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Die Sache mit dem Ich

Die Sache mit dem Ich

Titel: Die Sache mit dem Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fischer
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Journalisten aus Japan, Österreich, England, Spanien in einer Suite des Hyatt Regency Hotels am Gendarmenmarkt. Eine hübsche blonde Frau ist auch dabei. Alle haben Sicherheitschecks durchlaufen und werden angehalten. Das letzte große Tier des Rock muss sanft behandelt werden, sonst zerbricht es wie schon viele große Tiere vor ihm (Prince, Michael Jackson, Beatles).
    Niemandem sonst, nicht mal ihren hundert Millionen Fans, müssen die Rolling Stones so dankbar sein wie den Journalisten, die ihnen seit 46 Jahren die ewig gleiche Frage stellen: Wann ist endlich Schluss mit eurer Truppe, ihr Rentner? Es ist allein diese Frage, die es ihnen ermöglicht, mit jedem Album und jeder Tour wiederaufzuerstehen und loszurennen wie der Duracell-Hase. Und je näher sie jetzt – alle Mitte sechzig – dem Zeitpunkt ihres wirklichen körperlichen Endes rücken, umso größer und legendenhafter scheinen sie. Richards hat sein letzter Sturz mehr geschadet, als er zugibt, heißt es. Sein Arzt soll ihm so ziemlich alles verboten haben, was früher Spaß gemacht hat.

    Gefragt, warum er sich in »Shine a Light« nicht mit der Band unterhält, antwortete Martin Scorsese: »Es gibt nichts mehr zu fragen. Es sind die Stones! Sie wurden schon alles gefragt!« Stimmt nicht! Fragen an die Rolling Stones gibt’s immer, auch 2008 noch. Und zwar genau drei:
    1. Mick, warum werden Sie nicht dick?
    2. Keith, wie verhält sich die Asche Ihres toten Vaters (angeblich hat er sie 2006 geschnupft) im Vergleich zu allem, was Sie sonst durch die Nase gezogen haben?
    3. Mick, wie gefährlich ist die Männerfresserin Carla Bruni für den Weltfrieden? Immerhin hat Frankreich die Bombe. (Jagger war Anfang der Neunziger mal mit ihr zusammen und könnte Sarkozy sicher gut beraten, falls es Probleme gibt.)
    Sorry, Ron. Sorry, Charlie.
    Natürlich ist es toll, wenn die Band dann vor dir sitzt: Keith, der irgendwo im Haar eine Klapperschlange versteckt hat. Watts, der so gut angezogen ist. Jagger, der so brav wirkt in seinem hellen Hemd. Wood, der so nett lächelt. Das letzte große Tier des Rock ist höflich und bestens gelaunt, und die Journalisten befragen es wie einen Zeugen, der an Orten war, die die Journalisten nur vom Hörensagen kennen. Orte, an denen Heroinspritzen kreisen (Richards) und Whiskeyflaschen rumgereicht werden (Wood), Orte der Ruhe (Watts) und der vielen Frauen (Jagger). In 46 Jahren kommt viel zusammen. Die Journalisten begegnen den Stones wie Göttern. Als interviewten sie Pan. Die Stones flirten dabei mit der hübschen Blonden.
    Ron fängt an. Er steckt ihr seine Zigarette zwischen die Lippen.
    Mick schaut sie mit großen Augen an.
    Keith knarzt mit den Zähnen wie ein Schiff im Sturm und sagt »Baby, Baby, Baby«.
    Charlie lächelt nett.
    Es ist ein Spiel, aber es ist auch Ernst. Es ist toll. Es ist einstudiert und spontan zugleich. Wie alles, was sie machen.

    Mick, warum werden Sie nicht dick?
    Jagger: »Es überrascht mich selbst. Es liegt wohl an der Ernährung in meiner Kindheit. Wir hatten nicht viel zu essen.«
    Aber Sie sind doch ein Lehrerkind. Geld für Essen gab’s doch genug!
    Jagger: »Aber fast nie Fleisch.«
    Ron Wood: »Ich sah mein erstes Steak mit vierzehn!«
    Keith, es herrschte etwas Unklarheit darüber, ob Sie die Asche Ihres Vaters nun geschnupft haben oder nicht. Wie fühlt es sich an, wenn man ...
    BESTEN DANK, NÄCHSTE FRAGE !!!, brüllt ein Bodyguard. Er springt plötzlich hinter einem Türrahmen hervor. Niemand wusste, dass er überhaupt da war. Die Frage nach der Gefährlichkeit von Carla Bruni können wir daher erst zur nächsten Tour stellen. 2014 oder 2037 wahrscheinlich.

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Mein schneller Freund
    Als ich dreizehn Jahre alt war, hatte ich mal einen Freund, der davon überzeugt war, der schnellste Junge der Welt zu sein.
    Wenn ich sage »schnell«, dann heißt das nicht nur, dass er ein guter Läufer war (war er, aber am Sport hatte er irgendwann das Interesse verloren) – es heißt, dass er eine zwanghafte Obsession mit Geschwindigkeit überhaupt hatte; mit Geschwindigkeiten aller Arten: im Kopf, im Körper, im Handeln. Schnelligkeit, war er überzeugt, ist das höchste Gut des Menschen, die höchste Qualität, der einzige Gradmesser für den Fortschritt.
    »Geschwindigkeit ist Effektivität«, sagte er immer, »Geschwindigkeit ist Erfahrung.«
    Das Zimmer im Haus seiner Eltern war voller Insignien der Schnelligkeit. Er hatte Bilder von Geparden und Haifischen an den Wänden, Flugzeugmodelle und

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