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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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laut.
    Â» Ruhe « , flüsterte Noan. » Seid doch… «
    Erneut brüllte jemand vor Schmerzen. Klingen prallten auf Glas, Funken sprühten, Geschrei übertönte das leise Klirren des Tiers. Tahan griff mit beiden Händen nach hinten und zog Brand mit einer einzigen fließenden Bewegung aus der Lederscheide.
    Die Sinors hatten keine Lampen mit. Bestimmt hatten sie geplant, vor Einbruch der Nacht zurück im Lager zu sein. Die frühe Dunkelheit verwirrte sie zusätzlich. Konnten die Helstener nun sogar schon das Wetter beherrschen? Gewundert hätte es ihn nicht.
    Es wäre eindrucksvoller gewesen, in vollem Lauf aus dem Gebüsch zu stürmen, doch Tahan konnte die Bestie ebenso wenig sehen wie die anderen. Ein Schwall Blut spritzte ihm entgegen. Tahan duckte sich, schlich näher. Er hatte es im Gefühl, wo sich das Untier befand. Es war wie eine Ahnung, ein sechster Sinn…
    Er hob das Schwert. Eine kleine Flamme züngelte über die Klinge, und in dem Schein erblickte er das riesige Bärenwesen direkt vor Noan, den Kopf mit dem ausladenden Geweih zum Angriff gesenkt.
    Nicht Singendes Schwert, flehte Tahan innerlich. Einmal, ein einziges Mal, sollte der Fluch ihm gehorchen und ihn in Ruhe lassen! Die Bestie schleuderte Noan in die Luft, gleichzeitig zuckte Brand hoch. Das Lied brach aus der magischen Waffe heraus wie ein Aufschrei, wie ein einziges Wort, eine einzelne Note, von einem Meisterharfner gespielt. Ein Ton, schrill und hoch, ein Ton, gemacht, um Kristall zum Bersten zu bringen.
    Â» Alle runter! « , schrie Tahan.
    Das Tier zerbarst in tausend Stücke, und es hagelte nagelspitze Scherben.
    Kurze Zeit später richtete sich der Prinz auf und schüttelte sich die Splitter von der Kleidung. Vorsichtig wischte er sich über das Gesicht und entfernte mit den Fingerspitzen alle Stückchen, die ihm in den Augenbrauen und Wimpern hängen geblieben waren. Um ihn her wälzten sich die Verwundeten, jemand ächzte: » Ist es vorbei? «
    Er hörte einen Mann weinen.
    Â» Seid Ihr verletzt, Herr? « Tahan beugte sich über den Jungen, der am Fuß eines Baumes lag.
    Den Göttern sei Dank, er atmete noch. Aber ob er mitbekommen hatte, wer ihn gerettet hatte, war zweifelhaft. Verdammt. Alles hatte perfekt geklappt– und ausgerechnet jetzt war Noan ohnmächtig. Von sechzehn Männern, die in den Wald gegangen waren, würden nur sieben zurückkehren. Nach dem Siljalinion war ein hagerer Kerl namens Graf Berten der ranghöchste Adlige, doch der hockte benommen auf dem Boden, übersät von Splittern, und betrachtete verwundert seine von dunklem klebrigem Blut bedeckten Hände.
    Â» Wir müssen die Verwundeten unverzüglich ins Lager bringen « , sagte Tahan laut. War denn niemand hier, der das Kommando übernehmen konnte? » Wer kann noch gehen und wer braucht Hilfe? « Er stieß Berten sacht mit dem Fuß an. » Aufstehen! « , blaffte er ihn an. » Wird’s bald! Erhebt Euch, Sinor! «
    Dieser Trottel! Der Geruch des Blutes würde bald weitere Tiere anlocken; auch echte Wölfe und Raubkatzen konnten den Verletzten gefährlich werden.
    Â» Wir müssen los! Jetzt! «
    Er zerrte die Soldaten in die Höhe. Es hatte den Anschein, als wären sie alle betrunken. Tahan musste sie beschimpfen und sogar ohrfeigen, um die weniger schwer Verletzten in eine Marschordnung zu bringen, und diejenigen, die getragen werden mussten, dazwischen zu verteilen. Der Fluch bestrafte ihn grausam dafür, dennoch ließ er nicht locker, bis alle auf den Beinen waren. Am Schluss hob er Noan hoch. Der Junge war nicht schwer, aber er fühlte sich kalt und schlaff an. Sie mussten sich beeilen.
    Endlich waren sie so weit, den Weg zurück zum Lager anzutreten, die meisten blutend und stöhnend, während die Nacht den Wald mit Furcht und seltsamen Geräuschen füllte.
    Es hatte sich schnell herumgesprochen, was geschehen war. Als der Siljalinion Tahan am nächsten Tag zu sich rief, spürte der Prinz die Blicke der Männer auf sich. Anerkennend nickte ihm der eine oder andere zu. Trotzdem war Tahan alles andere als wohl zumute. Um die Männer zu retten, war er grob mit ihnen umgegangen, und gewöhnliche Adlige neigten nicht dazu, leicht zu verzeihen. Jetzt würde sich zeigen, aus welchem Holz ein Garlawin geschnitzt war.
    Noan saß in seinem schönen weißen Zelt auf einem pelzbezogenen

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