Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
Jeder Mensch weiß, daß es eine Trennung »im Guten« nicht gibt, immerhin aber waren wir ohne größere gegenseitige Verletzungen auseinandergegangen. Sie hatte mir erst vor einiger Zeit erzählt, daß Bredow die große Liebe ihres Lebens sei. Auch ich fand jetzt keine tröstenden Worte, bot ihr aber an, sie nach Hause zu bringen.
»Das ist sehr nett von dir, gerne. Ich bin ein wenig durcheinander in den letzten Tagen.«
Ich kannte Margrets neue Wohnung bisher nicht. Eine Eigentumswohnung in einem sanierten Altbau, direkt gegenüber dem Schloß Charlottenburg, auf der anderen Seite der Spree mit hübschem Blick auf Schloß und Schloßpark. Während Celine in einer Mischung aus Büro und Schlafquartier wohnt, war das hier die Wohnung einer Frau, die mit der Wohnungstür auch ihr Arbeitsleben ausschloß. Alles war in weichen Pastelltönen gehalten, dekorative Trockenblumensträuße wurden in ihrer Wirkung durch frische Blumen verstärkt. Auf dem Sofa lag zusammengerollt eine ziemlich dicke Katze, die Margrets Erscheinen nur mit einem kurzen Öffnen der Augen zur Kenntnis nahm.
»Hallo, Bella, hast du mich vermißt?«
Wenn ja, gab Bella das nicht zu erkennen. Margret schlüpfte aus ihren schwarzen Pumps, stellte sie im Flur ordentlich zur Seite und verschwand in der Küche. Aufmerksam geworden durch das Geräusch der Kühlschranktür, machte sich auch die Katze auf den Weg.
»Möchtest du was zu trinken?«
»Sprichst du mit mir oder der Katze?«
»Die Wünsche meiner Katze kenne ich.«
»Was hast du da?«
»Ist das nicht deine Zeit für einen Campari Orange?«
Margret hatte auch meine Wünsche nicht vollkommen vergessen, oder vielleicht hatte sich auch Bredow gerne bei einem Campari Orange entspannt.
»Gute Idee, gerne!«
Ich schaute mich um. In ihrer alten Wohnung hatte es noch Erinnerungen an das junge Mädchen Margret gegeben. Fotos von Schulbällen, Plüschtiere auf dem Bett und darüber eine Liste mit den schlimmsten Tagen ihres Lebens als Erinnerung, daß sie auch diese überstanden hatte. Wo würde sie den heutigen Tag notieren?
Margret tauchte mit meinem Campari und einem Glas Wein auf. Ihr schwarzes Kostüm hatte sie gegen eine Seidenbluse und Jeans gewechselt. Ich fühlte mich auch nicht besonders wohl in meinem Examensanzug und zog wenigstens Jacke und Schuhe aus.
»Ich hätte nie gedacht, daß du einen Anzug hast.«
»Oh, ich bin recht gut sortiert, vielleicht nicht immer ganz aktuell.«
»Hast du niemanden, der ein bißchen auf dich achtet?«
»Doch, habe ich. Aber Celine findet Klamotten auch nicht so wichtig.«
»Celine?«
»Ja, Celine.«
»Kenne ich sie?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Was macht sie?«
»Sie himmelt mich an und ist verrückt nach mir.«
»Das ist klar. Macht sie sonst noch was?«
»Sie hat eine halbe Lehrerstelle. Für Mathematik. Und verkauft Versicherungen.«
»Wohnt ihr zusammen?«
»Nein. Aber sie wohnt gegenüber.«
»Wie praktisch für dich.«
Unsere Beziehung war endgültig gescheitert, als Margret darauf bestanden hatte, daß wir zusammenziehen müßten.
»Es ist für uns beide praktisch. Ich glaube nicht, daß es für Celine oder sonst wen erstrebenswert ist, jeden Tag des Lebens mit mir zu verbringen.«
»Aber gerade das, Felix, ist Liebe oder Partnerschaft. Daß man sein Leben teilt, nicht nur stundenweise.«
Margrets Leben mit Bredow dürfte sich ausschließlich stundenweise abgespielt haben. Sie schien meine Gedanken zu erraten.
»Mir hat jeder Tag weh getan, an dem ich nicht mit Knut zusammen sein konnte. Und das waren viel zu viele. Ihm ging es genauso.«
»War Dr. Bredow dein nächster Mann nach mir?«
Natürlich ging mich das nichts an. Und es interessierte mich auch nicht furchtbar. Aber es war klar, daß Margret reden wollte, am liebsten über Bredow.
»Er war meine nächste Liebe nach dir, wie ich dir schon einmal gesagt habe – er war die große Liebe meines Lebens.«
Margret hatte sich bisher ziemlich tapfer gehalten, nun allerdings schlichen sich ein paar Tränen in die Augenwinkel. Sie schneuzte sich und lächelte dann etwas.
»Aber er war nicht mein nächster Mann nach dir, im Sinne von miteinander schlafen und so. Das war Boris, der verrückte Russe.«
Ihre Katze tauchte wieder auf und schaute mich wenig begeistert an. Wahrscheinlich saß ich auf ihrem Lieblingsplatz, oder sie hatte Angst, ihr Futter mit mir teilen zu müssen.
»Wie bist du denn an einen Russen gekommen?«
»Eigentlich ist Boris gar kein Russe. Er
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