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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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dessen Haar sich mit den Jahren immer mehr gelichtet hatte und der immer beleibter geworden war, wegen all der Mahlzeiten, die er mit hohen Herren einzunehmen gezwungen war, sah sie an und lächelte. »Mutter Silje erwähnte auch, daß du jeden Schilling zu Hause abgeliefert und nichts für dich selbst behalten hast. Das war sehr nett von dir, aber jetzt wohnst du nicht mehr daheim. Wir wollen es so machen: Du bekommst von uns ein großes Geldstück, das du deinen Eltern gibst. Und außerdem bekommst du eine kleine Münze, die du selbst behältst und von der niemand etwas weiß. Eigentlich sollte es umgekehrt sein, aber ich glaube kaum, daß du damit einverstanden wärst?«
    »Nein, Herr. Meine Mutter hat allzu viele Kinder, die essen wollen. Dankeschön«, schloß sie und knickste.
    Er sah so lieb aus, der Herr Baron, daß Yrja ganz gerührt war. Dag hatte begonnen, sich einen Spitzbart stehen zulassen, vielleicht als Ausgleich für die wachsende Glatze? Und er war nach der neuesten Mode gekleidet, mit einer Weste aus Elchleder, oder eigentlich besser einen Kittel, der den wachsenden Bauch verbarg, und mit einem Spitzenkragen, weiten Ärmeln und weiten Hosen, die in die hohen Stiefel gesteckt wurden. Zum Abschluß des Gesprächs legte er seine Hand auf ihren Kopf und schenkte ihr ein warmes Lächeln. Yrja strahlte zurück wie die Sonne.
    Liv und Dag hatten schon lange vergessen, wie plump und unschön Yrja war. Sie sahen nur das warmherzige Mädchen Yrjai - einen Menschen, den man einfach gernhaben mußte.
    Yrja ging oft mit einem kleinen Strauß Wiesenblumen zum Friedhof. Sie saß gerne am Grab von Frau Silje - bei der einzigen, die das bittere Geheimnis ihres Herzens gekannt hatte.
    Heute war Tarald dadrüben an Sunnivas Grab im Gespräch mit dem Pastor, Herrn Martinius.
    Yrja blieb unentschlossen stehen, aber sie winkten sie zu sie heran. Sie ging zu ihnen hin und hoffte, daß ihre Wangen nicht allzu gerötet waren.
    »Komm nur her, liebe Yrja«, sagte der Pastor freundlich. »Wir haben uns gerade über die Pest unterhalten - bei der du uns so großartig geholfen hast, ihre Ausbreitung zu verhindern.«
    »Ach, das«, sagte sie verlegen. »Ja, das war eine schlimme Zeit. Erinnert Ihr Euch noch, Herr Martinius, wie wir dort in dem kleinen Haus lagen, jeder in seiner Ecke, und immer abwechselnd zum Eimer rannten, damit wir dort nicht zusammenstoßen? Oder spricht man über so etwas nicht?« schloß sie verwirrt.
    Der Pastor lachte. »In solchen Situationen gelten die üblichen Sitten und Gebräuche nicht. Und einmal, Herr Tarald, ist es tatsächlich passiert - daß wir dort zusammenstießen, meine ich. Das war schrecklich peinlich. Aber als Kavalier, der ich war, ließ ich ihr den Vortritt.« »Und habt gewartet?«
    »Gewartet? Herr Tarald, wenn man die Blutseuche im Körper hat, kann man nicht warten! Aber ich hatte Kleider zum Wechseln dabei.«
    Yrja unterdrückte ein Schmunzeln. »Hinterher kann man darüber lachen. Aber damals… mein Gott, was hatte ich für eine Angst!«
    »Ich auch. Wir haben es Herrn Tengel und dem jungen Tarjei zu verdanken, daß wir gerettet wurden, das weißt du doch?«
    »Ja. Aber es war so peinlich - in den letzten Tagen, als wir nicht aus dem Bett aufstehen konnten und Herr Tengel uns saubermachen mußte. Da habe ich mich zu Tode geschämt.« »Ich hätte gedacht, aus Eurem Munde zu hören, daß der Herrgott Euch gerettet hat, Herr Martinius«, sagte Tarald aggressiv.
    »Warum sollte er ausgerechnet mich und Yrja retten und so viele andere in der Gemeinde vernichten? Sind wir so viel besser »Und die anderen?«
    »Eine gesunde Einstellung«, sagte Tarald. »Und so ungewöhnlich für einen Pastor.«
    »Aber ich muß zugeben, daß ich zu Gott um mein Leben gebetet habe. So wie ich auch für das Leben und die Seelen der anderen gebetet habe.«
    »Das ist nur natürlich«, nickte Tarald. »Und Ihr habt geheiratet, wie ich gehört habe?« Der Pastor wandte sich ab. »Ja«, murmelte er.
    »Das ist gut«, nickt Yrja. »Eine gute Pastorin ist eine Stütze für die Gemeinde und für den Pastor selbst.«
    »Ja«, sagte Herr Martinius so voller Bitterkeit, daß sie ihn Verwundert ansahen.
    Aber er schien gar nicht gemerkt zu haben, daß er geantwortet hatte. Er war ganz in Gedanken versunken, und sein junges, klares Gesicht sah vergrämt und hoffnungslos aus. Sie verstanden überhaupt nichts mehr. Sie hatten seine junge Frau getroffen, ein ganz entzückendes Mädchen. Sie war eine unglaublich

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