Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
kommt aus der Ukraine.
»Aha, wie bist du an einen Ukrainer geraten?«
»Du wirst es nicht glauben. Ich habe ihn durch Dohmke kennengelernt.«
»Durch Dohmke, den Oberfiesling?«
»Durch den Oberfiesling, weil, wie du weißt, Dohmke auch für die Blutbank zuständig ist. Sie kamen nach Feierabend, als die anderen Mädchen schon nach Hause gegangen waren. Boris ist Geschäftsmann. Wie ich später gelernt habe, handelt er mit allem und jedem. Dohmke hat ihn seinerzeit angeschleppt, damit ich ihm unser Lagersystem und die Vorschriften für Blutkonserven in Deutschland erkläre. Er wollte eine Kette von Blutbanken in Rußland und diesen Staaten aufziehen, da gebe es für eine Flasche Wodka jede Menge Blutspender. An dem Abend hat mich Boris noch in eine Bar eingeladen, und dann haben wir uns ab und zu gesehen.«
Blut gegen Wodka – ein feines Geschäft. »Hast du noch einen Campari?«
Kaum war Margret aufgestanden, sprang die Katze auf ihren Sessel. Als Margret mit meinem Campari zurückkam, setzte sie sich zu mir auf die Couch. Für sich hatte sie die Weinflasche mitgebracht. Während unserer gemeinsamen Zeit hatte Margret kaum Alkohol getrunken. Hatte sich das geändert, oder lag es an der Beerdigung ihres Geliebten?.
»Und – wie war's mit Boris?«
»Lustig. Und anstrengend. Mit ihm zusammen war immer was los, ein unheimlich aktiver Typ. Und großzügig. Er hat mit dem Geld nur so um sich geworfen. Einmal haben wir nachmittags einen Kaffee getrunken, da hat er der Bedienung fünfzig Mark Trinkgeld gegeben. Weil sie so nett gelächelt habe.«
Sie goß sich erneut Wein ein.
»Es war irre mit Boris. Ich habe russische Kneipen kennengelernt, die würdest du nicht einmal finden, wenn ich dir die Adresse gäbe. Wenn wir zusammen in der Stadt unterwegs waren, war es, als sei Berlin eine russische Stadt. Unglaublich. Du hast keine Vorstellung, wie viele Russen hier leben.«
Einige sterben hier auch, hätte ich ihr dazu sagen können. Aber es war nicht der richtige Tag, ihr von Mischa zu erzählen.
»Und wie ist es auseinandergegangen?«
»Es war einfach zu anstrengend. Boris ist hier nachts um eins oder später aufgetaucht und wollte ausgehen. Das war eine Zeitlang ganz lustig, aber irgendwann wurde es mir zu lustig. Außerdem war er manchmal gewalttätig, wenn er zuviel getrunken hatte.«
»Hat er dich geschlagen?«
»Nicht direkt, aber oft war es kurz davor. Einmal hat er mich sogar mit einer Pistole bedroht.«
»Hört sich nicht gut an.«
»Na ja. Er war nicht nüchtern, und er hat sich am nächsten Tag auch ganz furchtbar entschuldigt. Er hat mir sogar die Pistole gegeben. Er sagte, ich solle sie aufheben und ihn erschießen, wenn er mir jemals wieder weh täte.«
»Und – hast du die Pistole benutzt?«
»Natürlich nicht. Russen sind immer so melodramatisch. Außerdem war es dann auch bald vorbei mit uns.«
»Und wie bist du dann mit Bredow zusammengekommen?«
»Genau so, wie die übliche Affäre im Büro beginnt. Auf unserer Weihnachtsfeier. Aber es war nicht eine dieser Büroaffären. Ich glaube, das war uns beiden von Anfang an klar.«
»Du hast sicher einen anderen Dr. Bredow gekannt als den, mit dem wir in der Klinik zu tun hatten.«
»Ich weiß, was du meinst. Damit hatte er auch echt Probleme, immer den Buhmann spielen zu müssen. Da war er ganz anders als Dohmke. Dem macht das nichts aus.«
»Stimmt. Dohmke macht's Spaß, uns zu ärgern. Aber auch Bredow hat keinen furchtbar traurigen Eindruck gemacht, wenn er uns Planstellen oder das Weihnachtsgeld gestrichen hat.«
»Ich möchte mal sehen, wie beliebt du in der Klinik wärest, wenn du das knappe Geld verteilen müßtest!«
»Niemand hat je bestritten, daß Bredow gut mit Geld umgehen konnte.«
Margret sprang auf, Zornesröte im Gesicht.
»Ich glaube, es ist besser, du gehst.«
Ich mag zwar ein Weltmeister für unpassende Bemerkungen sein, aber aktuell war ich mir keiner Schuld bewußt.
»Was ist denn in dich gefahren?«
Die Katze hob kurz den Kopf, um zu sehen, ob die Dinge vielleicht einen für sie günstigen Verlauf nehmen würden. »Denkst du, ich weiß nicht, was in der Klinik geredet wird?
Daß Knut mir diese Wohnung gekauft hätte oder sie eingerichtet hat und daß ich ein Extra-Gehalt bekäme, was weiß ich ...«
»Dummes Gerede gibt es überall. Ich hatte nicht die geringste
Absicht, so einen Quatsch anzudeuten.«
Hatte ich wirklich nicht. Ich hatte nicht vor, Margret heute mit der Tatsache zu konfrontieren, daß
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