Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd
Verborgenen arbeiten, ohne jemals Lob und offizielle Anerkennung für ihre Kunst ernten zu können.
Nicht, daß sie glaubte, Silje würde sich viel aus der Ehre machen. Obwohl - man konnte nie wissen.
»So so, Meister Arngrim ist heute in Stimmung«, sagte Charlotte leise.
Silje drehte sich um, mit Umbra auf der Stirn und Zinnober auf den Wangen. »Charlotte! Ich habe gar nicht gehört, wie du gekommen bist. Ja, ist es nicht schrecklich, daß ich mich Meister Arngrim nennen muß? Tengel neckt mich immer damit. Heute Nacht habe ich mit einem Meister geschlafen, sagt er manchmal. Du kannst mir glauben, ich habe darum kämpfen müssen, von den anderen in der Malergilde akzeptiert zu werden und meinen Meisterbrief zu bekommen. Ich habe noch nie von einer Frau gehört, die malen kann, hat einer der alten Käuze dort gemeckert. Man wird uns das übelnehmen.
Aber dann - nach einer ganzen Reihe höhnischer und sehr herablassender Bemerkungen - durfte ich doch endlich vorlegen, was ich gemalt hatte, und ich wurde sofort angenommen. Aber nur unter der Bedingung, daß ich niemals preisgebe, daß ich eine Frau bin. Übrigens habe ich die Gutachter etwas darüber murmeln hören, ich wäre ein Künstler, während die anderen Handwerker seien. Und das war ein wenig Balsam auf die Wunde.
Aber einige von ihnen haben nicht geglaubt, daß ich selbst gemalt hatte, was ich ihnen vorlegte. Ach, weißt du was, jetzt mache ich einfach mal Pause.«
Sie hatten alle Titel und Förmlichkeiten im Winter abgelegt, als Dag zu Charlotte zog und sich so viel veränderte.
»Danke für die Kindergesellschaft gestern«, sagte Silje und legte die Palette beiseite. »Sie haben gestern den ganzen Abend und heute den lieben langen Tag über nichts anderes geredet, es muß also ein besonders gelungenes Fest gewesen sein.
»Ja, das war es wohl. Ich hatte zwanzig Kinder eingeladen, die zum Gut gehören, und außerdem noch einige aus den Umgebung. Die Kinder tun mir immer leid, wenn die Herbstfeste und ähnliches gefeiert werden.
Dann kommen sie steif herausgeputzt an und werden die ganze Zeit von ihren Eltern an den Ohren gezogen, daß sie stillsitzen und leise sein und dem Pfarrer zuhören sollen, und am liebsten soll man sie nicht einmal sehen.
Nein, ich wollte, daß Dag ein richtiges Kinderfest bekommt, er soll sie ja auch alle kennenlernen, vor allen Dingen auch, weil er einmal der Gutsbesitzer sein wird.
Und ich glaube wirklich, es war ein Erfolg. Nachdem die erste Schüchternheit von ihnen abgefallen ist, ging alles wunderbar. Sie haben sich richtig schmutzig gemacht und in den Sälen Verstecken gespielt, und die Jungen haben miteinander gerauft und sich hinterher wieder vertragen.
Die Mädchen haben mein Puppenhaus bestaunt, und ich glaube, ich war selbst am glücklichsten von allen. Ich habe immer die Atmosphäre zuhause bei dir und Tengel vor Augen, weißt du, hier ist es so anders als bei allen anderen, und ich wollte den Kindern einen kleinen Eindruck davon geben, wie es auch sein kann. Ach Silje, ich danke Gott im Himmel dafür, daß du Dag gefunden hast damals vor all den Jahren, und ich bin so dankbar, daß gerade du es warst! Niemand sonst wäre so voller Verständnis und Herzenswärme gewesen. Stell dir vor - Mutter und ich könnten immer noch einsam und verbittert in Trondheim sitzen, wenn ihr nicht in unser Leben getreten wärt. Mutter ist jetzt auch so unsagbar glücklich, und du glaubst nicht, wie sie den Jungen verwöhnt!«
»Uns auch«, lächelte Silje.
Charlotte trat näher an die Leinwand heran. Die Jahre hatten ihre Züge nicht hübscher werden lassen, aber sie war erleuchtet von einer inneren Schönheit, die von der Liebe zu Dag herrührte, das wußte Silje.
»Schau an, ja«, sagte Charlotte. »Das gefällt mir. Was soll das darstellen?«
»Ach, das ist eine Allegorie über den Frühling«, sagte Silje verlegen. Sie läutete eine kleine Glocke, und ein Dienstmädchen, das weder jung noch hübsch war, kam herein. Silje bat sie, Erfrischungen in den Salon zu bringen.
Sie setzten sich an den Tisch, aßen Kuchen und tranken Saft, und Charlotte sagte: »Du siehst sehr glücklich aus, weißt du das?«
Silje lachte. »Die Jahre nach Ares Geburt waren einfach perfekt. Tengel und ich konnten tun, was wir am liebsten mochten, ich bin die unerträgliche Hausarbeit losgeworden, und die Kinder benehmen sich auch ordentlich…«
Ein Schatten glitt über ihr Gesicht. Charlotte bemerkte es.
»Denkst du daran, daß du Dag nicht
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