Die Sache mit Jo und Mo (German Edition)
„Fang zum Beispiel mit meinen richtigen Namen an: Monty!“
„Gärtner, ich weiß“, ergänzte Jo gelassen. „Eine merkwürdige Kombination.“ Monty hob den Kopf und verdrehte die Augen.
„Mein Vater heißt Gärtner, klar? Eigentlich heiße ich Montgomery. Monty Montgomery.“ Er betonte das „Monty“ besonders.
„Wow, toller Name“, entfuhr es Jo. Wenn das nicht mal exotisch klang.
„Hättest du das nicht selbst herausfinden können?“, fragte Monty schnippisch.
„Ich bin ja dabei, Mo“, grinste Jo, „Aber eigentlich kannst du mir doch auch mehr über dich sagen, wenn wir hier schon so nett zusammensitzen.“
„Ich wüsste nicht, was es über mich interessantes zu erfahren gibt“, lehnte Monty rund heraus ab.
„Naja“, begann Jo, „Warum du jetzt hier wohnst zum Beispiel? Und nicht mehr beim Zirkus.“ An Montys Gesichtsausdruck erkannte Jo, dass er gefährliches Terrain betreten hatte. „Oder ist das eins deiner Geheimnisse?“
„Nein“, schnaubte Monty schnell, zögerte einen Moment und kniff die Lippen zusammen.
„Meine Mutter ist tot. Mein Vater hatte mit dem Zirkus sowieso nichts am Hut. Er hat mich kurzerhand hierher geholt und nun lebe ich hier, gehe auf diese Schule und werde seit über einer Woche von einem absoluten Idioten verfolgt, der zu dumm ist zu kapieren, dass ich nicht mit ihm ausgehen will. Auch wenn ich ihm tausend Mal sage: Ich will nichts mit ihm zu tun haben.“ Herausfordernd sah er sein Gegenüber an und fügte hinzu: „Soweit alles geklärt? Prima, dann kannst du ja gehen.“ Lauernd sah er Jo an.
„Warum versteckt du dich eigentlich dauernd?“ Geflissentlich überhörte Jo die Aufforderung lächelnd. Monty musterte ihn eine ganze Weile, seufzte und klappte schließlich sein Buch zusammen.
„Das kapierst du bestimmt nicht. Jemand wie du hat keine Probleme in einer Schule wie dieser. Du bist doch einer von den Sonnyboys und gehörst überall dazu.“ Er seufzte noch einmal und sah Jo an. „Es gibt aber auch solche wie mich, die einfach nirgends rein passen. Ich sehe anders aus. Und ich bin schon an so vielen Schulen gewesen, ich habe partout keine Lust darauf, jedes Mal erneut deswegen fertiggemacht zu werden, weil ich nicht wie die anderen bin, okay? Am einfachsten ist es, wenn ich einfach für mich bleibe. Dann lassen sie mich gewöhnlich in Ruhe.“ Abrupt stoppte er ab, sah Jo verunsichert an.
Dieser starrte ihn verblüfft an. Mit einem solchen Ausbruch hatte er nicht gerechnet. Monty hatte wohl auch mehr gesagt, als er wollte, denn er biss sich verlegen in die Unterlippe und rutschte unruhig hin und her. Er hatte Recht: Jo kannte es nicht, ein Außenseiter zu sein. An solche Probleme hatte er nicht gedacht. Er war auf den vielen Reisen seiner Eltern Menschen jeder Nation begegnet. Ein fremdländisches Aussehen störte ihn nicht im Geringsten.
„Hast du denn hier keine Freunde?“, erkundigte sich Jo interessiert. Argwöhnisch glitt Montys Blick über Jos Gesicht.
„Nein. Ist einfacher so.“
„Aber was machst du denn nach der Schule oder am Wochenende?“, fragte Jo erstaunt nach. Montys schmales Gesicht überflog ein verschmitztes Lächeln.
„Kein Party-Saufgelage auf jeden Fall“, erklärte er sehr bestimmt. „Meistens lese ich, oder ich schreibe Geschichten, surfe oder spiele ein Spiel.“
„Klingt aber ganz schön langweilig“, stellte Jo grübelnd fest. Augenblicklich verschwand das Lächeln von Montys Gesicht.
„Ist ja auch mein Leben, nicht deins. Ich habe dich nicht nach deiner Meinung gefragt. Es hat nicht jeder so viele Freunde wie du und so ein tolles Leben im Luxus.“ Seine dunklen Augen hatten sich ärgerlich zusammengezogen. Nachdenklich sah Jo ihn an.
„Eigentlich habe ich auch nur einen echten Freund“, meinte Jo zögernd. „Die anderen ... die laufen eben so mit. Aber eigentlich sind sie alle ...“ Er rang nach Worten und musste daran denken, wie abfällig sie sich über Monty geäußert hatten. „Ein bisschen oberflächlich.“ Nachdenklich schaute er auf den Tisch. Monty musterte ihn stumm. Sie schwiegen, bis die Pausenglocke ertönte.
Rasch stand Monty auf, schob das Buch zurück ins Regal und schnappte sich seinen Rucksack. Jo stand ebenfalls auf und ging mit ihm hinaus. Am Anfang der Treppe schob er sich neben Monty und ging gemeinsam mit ihm den Gang hinunter.
„Was machst du eigentlich heute Nachmittag?“, gab Jo einem spontanen Impuls nach. Monty drehte sich zu ihm um, musterte ihn eine ganze
Weitere Kostenlose Bücher