die die Mechaniki aus Vermillion vor Eifersucht zum Weinen gebracht hätte. Sie füllte den Raum aus, dessen Fläche zwar nicht sehr groß war, der sich aber sehr weit nach oben und unten erstreckte. Merrick und der Prinz von Chioma standen auf einem Gitterrost und blickten über den Rand. Der Diakon konnte weder Decke noch Boden ausmachen, weil überall drehende Zahnräder, Räder und Antriebskolben zu sehen waren. Der einzige Gegenstand, dessen Zweck er erkannte, war ein großer Wehrstein, der keinen Meter von seiner Hand entfernt angebracht war – der größte, den er je gesehen hatte. Bei ausgestreckten Armen könnte er kaum beide Seiten berühren. Die blaue Oberfläche wirbelte wie wild,
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