Die Säulen der Schöpfung - 13
wissen, ob damit etwas nicht stimmt, wenn ich meine Pflicht ihm gegenüber nicht vernachlässigen will.«
Jennsen langte nach oben, schloß die Finger um die Waffe und hielt sie fest, während sie der Mord-Sith in die Augen sah. Sie ermahnte sich, nur nicht aus der Rolle zu fallen und den Schein zu wahren, und überlegte fieberhaft, wie sie sich jetzt wohl verhalten würde, wäre sie tatsächlich eine Angehörige der Elitetruppen Lord Rahls.
»Eure Besorgnis verstehe ich durchaus«, erwiderte Jennsen entschieden, fest entschlossen, sich die unverhoffte Chance nicht entgehen zu lassen, obwohl sie sie selbst kaum einzuschätzen wußte. »Ich bin mir darüber im klaren, daß Ihr Lord Rahl beschützen wollt. Diese Loyalität und heilige Pflicht teilen wir, denn unser Leben gehört ihm. Ich bin in einer wichtigen Mission unterwegs, deren Ziel sich mit Eurem deckt – Lord Rahl zu beschützen. Ihr könnt unmöglich wissen, was dies alles beinhaltet, und mir fehlt einfach die Zeit, es Euch auch nur ansatzweise zu erklären. Das Leben des Lord Rahl ist in Gefahr. Wenn Ihr mich in meiner Arbeit, ihn zu schützen, behindert, dann gefährdet Ihr ihn, und ich werde Euch ebenso beseitigen müssen wie jede andere Bedrohung für sein Leben.«
Die Mord-Sith ließ sich Jennsens Worte durch den Kopf gehen. Jennsen hatte nicht die leiseste Ahnung, was genau sie dabei dachte, doch allein die Tatsache, daß sie überhaupt nachdachte, war mehr, als sie den Mord-Sith bislang zugebilligt hatte.
Schließlich langte die Mord-Sith hinunter, schob eine Hand unter Sebastians Arm und half ihm auf. Als er sicher auf den Beinen stand, wandte sie sich wieder an Jennsen.
»Ich würde mich gern mit der Reitgerte auspeitschen lassen und noch weit Schlimmeres ertragen, wenn es zu Lord Rahls Schutz beitrüge. Also geht jetzt – und beeilt Euch gefälligst.« Sie bedachte Jennsen mit einem dünnen, aber herzlichen Lächeln und versetzte ihr dann einen herzhaften Klaps gegen die Schulter. »Mögen die Gütigen Seelen mit Euch sein.« Sie zögerte. »Trotzdem muß ich unbedingt wissen, wieso Ihr die Kraft des Strafers nicht spürt. Eigentlich ist das völlig unmöglich.«
Jennsen war fassungslos, daß eine derart verdorbene Person es wagte, den Namen der Gütigen Seelen zu Hilfe zu rufen; schließlich war ihre Mutter jetzt eine von ihnen. »Tut mir leid, aber das gehört auch zu den Dingen, die Euch zu erzählen ich nicht mal ansatzweise Zeit genug habe; ganz abgesehen davon bin ich im Interesse der Sicherheit Lord Rahls gezwungen, darüber Stillschweigen zu bewahren.«
Die Mord-Sith blickte sie lange und durchdringend an. »Ich bin Nyda«, meinte sie schließlich. »Schwört mir persönlich, daß Ihr Wort halten und ihn beschützen werdet.«
»Ich schwöre es, Nyda, aber jetzt muß ich fort, ich darf wirklich keine Zeit mehr verlieren – aus welchem Grund auch immer.«
Bevor Jennsen sich von der Stelle rühren konnte, hatte die Mord-Sith bereits eine Hand voll ihres Kleides und Umhangs an der Schulter gepackt. »Wir können es uns unter keinen Umständen erlauben, diesen Lord Rahl zu verlieren, denn dann verlieren wir alles. Sollte ich dahinterkommen, daß Ihr mich angelogen habt, garantiere ich Euch zweierlei, erstens, daß Ihr kein Loch finden werdet, das tief genug ist, um Euch vor mir zu verkriechen, und zweitens, daß Euer Tod selbst Eure schlimmsten Alpträume übertreffen wird. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Angesichts des Ausdrucks wütender Entschlossenheit in Nydas Augen konnte Jennsen nur wortlos nicken.
Die Frau machte kehrt und begann die Stufen hinaufzusteigen. »Und jetzt verschwindet.«
»Seid Ihr wohlauf?«, erkundigte sich der Captain bei Sebastian.
Sebastian klopfte sich den Staub von den Knien, während er auf die Treppe zuhielt. »Ich hätte mich lieber mit der Reitgerte auspeitschen lassen als das, aber ich schätze, ich werd’s überleben.«
Der Captain massierte seinen Arm und verzog mitfühlend das Gesicht. »Ich habe Eure Sachen dort oben unter Verschluß, Euer Geld und die Waffen.«
»Das Geld gehört Lord Rahl«, verbesserte Sebastian.
Jennsen wünschte sich nichts mehr, als diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Sie hastete die Stufen hinauf und mußte an sich halten, um nicht plötzlich loszurennen.
»Oh, und noch etwas«, rief die Mord-Sith die Stufen herunter. Sie war stehen geblieben, ihre Hand auf dem rostigen Handlauf, als die anderen hinter ihr die Treppe hinaufeilten. »Das vergaß ich
Weitere Kostenlose Bücher