Die Säulen des Feuers
Vorsichtsmaßnahme, um Euch zu unterstützen, wie die Wachen vor der Tür. Niemand stellt den Befehl Eures Vaters in Frage: Die Hüterin der Kinder seid Ihr.«
Jihans Augen kühlten ab, und die Stube erwärmte sich wieder.
Tatsächlich war Randal nicht sehr von Jihans Leistung hier beeindruckt. Die Frau, wenn man sie überhaupt so nennen konnte, war besessen von mütterlichem Verlangen. Sie hatte die Sturmkinder an den Busen gedrückt, als Roxanes Schlange angriff, statt ihr Schwert zu ziehen und als die unschlagbare Kriegerin, die sie war, gegen sie vorzugehen. Beide Kinder waren gebissen worden und sie selbst fast zerquetscht, die schlimmsten Verletzungen hatte jedoch Niko davongetragen, als er ihr zu Hilfe gekommen war.
Jihan hatte sich fast sogleich erholt, und Freistatt war besser dran, wenn Arton und Gyskouras in tiefem Giftschlaf lagen, aber Niko sah trotz Tempus' Bemühungen und Jihans Heilkräfte schlechter aus und fühlte sich auch schlechter als die Untoten am Schimmelfohlenfluß. So war Niko jetzt wie die Sturmkinder ein ständiger Bewohner der Kinderstube, weil er Jihans Heilkräfte brauchte.
Randal gab gar nicht vor, Nikos Verzauberung durch Roxane zu verstehen noch seine Besessenheit mit den Sturmkindern – er verstand ja nicht einmal seine eigene Zuneigung zu dem vom Pech verfolgten Söldner, der seine Freundschaft mehr als einmal abgelehnt hatte. Als sie in der Versetzungskugel eins gewesen waren, hatte er Chiringee seine Liebe zu Niko eingegeben und die Fähigkeit, Roxanes Essenz zu erkennen (eine Essenz, die, wenngleich neutralisiert, seiner eigenen Machtkugel anhaftete, da dessen vorheriger Besitzer die schöne Hexe geliebt und zahllose Male benutzt hatte). Die Schleichkatze würde die Schlangen vielleicht nicht töten können, wohl aber Niko rechtzeitig warnen, und das, nicht die Sicherheit der Sturmkinder, war für Randal wichtig.
»Wir hatten einen Käfig für sie gebaut, doch durch den Einfluß der Versetzung ist sie zu stark dafür geworden«, erklärte Molin Jihan. »Gleich morgen werden wir uns von Artons Vater einen festeren machen lassen. Ich werde den Wachen befehlen, inzwischen keine Beysiberinnen einzulassen. Chiringee würde auf ihre Vipern losgehen.«
»Dann laßt lieber keinen Käfig bauen«, riet die Gischttochter mit eisigem Lachen. »Ein paar Schlangen weniger wäre ganz gut.«
»Die Vipern sind den Beysibern und Mutter Bey heilig. Das solltet gerade Ihr respektieren!« sagte Molin streng, als die Temperatur wieder sank.
»Mutter Bey! Mutter Bey, pah! Wißt Ihr, wo sie ihre erste Schlange gefunden hat? Das ist alles, was sie braucht, eine dumme Weltschlange. Nicht meinen Vater. Nein, sie braucht ihn überhaupt nicht!«
Wenn sie nicht gerade die Kinder verhätschelte, tobte Jihan über die zunehmend ernster werdende Liebschaft ihres Vaters mit Mutter Bey, der Göttin der Fischäugigen. Jihan, die die Zuneigung ihres Vaters bisher nie mit jemandem hatte teilen müssen, entwickelte einen gefährlichen Groll gegen alles Beysibische.
Götter waren die Probleme der Priester. Diese Behauptungen von Unreifen hatte Randal oft genug gehört, jetzt jedenfalls war er nur zu froh, daß er sie Molin überlassen konnte. Er fand eine faustgroße Wachtlampe neben dem Kohlenbecken, zündete sie an und ging damit zu dem mit Vorhängen abgetrennten Alkoven, in dem Niko lag. Tempus hatte die direkte Anwendung von Zauber zur Heilung seines Partners verboten, deshalb bediente sich Jihan gräßlicher Salben. Der Gestank von Kot brachte Randal unfehlbarer zum Alkoven als das flackernde Licht. Er unterdrückte ein Niesen, während er den Vorhang zur Seite zog und zu Nikos Füßen stand.
Der Söldner schlug in einem Alptraum oder vor Schmerzen um sich.
»Laß mich in Ruhe!« krächzte er. Und Randal drückte sich mit dem Rücken an die Alkovenwand.
Chiringee war dem Magier gefolgt. Sie schlich über das feuchte, abgezogene Linnen und entging mühelos Randals vorsichtigen Versuchen, sie zurückzuhalten. Ihre Zähne glitzerten und ihr Schwanz zitterte, als warte sie nur darauf, sich jeden Augenblick auf ihre Beute zu stürzen. Randal stellte die Lampe auf das Fußbrett des Bettes und ging näher.
»Laß mich …« murmelte Niko aufs neue, ehe seine Worte zu unverständlichem Stöhnen wurden und er sich über der Matratze krümmte.
Randal erstarrte, nicht nur vor Entsetzen, weil das Geschöpf, das er verzaubert hatte, um den Stiefsohn zu beschützen, die Zähne in Nikos Kehle schlagen würde,
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