Die Säulen des Feuers
schenkte ihm ein Lächeln, das Männer vergessen ließ, wie gefährlich sie war.
Fackelhalter, noch in seiner Amtsrobe, die er getragen hatte, als die Beysa die Sturmkinder heilte, kam in Begleitung der Totengräber zur Kaserne. Die Totengräber beharrten darauf, daß man ihnen die Leiche zeige, aber nachdem Molin Walegrins Besorgnis bemerkte, schickte er sie fort.
»Nicht vor den Riten!« sagte er abfällig. »Ehe der Geist nicht gesegnet und befreit ist, dürfen Unreine die sterblichen Überreste nicht betrachten.«
»Von so einer Vashankabeerdigung hab' ich noch nie was gehört«, beschwerte sich der mittlere Totengräber bei dem oberen.
»Der Mann war ein Initiand für Vashankas Bruderschaft. Wollt ihr den Zorn des Sturmgottes auf euch laden?«
Genau wie alle anderen in Freistatt vermuteten die Totengräber, daß Vashanka keine Macht mehr hatte oder vertrieben worden war, doch keiner der drei wagte so etwas vor einem Palastedlen anzudeuten, dessen Macht über Leben und Tod kleiner Untergebener außer Zweifel stand. Sie erklärten sich einverstanden, an ihren Posten zurückzukehren und zu warten, bis man ihnen die Leiche brachte. Nachdem sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, wandte sich Molin an Walegrin.
»Was bei den sieben Höllen geht hier eigentlich vor?«
»Das ist ein kleines Problem«, gestand der Jüngere und bat den Priester, mit ihm ins Zwischengeschoß zu kommen. »Wir haben jemand, mit dem Ihr Euch unterhalten solltet.«
»Wen habt ihr …« fragte Molin scharf, als Walegrin an die Tür klopfte und sie dann öffnete.
Kama hatte die Zeit und das Wasser gut genutzt. Ruß und Schmutz waren von Gesicht und Lederkleidung verschwunden, ihr Haar rahmte das Gesicht wie ein schwarzer Seidenvorhang ein. Walegrin sah, daß sich etwas zwischen den beiden tat, das er nicht sogleich verstand.
»Kama«, sagte Fackelhalter weich, ohne die Schwelle zu übertreten. Den ganzen Nachmittag und Abend hatte er jeden Gedanken an sie verdrängt; hatte sie im Grund genommen ihrem Schicksal überlassen. Er glaubte, daß sie es nicht anders erwartet und schon gar nicht gewollt hätte, und las nun aus ihrer Miene, daß seine Annahme stimmte. Doch das linderte seine Gewissensqualen nicht.
»Soll ich gehen?« Walegrin hatte endlich verstanden.
Molin fuhr zusammen; ließ sich ein Dutzend Antworten und ihre Konsequenzen durch den Kopf gehen, dann sagte er: »Nein, bleibt hier«, ehe irgend jemand ahnen konnte, daß er etwas anderes überlegt hatte. »Kama, weshalb bist du ausgerechnet hier?« Er schloß die Tür hinter sich.
Mit Walegrins Hilfe erklärte sie ihre Lage. Wie der VFBF-Führer Zip ihre Begegnung mit Straton und Walegrin mißverstanden hatte und wie dieser Fehler den Strudel der Ereignisse eingeleitet hatte, der nicht nur zu dem Anschlag auf den Stiefsohn geführt, sondern alles sabotiert hatte, was Strat erreichen wollte.
Obwohl Molin aufmerksam zuhörte, nahm er sich doch Zeit, sich selbst zu loben. Hätte er Walegrin weggeschickt, würde er Kama geholfen haben, weil er sie liebte – und sie hätte ihn schließlich deshalb abgelehnt. Nun konnte er ihr helfen, weil er ihre Geschichte vor Zeugen gehört und geglaubt hatte. Sie mochte ihn vielleicht immer noch abweisen – sie würde Taten stets Intrigen vorziehen, vermutete er –, aber nicht wegen einer Schwäche, die Liebe hieß.
»Du hast zwei Möglichkeiten, Kama«, erklärte er, als sie und Walegrin geendet hatten. »Niemand würde sich wundern, wenn du heute gestorben wärst. Ich könnte mit Leichtigkeit dafür sorgen, daß das jeder glaubt. Du könntest dir ein Pferd aus dem Marstall nehmen, und niemand würde je auf die Idee kommen, noch nach dir zu suchen.« Er blickte sie an. »Oder du könntest deinen Namen reinwaschen.«
»Ich will meinen Namen«, erwiderte sie ohne Zögern. »Ich unterstelle mich der kaiserlichen Rechtsprechung …« Sie hielt inne, und jetzt überlegte sie ihre Möglichkeiten. »Brachis …« Sie schaute sich in der Kammer um und erinnerte sich an die Sturmkinder, die Hexen und die unabänderliche Abwesenheit Vashankas. »Ich werde die Wahrheit aus Zip herausholen«, schloß sie.
Molin schüttelte den Kopf und wandte sich an Walegrin. »Würdet Ihr irgend etwas glauben, was Euch dieser junge Mann sagt?«
Nun schüttelte Walegrin den Kopf.
»Nein, Kama, vielleicht lebt Strat noch, und er kann bezeugen, daß du es nicht warst. Doch das Wort von irgend jemand anderem würde nicht genügen. Das beste wird sein, wenn
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