Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame
drehte sich um. Da stand Anette in ihrem schönsten Nachthemd, die Hände hart vor die Brust gepreßt. »Was willst du?« fragte Mikael ausdruckslos.
»Mich entschuldigen. Ich habe nachgedacht. Ich habe mich vorhin falsch benommen. Kannst du mir verzeihen?«
Hatte er die Kraft, diese ganze Vorstellung noch einmal mitzumachen? Aber er antwortete wie gewohnt: »Natürlich.«
»Möchtest du… wieder in mein Zimmer kommen? Ich verspreche dir, keine Schwierigkeiten mehr zu machen.« Er erhob sich und legte ihr die Hände auf die Schultern, sah ihr fest in die Augen. »Möchtest du das wirklich, Anette?«
Ihre Augenlieder zuckten kaum merkbar. »Ja, sicher. Habe ich nicht alle Vorbereitungen dafür getroffen? Alle für die Nacht weggeschickt?«
Er lächelte im Stillen, ohne es ihr zu zeigen. Es war ein bitteres Lächeln. »Doch, das hast du. Nun, dann komm!« In ihrem Zimmer hob Mikael Anette hoch und stellte sie auf das große Ehebett. Jetzt waren sie in etwa gleichgroß. Die Frühlingsnacht schickte Licht durch das Fenster, und Mikael konnte ihre großen, verschreckten Augen sehen. Aber sie sagte nichts.
»Anette, wir haben doch schon einmal miteinander geschlafen. War das denn so fürchterlich?« »Du bist nicht mehr derselbe.« »Nicht?«
»Überhaupt nicht. Damals warst du nur ein schöner Junge, genauso ängstlich wie ich. Jetzt bist du groß und stark und gefährlich.«
»Aber liebe Anette, wie oft soll ich dir noch sagen, daß ich nicht gefährlich bin?« »Vorhin bist du wütend geworden.«
Er wollte gerade Einwände erheben, als sie schnell hinzufügte: »Ich weiß, es war meine Schuld. Mach mit mir was du willst, Mikael, ich werde mich fügen.«
Wut stieg wieder in ihm auf, aber er beherrschte sich. »Das hörst sich an wie ein Opfer, und das will ich nicht.« »Ich wollte mich nicht so ausdrücken.«
Mit Gerede kamen sie nicht weiter. Deshalb begann er sie langsam zu streicheln, merkte aber schnell, daß das Nachthemd im Wege war. Vorsichtig zog er es ihr aus. Vor lauter Scham wollte sie schnell unter die Decke kriechen, als er sie dicht an sich zog und ihren Körper nicht mehr sehen konnte. Sie war offensichtlich sehr erleichtert.
Behutsam küßte er ihre Schultern. Dann den Hals. Anette ›fügte‹ sich anscheinend, denn sie stand ganz still. »Glaubst du mir, wenn ich sage, daß ich dich liebe?« flüsterte er. »Und daß ich mich nach dir gesehnt habe?« »Ja.« Ihre Antwort kam so zitternd, daß er beinah gelacht hätte.
»Ich fand, wir waren einander so nahe gekommen.« Seine Stimme war ganz leise. »Du und ich und Dominic. Voriges Mal hatte ich das Gefühl, daß du mich in den letzten Wochen schon zur Familie gezählt hast. Ich fühlte mich hier zu Hause. Später, in dem bitteren Krieg, habe ich mir im Traum vorgestellt, daß wir beide, du und ich, einmal ein richtiges Paar sein werden.« »Aber das sind wir doch!«
»Wir waren auf dem richtigen Wege, ja. Wenn ich das letzte Mal nicht wieder in den Krieg gemußt hätte.« Anette antwortete nicht. Sie bemerkte mit Entsetzen, daß er ihren Hals und ihre Schultern auf eine Weise küßte, die sie nicht hinnehmen konnte. Aber sie hatte es versprochen…
Sie werden versuchen, dich zu umgarnen und zu verführen. Teuflische Schweine sind sie! Paß auf, daß sie dich nicht in ihre Macht bekommen!
Er spielte mit seiner Zunge in ihrer Halsgrube. So leicht, so zart, daß sie von einem tiefen Erschauern erfaßt wurde. Sie zwang sich stehenzubleiben, aber ihr ganzer Körper war in Aufruhr. Und so… küßte er ihre eine Brust. Das war zuviel.
»Mikael«, japste sie. »Laß das! Das ist widerlich«
Sofort griff er härter zu. Seine unbändigen Finger schnitten sich fast in ihre Haut.
»Nein«, zischte er mit zusammengebissenen Zähnen, und seine Augen waren schwarz vor Zorn. »Widerlich ist nur dein zimperliches Getue!«
Ohne ihre Einwände weiter zu beachten, legte er sie aufs Bett und überhäufte ihren Körper mit langsamen, genußvollen Küssen, während sie jammernd und zitternd ihn davon abzuhalten versuchte.
Auch dieses Mal ging seine Wut schnell vorüber. Mikael war schon immer ein friedlicher Mensch gewesen. »Schlage ich dich vielleicht?« fragte er betrübt. »Hast du irgend einen Grund zu der Annahme, daß ich dich nicht mag?«
»Nein. Verzeih' mir, Mikael, ich versuche es ja wirklich, aber…« »Soll ich gehen?«
Sie erschrak. »Nein! Nein, das darfst du nicht!« »Ich werde ganz vorsichtig sein. Ich will dir doch nur Zeit geben,
Weitere Kostenlose Bücher