Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
Gesicht verriet nichts über die Anspannung, unter der er stand. Aber seine Hände hielten die Zügel so fest, als wolle er sie zerreißen. Rojana schob den Bogen über ihrem Rücken zurecht und lenkte ihr Pferd neben Kjelt, um seine Worte besser verstehen zu können. »Irgendetwas stimmt hier nicht«, sagte Kjelt gerade. Die Männer murmelten zustimmend, doch keiner von ihnen vermochte den Grund dafür anzugeben.
»Was sollte nicht stimmen?«, fragte Rojana. »Tarek hat sich mit seinen Kriegern hinter die schützenden Mauern zurückgezogen und erwartet unseren Angriff. Nach den Regeln der Kriegsführung handelt er damit richtig.«
»Sie machen es uns viel zu leicht«, antwortete Kjelt und sah zur Stadt hinüber. »Obwohl sie seit vielen Sonnenläufen wissen, dass wir angreifen werden, haben sie auf der Ebene keine Hindernisse errichtet, die uns aufhalten sollen. Auch haben sie noch keinen einzigen Schuss abgefeuert, um uns einzuschüchtern.« Er schüttelte den Kopf. »Tarek ist ein erfahrener Kämpfer. Es kann nichts Gutes bedeuten, wenn er uns so ungehindert an die Stadt herankommen lässt.«
»Wir könnten Späher vorausschicken, um das Gelände zu erkunden«, schlug einer seiner Kommandanten vor, doch Kjelt schüttelte den Kopf. »Das wird uns nicht weiterbringen«, erklärte er. »Man würde sie mit Pfeilen spicken, lange bevor sie ihre Aufgabe erfüllt haben. Nein, wir…«
Hufschlag ertönte.
Kjelt hielt inne und sah sich erstaunt um. Die Reihen der Rebellen öffneten sich und eine einzelne Gestalt löste sich von dem Hintergrund der geschlossenen Phalanx. In halsbrecherischem Galopp lenkte sie ihr Pferd auf die kleine Gruppe der Anführer zu. Naemy! Als Rojana sie erkannte, hielt sie überrascht den Atem an. Die Nebelelfe war noch längst nicht genesen und hatte strikte Anweisung, im Lager zu bleiben. Irgendwie musste es ihr dennoch gelungen sein, sich ein Pferd zu beschaffen und dem Heer zu folgen. Naemy ritt schnell und hielt die Zügel fest in der linken Hand. Jede Bewegung des Pferdes musste ihr große Schmerzen bereiten und es war deutlich zu sehen, wie sehr sie litt.
»Haltet ein, im Namen der Göttin!«, rief sie mit schmerzverzerrtem Gesicht und rang um Atem. »Es ist mir gelungen, den Kontakt zur Schwertpriesterin wiederherzustellen. Sie befindet sich am Himmelsturm und hat bereits mit dem Aufstieg begonnen.« Die unerwartete Nachricht brachte neue Unruhe. Die fünf Kommandanten sprachen erregt durcheinander, doch Kjelt schien die Worte der Elfe gar nicht zu hören. Regungslos blickte er zur Stadt hinüber. Nur das unruhige Zucken seiner Mundwinkel verriet, wie sehr es hinter seiner Stirn arbeitete.
»Kjelt!« Naemys Stimme wurde eindringlich. Sie ließ den Zügel los und ergriff den Arm des Anführers. »Du musst mit dem Angriff warten, bis die Schwertpriesterin ihre Aufgabe erfüllt hat – sonst werden deine Männer sinnlos sterben. Nur einen Sonnenlauf!«
»Nein!« Kjelts Kopf flog herum. Zornig funkelte er die Nebelelfe an. »Die Zeit der Abrechnung ist gekommen. Meine Männer sind bereit zu sterben, wenn es sein muss. Du hast dich geweigert die Schwertpriesterin zu mir zu bringen, damit ich weiß, worauf ich mich einlasse. Jetzt ist es zu spät. Ich habe meine Entscheidung getroffen und werde nicht länger warten. Für mich gibt es kein Später mehr. Wir greifen an!« Mit einem energischen Ruck riss er sein Pferd herum und galoppierte, gefolgt von seinen Kommandanten, zum wartenden Heer zurück.
Die beiden Frauen waren allein.
»Dieser Narr«, sagte Naemy. »Sein Hass macht ihn blind. Spürt er denn nicht die finsteren Mächte hinter diesen Mauern, die nur darauf warten, ihn zu vernichten?«
»Er spürt sie!« Rojana seufzte. »Aber sein Durst nach Rache ist zu stark.« Sie machte ein trauriges Gesicht. »Ich fürchte, es ist ihm egal, wie der Kampf ausgeht und ob er ihn überleben wird. Er will nur endlich kämpfen.«
»Dann bleibt uns also nur die Hoffnung, dass Sunnivah ihre Aufgabe rechtzeitig erfüllt«, murmelte Naemy und wendete ihr Pferd. Rojana begleitete sie. Vor der ersten Reihe der Rebellen zügelte die Nebelelfe ihr Pferd. Sie würde nicht kämpfen. Selbst ohne ihre schweren Verletzungen hätte sie sich geweigert bei diesem Wahnsinn mitzumachen. Sie musste einen ruhigen Platz finden, um Sunnivah mittels Gedankensprache zur Seite zu stehen. Bei diesem Gedanken verfluchte Naemy den Quarlin, der ihr den Weg durch die Zwischenwelt noch immer verwehrte und es ihr damit
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