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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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hinten auf ihn und drosch ihm mit der Faust auf den Kopf. Er hatte einen Schlag, der sich wie eine Axt anfühlte. Tahan ging in die Knie. Etwas schlang sich um seinen Hals, dick wie eine Schlange, weitere Wurzeln wanden sich um seine Beine, seinen Bauch.
    Â» Selbst ein gewöhnlicher Baum versteht es, sich gegen Parasiten zu wehren, die ihm gefährlich zu werden drohen « , sagte Ralnir hinter ihm. » Dachtest du wirklich, du könntest hier unten davon sprechen, den neuen König umzubringen, ohne dass der Baum eingreift? «
    Â» Helft ihm! « , rief Noan. » Ihr müsst ihm helfen! «
    Die Wurzeln hinderten Tahan daran, sich umzudrehen und den Triumph in den Augen des Meisters zu sehen.
    Â» Dieser verdorbene Spross des Tyrannen ist wie ein Wurm, der ein Loch in die Rinde bohren will. Ihr könnt bei ihm bleiben, bis es zu Ende ist, oder mit mir kommen, Fürst Noan. Ganz wie Ihr wollt. Ich weise Euch allerdings darauf hin, dass wir den Eingang gleich verschließen werden, damit der Baum ungestört bleibt. «
    Â» Du musst gehen « , ächzte Tahan. » Geh! Verschwinde! «
    Â» Er ist mein Freund « , beharrte Noan. » Ich bleibe.– Lasst wenigstens die Lampe hier! «
    Das Licht entfernte sich, und völlige Finsternis hüllte sie ein.
    Noan seufzte. » Na wunderbar, er ist weg. Mitsamt der Laterne. « Tahan fühlte Hände über seinen Rücken tasten. » Kannst du atmen? Verdammt, ich kann sie kein Stück bewegen. «
    Die Wurzeln hielten ihn immer noch umschlungen, und langsam, ganz langsam, zogen sie sich um ihn zusammen. Die Luft wurde knapp, er wollte husten und schreien und konnte nicht einmal das. Panik überschwemmte seinen Geist, seinen Körper. Er zerrte an den Fesseln, und wieder sanken die Wurzeln ein Stück tiefer in seine Haut, schnürten seine Kehle zusammen. Von draußen hörten sie ein Poltern und Krachen, als die ersten Steine des Portals fielen. Der Boden unter ihnen bebte.
    Â» Das ist nur Berias mit einem kleinen Erdbeben « , vermutete Noan. Vielleicht versuchte er, Ralnirs Gelassenheit nachzuahmen, aber seine Stimme zitterte nicht weniger als das Gewölbe. » Wenn wir schnell genug sind, kommen wir immer noch raus. Ich versuch es jetzt mit dem Dolch. Halt still, damit ich dich nicht verletze. Verdammt, das hatten wir doch gestern erst! Kannst du nicht einen Tag überstehen, ohne dass jemand versucht, dich umzubringen? «
    Tahan wollte lachen und brachte nur ein ersticktes Gurgeln heraus. Ein scharfer Schmerz fuhr ihm durch den Arm. Jetzt hatte dieser ungeschickte Knabe ihn tatsächlich erwischt! Aber es spielte keine Rolle, ob er hier unten erstickte oder verblutete.
    Er konnte fühlen, wie das Blut ihm aus der verletzten Ader strömte.
    Â» Wer bist du? Du bist wieder da? « Aus den Tiefen seines umnebelten Geistes tauchten funkelnde Augen auf. Wurzeln, von dunklem Blut durchnässt, rankten sich wie wildes Haar um das dunkle Gesicht. » Dein Blut ist stärker. Dein Blut ist bitter und reichhaltig und köstlich. Bist du der Diener? Ich habe lange geschlafen, ich bin verwirrt. Wer bist du, und wer ist dann der andere? «
    Tahan spürte die Umschlingung nicht länger nur am Hals und an den Gliedmaßen, sondern auch in seinem Inneren. Tastend bohrten sich Knospen durch sein Herz, durch seine Lungen. Der Schmerz war wie eine Erlösung, wie ein Rausch von sechzehn mal sechzehn Bechern Banoa.
    Â» Ich will dich « , flüsterte die Stimme, die dunkel und schwer war von Erde und Wasser, von den Jahrtausenden, die vorbeigegangen waren, Stürme, Sonne, Hitze, Schnee. » Du bist mir vertraut. Du bist das fehlende Teil, du bist mein Herzschlag. Du bist mir lieb. «
    Die Schlinge um seinen Hals lockerte sich. Tahan spürte, wie Noan sie von ihm löste, sie herunterschob wie eine Würgeschlange, die mitten im Angriff von einer plötzlich auftauchenden philosophischen Frage gelähmt worden war.
    Â» Raus hier! « Noan packte ihn, stieß ihn vorwärts. » Lauf! «
    Blind tasteten sie sich durch die Säulenhalle und stolperten über die brüchigen Stufen zum Licht. Das halbe Portal lag bereits unten, Steine versperrten den größten Teil des Eingangs. Wieder ging ein Beben durch die Mauern. Noan schob Tahan durch den Spalt, ehe er ihm nachkletterte.
    Â» Er hat ihn gehen lassen! « , schrie Berias. » Der Baum hat ihn gehen lassen! «
    Â»

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