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Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Titel: Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Schlaf.
    Mattias lag noch eine Weile auf die Ellbogen gestützt und lauschte auf ihre gleichmäßigen, immer tiefer werdenden Atemzüge, dann stand er leise auf und schlich auf Zehenspitzen hinüber zum Bett. Der Mond schien ins Zimmer, und Mattias sah ihre Gesichtszüge in einem schönen, bläulichen Licht, gedämpft, weich. Er setzte sich nieder und streichelte ihr Gesicht. Dann beugte er sich über sie und küßte ihre Lippen, sanft und vorsichtig.
    Er richtete sich wieder auf und strich mit der Hand über ihr einmalig schönes Haar.
    Einen Moment lang zögerte seine Hand über der Bettdecke - als wollte er sie von ihren Schultern ziehen. Aber der sittsame Spitzenkragen des Nachthemdes lugte unter der Bettdecke hervor, und er nahm es als Zeichen, daß er ihre unschuldige Reinheit respektieren sollte. Nicht, daß er mehr vorgehabt hätte als einen Blick auf die Rundungen ihrer Schultern und Brüste zu werfen, aber schon das erschien ihm wie eine Schändung.
    Statt dessen zog er die Decke beschützend noch etwas höher unter ihr Kinn, küßte sie auf die Stirn und ging zurück zu seinem Lager.
    Er lag noch lange wach und starrte in den Mond, bevor das Schlafmittel endlich seine Wirkung tat.

12. KAPITEL
    Nicht Mattias hatte in dieser Nacht mit Seelenqualen zu kämpfen. Sondern Hilde.
    Als das Schlafmittel weit nach Mitternacht an Wirkung verlor, wurde sie von dem entsetzlichsten Albtraum heimgesucht, den sie jemals gehabt hatte.
    Sie lag in einem Sarg - einem richtigen Sarg, aus verzogenen Brettern schlampig zusammengenagelt, denn mehr war sie nicht wert.
    Außen am Sarg war das Kratzen und Scharren mächtiger Pfoten zu hören, Krallen zerrten an den Ritzen der Bretter, bohrten sich hindurch und brachen sie halbwegs auf. Sie versuchte, um Hilfe zu rufen, brachte jedoch keinen Laut hervor. Es grunzte und stöhnte draußen am Sarg wie von mehreren Bestien, und plötzlich preßte sich ein Gesicht durch einen Spalt und starrte sie mit glühenden, bösartigen Augen an. Es war das Gesicht des Vaters, entstellt durch die Züge eines Tieres, und er streckte einen haarigen Arm herein und griff nach ihrem Kleid, um sie nach draußen zu zerren. Speichel rann aus seinem Mund, und zwischen seinen Zählen war Blut, und Hilde schrie und schrie…
    Sie kämpfte gegen die Arme, die sie festhielten. »Hilde! Hilde, komm zu dir, ich bin es, Mattias! Schsch, ist ja gut, es war nur ein Traum. Du bist nicht mehr im Wald, du bist auf Grästensholm, und du bist in Sicherheit, du bist bei mir in Sicherheit.«
    Sie wurde von Schluchzen geschüttelt, klammerte sich an ihm fest. »O Mattias, Liebster, halte mich ganz fest, bleib bei mir, geh nicht weg!«
    »Nein, mein Kleines, das werde ich nicht. So, leg dich wieder hin, es ist immer noch Nacht.«
    »Ich traue mich nicht, wieder einzuschlafen.« »Ich weiß, das kenne ich gut«, sagte Mattias mitfühlend. »Wir oft habe ich mir gewünscht, daß in meinen schwersten Stunden jemand bei mir wäre. Darf ich… zu dir unter die Decke kommen? Du hast nichts zu befürchten.«
    »Ja bitte, tu das«, bat sie in ihrer schrecklichen Angst. »Aber du solltest besser sch-schlafen… «
    »Ich habe heute Nacht schon mehr geschlafen als sonst«, schwindelte er. »So, siehst du. Liegst du bequem?« Er hatte den Arm um sie gelegt, und sie rollte sich an seiner Brust zusammen.
    »J-ja, f-fein«, sagte sie zähneklappernd. »Sprich mit mir, Mattias, bring mich auf andere Gedanken! Erzähl mir von dir, das hast du bisher kaum getan.« »Du hast auch nicht viel von dir erzählt.«
    »Doch, das habe ich… ach nein, das war Andreas. Wie dumm von mir.«
    »Ich bin ein bißchen eifersüchtig auf Andreas«, sagte er leise.
    »Dazu hast du überhaupt gar keinen Grund! Denn wenn du einen Grund hättest, dann müßte ich eifersüchtig auf Eli sein. Und das bin ich absolut nicht. Ganz im Gegenteil, ich gönne ihr aus ganzem Herzen, daß sie ihn heiratet.«
    »Aber Andreas glaubte, du wärst ein wenig verliebt in ihn gewesen.«
    Hilde reagierte so, wie alle Frauen seit Urzeiten auf eine solche Behauptung reagieren.
    »Das hat er geglaubt?« fuhr sie auf. »Das ist das Eingebildethafteste, was ich jemals gehört habe… Hat er das wirklich gedacht? Das ist nicht wahr, ich werde… « Mattias lachte herzlich. »Liebe Hilde, du sprichst wirklich eine schöne Sprache, aber manchmal ist deine Wortwahl schon ziemlich eigenwillig.«
    »Pff«, machte sie, noch immer wütend auf Andreas. »Aber ich habe das wirklich ernst gemeint.

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