Die Saga vom Eisvolk 10 - Wintersturm
Romerike gingen und sich bei einem schuftigen Bauern als Knechte verdingen wollten. Die Füße waren trocken, und die alte Dame kam mit einem Topf voll Salbe, die einen üblen Geruch und eine schmutzig- graue Farbe hatte. Dann nahm sie eine Rolle frischen Linnens und Verband, fachmännisch, so schien es Villemo.
»Eldar, trag die Kleine rüber und leg sie in mein Bett.«
Sie wollte protestieren, doch da wurde die alte Dame energisch. Er nahm sie auf seine starken Arme, trug sie ins Nebenzimmer und setzte sie auf das große Bett.
»Eldar«, die alte Dame sah ihn nur an. Er drehte sich um und verschwand im anderen Zimmer.
Oh Gott, das war ihr großer Eldar Svartskogen, heiliger Bimbam, dachte sie - die alte Dame und der gehorsame Junge.
»Zieh das Kleid aus und dieses Nachthemd an, es ist etwas füllig, aber es ist warm. Und nun schlaf meine kleine Prinzessin.«
Villemo konnte nur noch ein schwaches »Danke« sagen, dann schloss sich die Tür. Sie hörte noch, wie sie zu Eldar sagte: »Morgen Früh gehst du auf den Speicher, in der großen Truhe ist alles an Fellkleidung, was ihr braucht, auch Fellstiefel.« Dann war Villemo im siebten Himmel.
Als sie erwachte, schien draußen die Sonne. Erschrocken stand sie auf, doch ihr Kleid war nicht da. Die Tür ging auf, und mit einem Arm voll Fellkleidung stand die Dame im Zimmer.
»Guten Morgen, mein Kind, hast du gut geschlafen? Ich bringe dir noch eine Schüssel Wasser und Seife, den Verband machen wir ab, mit der weißen Seife wasche dich oben herum, mit der grauen die Füße, ich bringe noch eine zweite Schüssel. Bis du soweit bist, ist das Essen fertig.«
Weg war sie.
Villemo konnte es nicht fassen. Sie wusch sich gehorsam oben herum mit der weißen und die Füße mit der grauen Seife und zog dann ein weißes Hemd, das ebenso etwas zu groß war wie der wahrscheinlich selbst gestrickte Pullover, an. Die Dame kam zurück, wieder mit einem Salbentopf in der einen und neuem Linnen in der anderen Hand. Die Salbe war diesmal grün und hatte einen angenehmen Geruch. Es ging alles viel zu schnell für Villemo – einsalben, verbinden, lange wollene Strümpfe anziehen. Dann die Fellhosen, die Stiefel, die Jacke mit der Fellkapuze, zum Schluss noch einen breiten Gürtel. Die Fellkleidung roch nach irgendwelchen Kräutern.
»Wie sollen wir Ihnen das jemals danken?« sagte sie zu der Dame, nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie herzhaft.
»So, jetzt komm, es gibt ein gutes Essen.«
Ja, das war wirklich ein gutes Essen, beide hatten ihre Jacken abgelegt. Nach einer überschwänglichen Verabschiedung machten sie sich auf den Weg ins Ungewisse. Beide hatten einen Rucksack auf dem Rücken und zogen durch den Wald davon. Nicht in Richtung Grastensholm, sondern nach Norden. Der Weg war so breit, dass sie nebeneinander gehen konnten.
»Dir ist wohl klar, dass das Wollervolk uns mit wildem Hass jagt? Auf Grund der zwei Toten und besonders wegen des toten Mons Woller, des einzigen Sohns vom Wollerbauern, den du erstochen hast.«
Ihr Magen geriet in Aufruhr. »Eldar, bitte, ich mag nicht daran denken.«
»Du musst dich den Gedanken stellen, nicht verdrängen, denn dann wird es schlimmer. Du hast mein Leben damit gerettet, und das ist mir sehr viel wert.«
Sie lächelte dankbar.
»Villemo, denk auch an deine Ehre.«
Sie mochte gar nicht an ihre Zukunft denken. Unsicher fragte sie: »Deine Schwester Gudrun - gehört sie auch zu der Gruppe?«
»Gruppe?« kicherte er. »Glaubst du, es handelt sich um einen kLinnen Kirchenchor? Nein, Gudrun ist mit Hass gegen die Dänen voll bis obenhin. Klar, unsere ganze Familie hasst die Dänen, aber Gudrun ist unberechenbar, wir können sie nicht gebrauchen.«
Er hatte keine Lust mehr, über Gudrun und alles andere zu reden. Aber ich bin dabei, dachte Villemo, gezwungen oder nicht, sie haben mich eingefangen, oder ich mich selbst.
»Ich werde ein gutes Mitglied sein«, sagte sie in Hochstimmung. »Ihr sollt es nicht bereuen.«
»Das ist gut«, sagte er, zerstreut.
»Die einzige Bedingung ist, dass meine Familie nicht zu Schaden kommt.«
»Von uns habt ihr nichts zu befürchten, aber was das Wollervolk und der Vogt machen, das weiß ich nicht.«
»Ohje, ich muss heim!«
Er zog sie in seine Arme. »Sei nicht dumm! Ich habe übertrieben. Die können gar nichts machen, nicht mit denen, davor haben sie zu großen Respekt vor dem Eisvolk, das hat die Vergangenheit gezeigt. Sogar der Vogt macht einen großen Bogen um alle drei
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